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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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stellen. Er fing den Hieb mit einer heftigen Gegenbewegung ab und riß Seregil dabei beinahe das Schwert aus der Hand. Seregil ließ jedoch nicht los, aber der Schlag vibrierte unangenehm in seinem Arm. Er zog schon einen vorzeitigen Rückzug in den Wald in Erwägung, aber der Schnee war für einen Sprint zu tief. Deshalb machte er einen Satz nach hinten und schätzte seinen Gegner ab.
    Offenbar tat der andere dasselbe; er deutete verächtlich auf die schlanke Klinge in Seregils Hand, spuckte in den Schnee und holte zu einem mächtigen Hieb gegen Seregils Kopf aus. Seregil zog einen Dolch, duckte sich unter der Klinge hindurch und warf sich gegen die Knie seines Gegners. Dieser unerwartete Zug stiftete lange genug Verwirrung, so daß Seregil die Klinge im Oberschenkel des Mannes versenken konnte. Mit einem Schmerzensschrei stolperte der zurück und zog Seregil mit sich, dabei rollte er sich sogleich zusammen, um Seregil gegen den Boden zu drücken.
    Der schwere Mann lag auf Seregils Rücken und drückte dessen Gesicht in den Schnee. Seregil kam nicht mehr frei. Dann verlagerte sich das Gewicht, und kalte, schwielige Hände schlossen sich um seinen Hals, raubten ihm den Atem und schüttelten ihn wie eine Ratte. Er nahm seinen ganzen Willen zusammen, und es gelang ihm, sich mit seinen Händen zum Stiefelschaft vorzutasten. Sterne verschwammen vor seinen Augen, aber seine geübten Finger fanden den Griff des Dolches. Mit letzter Kraft trieb er ihn zwischen die Rippen seines Gegners.
    Der große Mann stieß ein überraschtes Grunzen aus, dann brach er über Seregil zusammen und nagelte ihn so am Boden fest. Seregil schnappte nach Luft, schob den Körper beiseite und stolperte auf die Füße.
    »Illior ist gnädig heute«, keuchte er und versicherte sich, daß der Mann tot war.
    Etwas zischte wie eine aggressive Wespe an seinem Kopf vorbei, er warf sich zu Boden und zog seinen Dolch aus dem Leichnam. Aber es war Alec, der aus den Bäumen trat, mit einem neuen Pfeil in der Sehne. Blut lief über seinen linken Oberschenkel, und er wirkte sehr blaß. Ihm folgte Micum Cavish, der sich ein blutgetränktes Tuch gegen die Seite hielt.
    »Hinter dir.« Micum nickte über Seregils Schulter hinweg.
    Seregil sah sich um und entdeckte einen weiteren Angreifer, der keine vier Schritt hinter ihm tot im Schnee lag. Aus seiner Brust ragte ein rotgefiederter Schaft.
    »Nun«, staunte er, und erhob sich, um den Schnee abzuputzen. »Ich glaube, du hast dir soeben deinen Bogen verdient.«
    »Bei Sakor, der Junge kann schießen!« grinste Micum. »Er rettete mir das Leben, und zwei weitere erledigte er ohne große Mühe. Ich sah noch einen anderen, der sich durch die Bäume davonmachte, als Alec kam und sich um mich kümmerte.«
    »Verdammt«, murmelte Seregil, als er seine Waffen einsammelte und die Toten durchsuchte. »Nimm den Pfeil von diesem hier, Alec.«
    Alec ging zu dem Mann und zog vorsichtig an dem Schaft, der aus dessen Hals ragte. Als der Pfeil freikam, rollte der Kopf des Mannes zur Seite, und die Augen des Toten richteten sich auf seinen Mörder. Alec fuhr schaudernd zurück, dann wischte er sorgfältig die Pfeilspitze im Schnee ab, ehe er sie zurück in den Köcher gab.
    Als sie wieder auf der Straße waren, legten sie die anderen Toten nebeneinander. Alec zog den Pfeil aus dem ersten Mann, den er erschossen hatte, aber ehe er ihn abwischen konnte, nahm Micum ihn in die Hand.
    »Das war dein erster Mann, nicht wahr?« fragte er.
    »Micum, das muß nicht sein«, warf Seregil ein, denn er wußte, was sein Freund im Sinn hatte.
    »Es ist das beste, die Dinge richtig zu tun«, erwiderte Micum ruhig. »Ich habe es für dich getan, erinnerst du dich? Du solltest es für ihn tun.«
    »Nein, es ist dein Ritual«, seufzte Seregil und lehnte sich gegen einen Baum. »Mach schon, bring es hinter uns.«
    »Komm her, Alec! Sieh mich an!« Micum war ungewohnt ernst, als er den Pfeil hochhielt. »Dies hier hat einen zweifachen Sinn. Eine alte Soldatenweisheit besagt, daß du das Blut des ersten Mannes, den du tötest, trinken sollst, dann werden dich die Seelen der nächsten in Ruhe lassen. Mach den Mund auf.«
    Alec warf Seregil einen fragenden Blick zu, der jedoch zuckte nur die Schultern und sah weg. Unter Micums strengem Blick öffnete Alec den Mund. Micum legte die Speerspitze kurz gegen seine Zunge und zog sie dann wieder zurück.
    Seregil sah, wie der Junge das Gesicht verzog, und erinnerte sich an den Geschmack von Salz und Kupfer, den

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