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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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diese Gefühle erwidern konnte.
    Gewiß, Alec fühlte sich zu ihm hingezogen, auf die ihm eigene, unschuldige dalnische Weise – daran bestand für Seregil kein Zweifel. Hingegen bezweifelte er stark, daß Alecs Herz bei dem bloßen Gedanken, gemeinsam unter die Decke zu schlüpfen, einen Schlag aussetzte – so wie sein Herz.
    Aus Achtung vor Alecs Schamhaftigkeit – zumindest redete Seregil sich das ein – behielt er das Unterhemd an und zog die Tagesdecke über sich.
    Die für mehr als eine Person gedachte, alte Liegestatt war breit, und Alec blieb auf seiner Seite, als er hineinkletterte. »Du bist plötzlich so ruhig«, stellte er fest, nicht wissend, welch innerer Sturm in Seregil tobte.
    »Ich bin noch müde von dem Weingelage letzte Nacht.« Seregil rang sich ein Gähnen ab. Er nahm an, er könnte ebensogut in der Diele schlafen, aber wie sollte er das später erklären? Es schien besser, hier zu bleiben und zu hoffen, er würde im Schlaf nicht reden.
    Alec ließ sich zufrieden seufzend auf die Kissen zurücksinken. »Ich auch. Zumindest können wir uns ein bißchen erholen, solange wir hier draußen sind. Hier ist es so ruhig. Keine Aufträge, keine mitternächtlichen Vorladungen. Keine Sorgen …« Immer schwerer wurden die Lider des Jungen, immer leiser die Stimme, bis sie schließlich in ein tiefes, gleichmäßiges Atmen überging.
    Keine Sorgen.
    Seregil setzte sich auf, um die Lampe zu löschen. Doch als er Alecs dichtes, honigfarbenes Haar auf dem Kissen erblickte, hielt er inne. Die Züge des Jungen wirkten friedlich, arglos. Seine Lippen formten ein leichtes Lächeln, als schwebte er bereits in angenehmen Träumen.
    Flüchtig überlegte Seregil, wie es sich wohl anfühlen mochte, diesen goldgelockten Kopf an der Schulter, die Wärme von Alecs Leib an dem seinen zu spüren.
    Wäre es nur Lust gewesen, die Seregil quälte – damit wäre er spielend fertiggeworden.
    Doch was er in diesem Augenblick für Alec empfand, ging weit darüber hinaus.
    Seregil liebte ihn.
    Kaum mehr als eine Armeslänge lag zwischen ihnen, doch ebenso gut hätte es die Breite des Osiat-Meeres sein können. Seregil gestattete sich lediglich einen tiefen, stummen Seufzer, dann blies er die Lampe aus, legte sich zurück und betete um Schlaf.
     
    Micum stand am nächsten Morgen früh auf und fand Alec bereits in der Küche vor, wo er Holz stapelte. Der Junge hatte die feine Stadtkluft gegen ein schlichtes Gewand getauscht und erzählte gerade Arna und dem jungen Jalis einen Witz. Micum beobachtete ihn eine Weile von der Tür aus und zeigte sich wie schon sooft verblüfft darüber, wie mühelos Alec sich in den Haushalt einzufinden schien.
    Oder, was das anbelangt, in alles andere, fügte er im Geiste hinzu und dachte an die zahlreichen Rollen und Gestalten, die er bereits verkörpert hatte, seit er bei Seregil war. Sie waren wie Wasser, diese beiden; ständig änderten sie ihre Form.
    »Heute ist ein guter Tag zum Jagen«, verkündete er. »Dieses Jahr wimmelt es auf dem Hügel nur so von Rotwild. Ist Euer Hochwohlgeboren schon wach?«
    Alec wischte sich Dreck und Rindenbrocken vom Kittel. »Als ich das letzte Mal nach ihm gesehen habe, lag er noch tief unter den Laken vergraben. Ich glaube, er hat letzte Nacht schlecht geschlafen.«
    »Tatsächlich?« Micum ging zur Küchentür und ergriff von draußen eine Handvoll Schnee. »Na, dann will er doch sicher aufgeweckt werden, oder? Bestimmt will er einen so wunderschönen Morgen nicht verratzen.«
    Alec, in dessen Antlitz ein Spiegelbild von Micums Grinsen prangte, rüstete sich selbst mit einer Handvoll Schnee und folgte seinem Freund ins Schlafzimmer.
    Die Fensterläden waren zwar noch geschlossen, dennoch reichte das Licht, um Seregils schlanken Leib auf seiner Seite des Bettes unter den Steppdecken zu erkennen.
    Zusammen, bedeutete Micum dem Jungen.
    Geräuschlos schlichen sie sich an, rissen die Decke hoch, starteten ihren Angriff – und stellten fest, daß sie ein Kissen bombardiert hatten.
    Hinter ihnen flogen die Läden auf, und zwei vertraute Stimmen riefen: »Guten Morgen!«
    Erschrocken schauten Micum und Alec auf, gerade rechtzeitig, um von Seregil und Illia, die draußen siegreich lachten, eine Ladung Schnee ins Gesicht zu bekommen.
    »Ihr wolltet mich wohl überrumpeln, wie?« höhnte Seregil, während er und das Mädchen flohen.
    »Ihnen nach!« schrie Micum und kletterte durchs Fenster.
    Eine linkische Verfolgungsjagd begann. Illia huschte schlauerweise in die

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