Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
hatten, brannte immer noch lichterloh. Sobald Thero und er hinaustraten, würden sie für jedermann sichtbar sein, der sich in der Nähe aufhielt. »Kannst du uns nicht fortzaubern oder so?« flüsterte Alec, während er die Lage draußen einzuschätzen versuchte.
»Wenn ich das könnte, hätte ich es bereits getan!« erwiderte Thero, in dessen Stimme ein willkommener Ansatz des ihm eigenen, barschen Tonfalls mitschwang. »Aber wenn du mich hier wegbringst, gelingt mir vielleicht etwas anderes.«
»Dann sollten wir besser um Illiors Glück beten.« Alec deutete in nördlicher Richtung in die Dunkelheit. »Wir gehen da lang, verstanden? Wir müssen versuchen, unentdeckt dem Riff unterhalb der Straße zu folgen, bis wir das Hauptlager hinter uns gelassen haben.«
Den Umstand, daß in einem Umkreis von fünfzig Fuß unzählige Wachen lauern konnten, die sie erst bemerken würden, wenn es bereits zu spät war, ließ Alec unausgesprochen; er bemühte sich tunlichst, selbst nicht daran zu denken. Mit Thero an der Seite sandte er ein letztes Stoßgebet gen Himmel und huschte am Feuer vorbei in die Finsternis.
Es schien niemand in der Nähe zu sein, aber als sie über die Riffkante spähten, sahen sie, daß weniger als hundert Fuß entfernt Männer um ein Lagerfeuer hockten.
Alecs und Theros nackte Füße verursachten kein Geräusch, als sie sich entlang des felsigen Ufers zum Wald unmittelbar nördlich des Lagers stahlen. Freiliegende Wurzeln ragten gefährlich aus dem dünnen Erdreich zwischen den verkümmerten Bäumen. Alec ergriff Theros Arm und zog ihn mit sich, während er voranstolperte.
Bald erblickten sie vor sich mehrere Wachposten. Da die Soldaten jedoch nach Gefahren Ausschau hielten, die sich dem Lager von außen näherten, konnte sich Alec mühelos an ihnen vorbeischleichen. Zielsicher führte er Thero nach Norden, indem er sich am Mond orientierte.
Sie waren kaum eine halbe Stunde unterwegs, als der junge Magier Alec in einer kleinen, vom Mond erleuchteten Schlucht unvermittelt am Arm packte und innehielt. »Hör mal, ich bin auch müde, aber wir können uns jetzt nicht ausruhen«, drängte ihn Alec.
»Das ist es nicht«, flüsterte Thero. »Sie wissen, daß wir verschwunden sind. Ich habe gerade etwas gefühlt; einen Suchzauber, glaube ich. Irtuk Beshar wird uns in Nullkommanichts finden.«
»O ihr Götter!« keuchte Alec und schaute in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. »Wir dürfen uns nicht schnappen lassen, Thero. Sie werden dich opfern, und nun, da ich geblutet habe, hält Mardus nichts mehr davon ab, mich …«
»Halt die Klappe«, unterbrach ihn Thero und schüttelte ihn. »Knie dich nieder.«
»Du hast deine Magie zurück!« platzte Alec hervor und spürte, wie eine Woge der Erleichterung über ihn hinwegspülte. »Kannst du uns jetzt fortzaubern?«
»Nein, über solche Macht verfüge ich nicht.« Theros hageres, bärtiges Antlitz lag in den Schatten verborgen, als er Alec die kalten Hände auf die Schultern legte. »Mach deinen Kopf frei und entspann dich. Dieser Zauber wird nur bis zum Sonnenaufgang anhalten; erinnere dich daran, wenn du kannst. Bis zum Sonnenaufgang. Du mußt rennen, was das Zeug hält und versuchen, so weit wie möglich zu kommen, bevor …«
Die beiden erstarrten, als ein unheimliches, übernatürliches Heulen aus der Richtung des Lagers ertönte. Es schwoll zu einem wahnsinnigen, abgehackten Schluchzen an, verhallte, und erklang abermals, diesmal näher.
»Zu spät!« zischte Alec und zuckte zusammen, als Thero ihn an beiden Armen packte und auf die Knie zurückzwang.
»Nein, es ist nicht zu spät!« Thero drückte ihn nieder und sprach hastig weiter. »Mach deinen Kopf frei, Alec, entspann dich. Es dauert nur einen Augenblick.«
Ein weiteres schnarrendes Heulen drang durch die Nacht zu ihnen. Alec neigte den Kopf und fragte sich, was Thero vorhatte und weshalb es sich plötzlich so vertraut anfühlte.
»Das ist gut, sehr gut«, flüsterte Thero. »Alec í Amasa Kerry, untir maligista …«
Es war der ungewohnte Klang seines vollen Namens, der Alecs Erinnerung auslöste. Er öffnete den Mund, um Einwände zu erheben, doch der Zauber hatte ihn bereits erfaßt.
»Untir maligista kewat, Alec í Amasa Kerry«, fuhr Thero fort und setzte seine gesamte, verbliebene Macht ein, während er Alecs Schultern kräftig niederdrückte. Welches Grauen auch immer Irtuk Beshar entfesselt hatte, es preschte durch die Bäume auf sie zu und stieß unablässig sein
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