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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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auch sein Magen zu seinem Recht kommen mußte. Er nahm einen Löffel und verschlang hastig einige Mundvoll, bis die feurig rote Soße ihre Wirkung zeigte und er hustend innehielt.
    Grinsend reichte Wethis ihm einen Becher mit kühlem Wasser. »Du solltest lieber langsam essen. Skalanische Speisen haben ihre Geheimnisse, wenn man sie nicht gewöhnt ist.«
    »Das kann ich bestätigen!« krächzte Alec und hielt den Becher hin, damit Wethis ihn nachfüllen konnte. Als er das letzte Stück Brot gegessen hatte, schob er den Rest weg. »Möchtest du auch etwas davon?«
    »Nein«, lehnte Wethis lächelnd ab. »Ich bringe es fort.«
    Alec tauchte unter und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Als er wieder auftauchte, stand neben dem Becken ein junger Diener, der ihm beim Waschen behilflich sein wollte. Alec nahm dem überraschten jungen Mann den Schwamm aus der Hand und schickte ihn mit einem finsteren Blick fort.
    Er wusch sich ohne große Hingabe, und als er aus dem Becken kletterte, stellte er fest, daß seine Kleider fortgebracht worden waren. Ein frisches, loses Hemd aus feinem Leinen, Hosen aus weichem Leder und ein scharlachfarbener Überrock lagen auf dem Kleiderregal. Über die Schulter des Rocks hing ein breiter Gurt aus genarbtem Leder.
    »Wo ist mein Bogen?« fragte er erschrocken, als Wethis zurückkam. »Wo sind mein Schwert und meine Börse?«
    »Deine Börse ist hier.« Wethis reichte sie ihm. »Waffen sind im Orëska-Haus nicht erlaubt. Sie werden sicher verwahrt, bis du wieder aufbrichst.«
    Der junge Badegehilfe kam zögernd zurück, als Alec sich fertig angezogen hatte, und bot ihm ein Tablett mit Kämmen und Ölen an. Alec wollte den Jungen schon fortschicken, als er sein Spiegelbild erblickte. Zum erstenmal in seinem Leben sah er sich selbst ganz in einem Spiegel, und er erkannte kaum die vornehm gekleidete Gestalt, die ihm entgegenblickte. Sein feuchtes Haar war ganz zerzaust. Nun fühlte er sich doch bemüßigt, einen der Kämme zu benutzen.
    Als er zum Turm des Magiers zurückkehrte, sah er, daß Seregil gewaschen war und nun nackt auf dem großen Tisch im Nebenzimmer lag. Sein dünner, bleicher Leib wirkte auf dem dunklen Holz noch zerbrechlicher. Die zornig rote, infizierte Wunde auf seiner Brust bildete einen grellen Kontrast zur Blässe der Haut.
    Nysander stand auf einem Stuhl und zeichnete einen blauen Kreidekreis auf die Decke über dem Tisch. Auf dem Boden darunter umgab den Tisch bereits ein weiterer Kreis. Der Magier hatte sich während Alecs Abwesenheit umgezogen. Das weite, wallende Gewand, das er trug, war aus feinster blauer Wolle, Brust und Ärmel trugen reiche Stickereien mit Goldfäden. Ein breiter Gürtel mit Emaille-Agraffen und Seidenquasten betonte seine Hagerkeit und ließ ihn noch größer erscheinen. Und auf seinem Hinterkopf saß eine kleine Kappe.
    »Ah, schon zurück? Ich hoffe, du bist zuvorkommend behandelt worden?« Nysander stieg leichtfüßig vom Stuhl und betrachtete Alec. Er ließ die Kreide in eine Tasche seines Gewandes fallen und wischte sich die Hände abwesend am Brustteil seiner Robe ab, ohne sich an den staubigen Flecken, die zurückblieben, zu stören. »Das skalanische Gewand steht dir, mein lieber Junge, dein Haar jedoch scheint nach wilder Nordmannsart zu sprießen.«
    Er wies mit abwertender Geste auf seine Robe. »Gewiß entspreche ich nun mehr deinen Vorstellungen von einem Magier. Thero zumindest denkt so, und es hält ihn bei Laune. Ich könnte genausogut in den ältesten Lumpen arbeiten oder ganz nackt, aber er besteht …«
    Thero trat in den Raum, und Nysander blinzelte Alec auf eine Weise zu, die ihn an Micum Cavish erinnerte.
    Alec wurde angewiesen, am Kopf des Tisches zu stehen. Er sah auf Seregils leeres Gesicht, als Thero schweigend die letzten Vorbereitungen für die Zeremonie traf. Die Gegenstände waren bis auf einen Zauberstab aus Elfenbein und ein Messer aus demselben Material die gleichen wie bei Alecs Reinigung. Als er fertig war, stellte Thero sich zu Seregils Füßen auf.
    Nysander stand neben dem Tisch, die Hände vor sich verschränkt. Nach einem Moment des Schweigens blickte er Alec an. »Wir werden nun beginnen. Die Zeremonie mag dich vielleicht beunruhigen, aber denke daran, daß wir es tun, um Seregils Leben zu retten und ihn wieder zu heilen. Wenn wir begonnen haben, darfst du nicht sprechen oder aus dem Kreis treten. Verstehst du?«
    »Ja«, erwiderte Alec und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    Während der

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