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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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irres Jagdgeheul aus.
    Thero warf den Kopf zurück und rief: »Offenbare dein inneres Symbol!«
     
    Die Veränderung vollzog sich nahezu ansatzlos. Im einen Augenblick kniete noch Alec vor dem Magier, im nächsten schüttelte ein junger Hirsch die Überreste eines zerlumpten Kittels vom Geweih. Mit bebenden Nüstern sprang er von Thero weg, dann schaute er verwirrt zurück. Rings um das Tier schimmerten noch geisterhaft die Rückstände von Magie, doch sie würden bald verblassen. Behutsam trat Thero einen Schritt auf den Hirsch zu, obwohl er wußte, daß Alec die menschliche Sprache vermutlich schon nicht mehr verstand.
    »Ich habe die Orëska nicht absichtlich verraten«, sagte er. »Dies soll die Buße für meine Blindheit sein. Geh jetzt. Lauf!«
    Der Hirsch neigte das Haupt und schüttelte das Geweih von Seite zu Seite, als wollte er sich weigern, den Magier zurückzulassen.
    »Nein, Alec, geh.«
    Ein gieriges Knurren aus den Schatten beendete das Hadern; der Hirsch drehte sich um und preschte davon.
    Das letzte, was Thero sah, war der weiße Schwanz des Tieres.

 
46
Die Wege kreuzen sich
     
     
    Mittlerweile hatten sie Zeit gehabt, das Verhaltensmuster des plenimaranischen Lagers zu studieren. Auf der landwärtigen Seite wurden im Umkreis von einer Viertelmeile Wachen postiert, dahinter, dichter am Lager, wurde eine zweite Linie aufgestellt. Somit ergab sich ein dichtes Netz, doch wie jedes Netz war auch dieses eine Anordnung von Löchern.
    Lautlos und tödlich wie wahre urgazhi beförderten Beka und ihre Leute vier Wachen ins Jenseits, nahmen ihnen die Wappenröcke und Waffen ab und bewegten sich auf die Horde der schlafenden Gefangenen zu.
    Daß die Nacht so klar war, erwies sich als Nachteil für sie. Der Mond präsentierte sich beinahe voll, und sein Licht war so hell, daß sie die Züge ihrer Gefährten erkennen konnten, als sie sich für den Überfall sammelten. Im selben verräterischen Licht sahen sie, daß es Gilly und Mirn wiederum gelungen war, sich ziemlich nah am äußersten Rand der Gruppe zu halten. Mit nacktem Oberkörper, die Köpfe auf die Planken gebettet, lagen sie auf dem Rücken.
    Just in diesem Augenblick ertönten irgendwo auf der gegenüberliegenden Seite des Lagers wütende Schreie. Was auch immer geschehen war, es zog die Aufmerksamkeit der gesamten Lagermannschaft auf sich. Einige der unter den Gefangenen postierten Wachen liefen in die Richtung des Tumults los. Irgendwo in der Nähe schnaubte und grollte ein Stier.
    »Bei Sakor, eine bessere Gelegenheit bietet sich bestimmt nicht mehr«, flüsterte Beka.
    Ihr Plan war simpel, zielstrebig und konnte sie alle durchaus ins Verderben reißen. Den anderen war dies bewußt, dennoch hatten sie sich einstimmig für die Rettung ihrer Kameraden entschieden.
    Mit gespannten Bögen beobachteten Beka und die übrigen aus der Deckung der Bäume, wie Steb, Rhylin, Nikides und Kallas die den Feinden entwendeten Wappenröcke überstreiften und unbeschwert auf die Gefangenen zuschritten.
    Keine der Wachen, die immer noch wie gebannt in die Richtung des Lärmes starrten, stellte sich den vier Eindringlingen in den Weg, als sie den beiden geplankten Gefangenen rasch auf die Beine halfen und sie in den Schutz der Bäume scheuchten. Binnen weniger Lidschläge war die Mission erfüllt.
    Geräuschlos schlich das Überfallkommando den Weg zurück, den es gekommen war, bis es Jareel und Ariani erreichte, die ein gutes Stück außerhalb des plenimaranischen Wachbereiches zurückgeblieben waren, um auf die Pferde aufzupassen.
    »Wir haben gewußt, daß ihr kommen würdet«, hauchte Gilly heiser, als Kallas und Nikides ihn behutsam neben Mirn zu Boden ließen.
    Wo die langen Nägel durch die Handflächen getrieben worden waren, präsentierte sich das Fleisch geschwollen und purpurfarben. Die rauhen Planken hatten ihre Schultern wundgescheuert. Nun, da Beka sie eingehender betrachtete, erkannte sie aus den zahlreichen weiteren Blutergüssen und Schürfwunden, mit denen beide Männer übersät waren, daß sie unter ihrer schrecklichen Last des öfteren gestolpert und gestürzt sein mußten.
    »Ganz ruhig, Reiter«, sagte sie, als sie sich neben den beiden niederkniete. Auf ihr Nicken hin hielten einige der anderen die Beine und Schultern der Gequälten fest. Nikides beugte sich hinab, um die Seile durchzuschneiden, die ihre Arme an die Planken fesselten, doch Feldwebel Braknil gebot ihm Einhalt.
    »Wir lassen sie besser dran, bis wir fertig sind«, meinte er.

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