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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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befallen aus der Kammer und beging entsetzliche Greueltaten. Andere kehrten überhaupt nicht zurück, und man fand nie wieder eine Spur von ihnen. Ein Mann meiner Sippe wurde als erster verrückt, deshalb ist es seit jener Zeit die Bürde meiner Familie, den Hort des Geistes zu hüten.«
    Er verstummte, doch der runzlige Mund bewegte sich weiter, als versagte ihm nur die Stimme.
    »Weshalb suchst du diesen Ort?« wollte Retak wissen.
    Eine Weile starrte Seregil ins Feuer und brachte in Gedanken das neu erlangte Wissen rasch in brauchbare Form. »Ich habe Gerüchte über diesen Ort gehört und war neugierig, ob sie der Wahrheit entsprächen. Ihr wißt, daß die Aurënfaie ein Volk mächtiger Magier sind.
    Meine Fähigkeiten habe ich euch bereits gezeigt. Wenn ihr mich zu dieser heiligen Stätte führt, will ich versuchen, mit eurem Geist zu reden und herauszufinden, weshalb er so zornig ist. Vielleicht vermag ich sogar zu bewirken, daß wieder Friede zwischen euch einkehrt.«
    Billigendes Gemurmel erhob sich in der überfüllten Kammer.
    Der alte Timan legte Seregil seine Rassel zu Füßen. »Das wäre wahrlich eine Heldentat. Viele Male habe ich versucht, den Geist zu besänftigen, doch entweder sprach er überhaupt nicht mit mir, oder er vertrieb mich, indem er greuliche Geräusche in meinem Kopf erklingen ließ. Vermagst du so etwas tatsächlich zu vollbringen?«
    »Ich will es versuchen«, antwortete Seregil. »Bringt mich morgen bei Tagesanbruch zum Hort des Geistes und ich werde mit ihm reden.«
    Das Gemurmel verwandelte sich in frohlockenden Jubel.
    »Unser Gast schläft heute nacht unter meinem Dach«, verkündete Retak stolz, wodurch er das Fest beendete. »Für deinesgleichen sind die Nächte in den Bergen rauh, Meringil, aber ich habe zahlreiche gesunde Töchter, die dich wärmen werden.«
    Die Kinder über ihnen quiekten vor Freude, als die älteren Mädchen sich vorbeugten, um einen besseren Blick auf Seregil zu erhaschen.
    Der blinzelte überrascht. »Was?«
    »Für eine junge Frau verheißt es höchstes Ansehen, einen runden Bauch von einem Gast zu bekommen«, erklärte Retak vergnügt. »Frisches Blut bedeutet neue Kraft für das gesamte Dorf. Auch mein Großvater war ein helläugiger Aurënfaie, wie unschwer zu sehen ist. Aber er war kein mächtiger Zauberer, so wie du! Morgen wird dir Ekrids Sippe Gastfreundschaft gewähren, danach Igrids und …«
    »Äh, natürlich.« Seregil schaute sich um und erblickte Mütter, die sich an den Fingern ausrechneten, an welcher Stelle der Hierarchie sie standen. Offenbar gab es ein paar dravnische Bräuche, die Seregil vergessen hatte.
    Meine Güte, Nysander, stöhnte er innerlich, während er die Mondgesichter der schnatternden Jungfern betrachtete, hinter deren bescheidenem Lächeln er unverkennbare Gier glimmen sah. Ich hoffe inbrünstig, das ist das richtige Dorf.
     
    Alec hangelte sich von dem Fenster der Villa herab, dann wirbelte er erschrocken herum, als zu seiner Rechten ein bedrohliches Knurren ertönte. Als er zuvor in den Hof des Barons geklettert war, hatte er keine Anzeichen eines Hundes entdeckt, dennoch befand sich nun einer neben ihm, so sicher wie die Kuh im Stall.
    Was er in der Dunkelheit erkennen konnte, war riesig, und das anschwellende Knurren verriet ihm, daß die Bestie sich ihm mit angelegten Ohren und gebleckten Fängen näherte.
    Für einen Fluchtversuch befand sich die Hofmauer zu weit entfernt. Alec durchforstete sein Gedächtnis nach dem Zauberspruch der Diebe, den Seregil ihm beigebracht hatte und hob die linke Faust mit abgespreiztem Zeigefinger und kleinem Finger. Dann drehte er die Hand flugs herum, so daß der kleine Finger zu Boden wies und flüsterte heiser: »Friede, Freund Hund.«
    Sogleich verstummte das Knurren. Eine kalte Schnauze schnupperte flüchtig an seiner Handfläche, dann hörte er den Hund davontrotten.
    Alec hatte nie daran gedacht zu fragen, wie lange der Zauber eigentlich anhielt. Um sein Glück nicht unnötig auf die Probe zu stellen, rannte er auf die Mauer zu. An der Oberseite waren Glas- und Tonscherben in den Mörtel eingebettet; in seiner Eile griff er achtlos hinauf, blieb mit der linken Hand an einer der vorstehenden Spitzen hängen und riß sich die Handfläche unmittelbar oberhalb des Gelenks auf. Schmerz flammte in der Hand auf, ein warmes Rinnsal troff in seinen Ärmel. Zischend stieß er einen leisen Fluch aus, glitt an der anderen Seite hinab und machte sich auf nach Hause.
    Sein Weg führte an

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