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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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»Ich habe nur etwas Mühe damit, meinen ›Seemannsgang‹ zu finden, so zumindest hat Biny es genannt.«
    »Das habe ich gemerkt. Am ersten Tag, als die Wellen höher schlugen, torkeltest du umher wie ein Faß in der Bilge. Wenn du wieder an Land bist, wird es dir anfangs ähnlich ergehen. Deshalb machen sich Seeleute immer zuerst auf den Weg zur nächsten Taverne, weißt du. Man sitzt und trinkt lange genug, bis man meint, wieder Schiffsplanken unter den Füßen zu haben. Wir fühlen uns dann wie zu Hause.«
    In diesem Moment ertönte der Ruf vom Ausguck. »Land in Sicht, Kapitän!«
    »Wir haben gute Zeit gemacht«, sage Talrien und beschattete sich die Augen, als er über das Wasser blickte. »Siehst du diese dunkle Linie am Horizont? Das ist der Isthmus. Morgen wirst du eines der Weltwunder sehen.«
     
    Als Alec am folgenden Morgen erwachte, fühlte er sich elend. Das Schiff bewegte sich anders, und er konnte die Wellen nicht hören, die gegen den Rumpf schlugen.
    »He, Aren«, rief Biny und steckte seinen Kopf durch die Luke. »Komm rauf, wenn du etwas sehen willst.«
    An Deck angelangt, stellte Alec fest, daß sie in einem schmalen Hafen vor Anker lagen. Ein Großteil der Besatzung hatte sich an der Reling eingefunden.
    »Was hältst du davon?« fragte Biny stolz.
    Zarter Dunst stieg aus der See auf. Er filterte das erste zartgoldene Licht des neuen Tages und tauchte die Szene vor ihnen in ein blasses, flimmerndes Feuer.
    Aus dem Dunst empor ragten Klippen zu beiden Seiten des Hafens. Auf den Klippen thronte Cirna. Flache, weiß getünchte Bauten hafteten wie Schwalbennester an den steilen Hängen oberhalb der Landungsstege.
    Talrien entdeckte Alec und winkte ihm zu. »Das ist eine der ältesten Städte in Skala. Hier legten schon Schiffe an, ehe Ero erbaut war. Dort drüben kannst du die Mündung zum Kanal sehen.«
    Alec blickte über das Wasser und sah, daß am Scheitelpunkt der Bucht ein Kanal durch die Klippen geschlagen worden war. Zu beiden Seiten der Mündung ragten enorme mit Reliefs verzierte Pfeiler auf; jeder gewiß gut einhundertfünfzig Meter hoch, den Abschluß bildete jeweils ein reichverziertes Kapitell. Zu dieser frühen Stunde stiegen noch Flammen und schwarzer Rauch aus den riesigen Feuerbecken auf.
    »Wie kann man etwas so Riesiges erbauen?« rief Alec aus und versuchte aufzunehmen, was er vor sich sah.
    »Da ist natürlich Magie im Spiel«, spottete Biny.
    »Und harte Arbeit«, fügte Talrien hinzu. »Königin Tamír die Zweite erbaute es, als sie Rhíminee gründete. Man sagt, hundert Magier und tausend Arbeiter brauchten zwei Jahre, um den Kanal zu erbauen. Das war in den alten Tagen, als es noch genügend Magier gab, um solche Arbeiten zu vollbringen. Der Kanal ist fünf Meilen lang, aber kaum hundert Meter breit. Und die Leuchtfeuer oben auf den Pfeilern sind meilenweit zu sehen. Sie zeigten uns in der Nacht den Weg.« Er wandte sich um und gab der Mannschaft ein Zeichen mit der Hand. »Kommt, Jungs, es gibt Arbeit für euch.«
     
    Die Schwertwal trug Ladung für Cirna, und sie legten zum Löschen an einem der Frachtdocks an. Alec versicherte sich, daß Seregil an einen geschützten Platz im Frachtraum gebracht wurde, dann ging er nach oben, um die rege Geschäftigkeit an Land zu beobachten. Von hier aus konnte er auch erkennen, daß die oberen Enden der großen Pfeiler nicht identisch waren, der linke war in der Form eines großen Fisches gestaltet – selbst über den Hafen hinweg konnte er die Schuppen an den Seiten und den eleganten Schwung der Rückenflossen sehen –, das Kapitell des rechten schien eine stilisierte Flamme zu sein.
    »Warum gleichen sie einander nicht?« fragte er Sedrish und beschattete seine Augen.
    »Dies sind natürlich die Pfeiler von Astellus und Sakor«, erwiderte der Kapitän, als sei er überrascht von Alecs Unwissenheit. »Am anderen Ende stehen die Pfeiler Illiors und Dalnas. Die damaligen Erbauer waren der Meinung, daß sie den Schutz der Götter erflehen sollten, wenn sie das Land umgestalteten.« Talrien stand am oberen Ende der Gangway mit einem der Seeleute, der die Nummern der Frachtstücke einem Mann zurief, der sie im Logbuch eintrug.
    Unten im Frachtraum führten die Kaufleute, denen die Ladung gehörte, ähnlich Buch.
    Alec betrachtete sie voller Interesse. Anstelle von Hemden trugen sie lange gegürtete Mäntel, die über die Knie reichten, und lederne Hosen, wie auch Seregil sie gerne trug. Breitkrempige Hüte mit einer langen, farbigen

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