Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
wie Kari die Neuigkeit aufnehmen würde. »Ranil, kümmer dich um ihre Pferde. Und ihr beide entschuldigt mich bitte eine kurze Weile, ich will mir die hier ansehen.«
Seregil legte ihm eine Hand auf den Arm, als er sich zum Gehen wandte.
Er warf einen verstohlenen Blick auf die Tür, dann fügte er mit leiser Stimme hinzu: »Da ist noch etwas. Rhal hat uns vor etwa einem Monat in Rhíminee aufgespürt.«
Micum versteifte sich. »Der Flußhändler?«
Seregil nickte. »Ein paar fremdländisch klingende Schwertkämpfer haben bei ihm nach uns gesucht, nachdem Alec und ich von Bord gegangen waren. Rhal hat uns gedeckt, und bald danach sank die Pfeil unter geheimnisvollen Umständen. Seither waren wir ausgesprochen vorsichtig, und bislang hat es keine Anzeichen von Ärger gegeben, aber mit dem Frühling vor der Tür – man weiß ja nie. Das ist ein weiterer Grund dafür, warum wir zurück in die Herberge ziehen wollen.«
»Was sagt Nysander zu alldem?«
Seregil zuckte mit den Schultern. »Er hält die magischen Augen offen. Bis jetzt ist ihm nichts Beunruhigendes aufgefallen.«
»Sie müssen unsere Spur wohl in Mycena verloren haben«, warf Alec ein, wobei er sich anhörte, als hätten er und Seregil diese Unterhaltung schon mehrmals geführt. »Andernfalls hätten sie sich schon längst an uns herangemacht und uns angegriffen.«
»Sollte man annehmen«, räumte Micum ein. »Trotzdem ist es gut, wenn ihr weiterhin vorsichtig seid. Holt jetzt euer Gepäck. Ich überbringe Kari die Neuigkeiten.«
»Dann lassen wir uns besser Zeit, in Ordnung?« meinte Seregil und warf seinem Freund einen verständnisvollen Blick zu.
Kari nahm die Nachricht von Bekas Abreise ruhiger auf, als Micum erwartet hatte. Nachdem sie Bekas Brief und jene von Elsbet gelesen hatte, nickte sie nur und wickelte sie behutsam wieder in das Umschlagpapier.
Die alte Arna und andere Hausbedienstete gesellten sich am großen Kamin in der Diele zu ihnen, als Seregil Bekas Abmarsch in schillernden Einzelheiten beschrieb.
»Sie haben einfach prächtig ausgesehen, wie sie so bei Fackellicht aus der Stadt ritten«, sagte er. »Klia und die ranghohen Offiziere trabten vorneweg, in voller Uniform, mit Helmen und allem Drum und Dran. Und dann kam unsere Beka an der Spitze ihrer Turma, mit der stählernen Leutnantskrause um den Hals. Die Pferde hatten Brustpanzer und Wangenteile aus Bronze, die beim Laufen wie Glöcklein klingelten.«
»Sie schreibt, daß sie in Hauptfrau Myrhinis Truppe ist«, meinte Kari, die Illias dunklen Wuschelkopf streichelte, während sich das kleine Mädchen an ihr Knie lehnte.
»Myrhini ist eine der besten Hauptfrauen überhaupt«, erklärte Micum und zog sie dicht an sich. »Außerdem wird es an der Grenze noch eine Weile ruhig bleiben. Vor Mitte Lithion können die Plenimaraner unmöglich so weit in den Westen vordringen, wahrscheinlich dauert es sogar noch bis zum Frühsommer. Somit hat sie Zeit, sich zurechtzufinden, bevor der Ärger losgeht.«
»Das hoffe ich«, murmelte Kari. »Wird sie uns weitere Briefe schicken?«
»Sooft wie möglich reiten Kuriere hin und her«, versicherte ihr Seregil.
Micum tauschte unbehagliche Blicke mit den anderen, aber nach einem Augenblick steckte seine Frau die Briefe einfach ein und erhob sich mit dem üblichen Schwung.
»Na schön. Arna, du und ich, wir kümmern uns um das Abendessen. Micum, sag den Männern, sie sollen die Tische decken. Ihr beide habt euch einen guten Tag ausgesucht, Seregil; heute gibt es Wildpastete und gebackene Äpfel in Schlagsahne.«
Das Mahl erwies sich wie gewohnt als geräuschvolles Gesellschaftsereignis, und zwischen den Bissen forderte man die Gäste auf, Neuigkeiten über die von zu Hause ausgezogenen Töchter zu berichten. Watermead stellte einen Landhaushalt dar, eng verflochten und bodenständig. Die Bediensteten gaben keine Ruhe, bevor ihnen Bekas Regiment zweimal beschrieben worden war und sie ausführliche Einzelheiten über Elsbets Studien an der Tempelschule erfahren hatten.
Später, nachdem eine lauthals aufbegehrende Illia ins Bett gebracht worden war und die Bediensteten in der warmen Diele ihre Pritschen aufgeschlagen hatten, gesellten sich Micum und Kari im Gästezimmer zu Seregil und Alec.
»Erzählt mir von eurem Treffen mit diesem Rhal«, forderte Micum die beiden auf, während er für alle heißen, gewürzten Apfelwein einschenkte.
Seregil, der ausgestreckt auf dem Bett lag, gab eine höchst farbenfrohe Fassung der Geschichte
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