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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Stunde, die folgte, arbeitete Nysander mit der blauen Tinte und dem Pinsel, er bemalte Seregils Hände, Stirn und Brust mit den ineinander verschlungenen Symbolen. Ein besonders dicht gemaltes Band zeichnete er um die seltsame Wunde.
    Nach einer weiteren Anrufung fuhr er mit einem Ritual fort, das dem ähnelte, das er an Alec vollführt hatte. Wie zuvor, behielten die perlenden Tropfen ihr helles Glühen auf Seregils Haut, und als Nysander fertig war, schien Seregils Körper in einen glühenden Tropfenschleier gehüllt.
    Nysander nahm den Birkenzweig, und Alec zuckte, als der Magier ihn stark genug auf Seregil niedersausen ließ, daß sich auf der blassen Haut Schwellungen bildeten. Beim letzten Schlag verloren die Tropfen ihren Glanz und verschwanden.
    Nysander sang mit klarer, fester Stimme und zerbrach den Zweig über dem Knie. Fauliger, brauner Rauch stieg in zwei Säulen von den zerborstenen Enden auf und drehte sich innerhalb des magischen Kreises wie ein Wirbelwind in einem Faß.
    Es roch übel, und Alec und Thero husteten, während der Qualm ihnen die Sicht nahm.
    Unberührt davon reinigte Nysander den Elfenbeinstab in Feuer und Wasser und zog ein glühendes Zeichen in der Luft über Seregil. Das Zeichen veränderte sich in rasch aufeinanderfolgenden Mustern, verschwand danach mit einem lauten Puffen und nahm den Rauch mit sich.
    Er gab Alec ein Zeichen mit der Hand. Der Junge verstand zunächst nicht, dann erkannte er die geheime Zeichensprache, die Seregil ihn gelehrt hatte.
    Halte ihn.
    Thero stimmte mit Nysander einen schnellen, rhythmischen Gesang an, während sie mit den Tannenzweigen Wasser auf Seregil spritzten. Die Tropfen tanzten und zischten auf der nackten Haut wie Wasser auf einer heißen Platte, dann verschwanden sie. Rote Lichtpunkte erglühten an ihrer Statt. Alec hielt sie zunächst für Blutstropfen, aber sie gewannen rasch an Umfang, bis sie groß waren wie Fingerspitzen. Dann verformten sie sich und nahmen die Gestalt kleiner Spinnen an. Sie bewegten sich auch nach Spinnenart, und Alec bekam eine Gänsehaut, als die glühenden Dinger über Seregils wehrlosen Körper eilten, über Augenlider, Nase und Lippen.
    Um die Wunde schwärmten sie in so großer Zahl, daß Alec zurückfuhr und unwillkürlich seinen Arm hob, um ein Schutzzeichen zu vollführen. Ehe er es jedoch zu Ende bringen konnte, schloß sich Nysanders Hand über der seinen. Ernst bedeutete der Magier ihm, dieses Zeichen nicht zu wiederholen.
    Bald war Seregil unter der Masse wogender Spinnenleiber nicht mehr zu sehen. Sein Atem kam rauh, und er bewegte sich unruhig und warf seinen Kopf hin und her. Nysander bedeutete Thero und Alec, ihn festzuhalten, hob den Zauberstab aus Elfenbein über Seregils Brust und zeichnete ein weiteres Muster in die Luft. Als er damit zufrieden war, zog er zum Abschluß einen Kreis um das Muster. Ein wirbelnder Wind erhob sich über ihnen.
    Seregils Atmen wurde schneller, dann zum schmerzhaften Keuchen, als die glühenden Dinger in einer wirbelnden Säule fortgerissen wurden. Als das letzte den Körper verlassen hatte, stießen Nysander und Thero gleichzeitig einen Schrei aus, und ihre Stimmen dröhnten in dem kleinen Raum. Die Luft begann auf eine Weise zu vibrieren, die die Kraft menschlicher Stimmen weit übertraf. Die glühende, rote Wolke verglomm, und schwarze Hüllen fielen zu Boden, wo sie wie Glassplitter unter den Sohlen knirschten.
    Sorgfältig entfernten sie die Überreste von Seregils Körper und vom Tisch, dann begannen sie erneut.
    Seregil wurde immer unruhiger. Innerhalb der folgenden Stunde wehrte er sich körperlich. Bei der vierten Besprengung mußten Alec und Thero alle Kraft aufwenden, um ihn festzuhalten. Während des heftigsten Krampfes zerkratzte er sich die eigene Brust und stieß unverständliche Worte aus. Nysander hielt inne, um zuzuhören, schüttelte aber bald den Kopf.
    Nach einer weiteren Stunde waren sie alle am Rande der Erschöpfung. An Alecs Hals und Gesicht hatten Seregils Nägel Kratzspuren hinterlassen. Theros Auge lief blau an, und seine Nase blutete nach einem harten Tritt. Die schwarzen Schalen bedeckten handbreit den Boden, und Nysander stand bis zu den Knöcheln in zerbrochenen Zweigen.
    Schließlich öffnete sich die Wunde, und dicker, blutiger Eiter floß. Durch Seregils heftiges Wehren waren bald alle davon besudelt. Als Nysander innehielt, um die Brust mit einem Schwamm zu reinigen, sahen sie, daß das Mal der Scheibe wiedergekehrt war. Alec konnte einen

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