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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Bande.
    Deshalb musterte er die Reiter mit wachsamem Auge. Da sie sich auf dem Hauptpfad hielten und in gemächlichem Trab, ohne gezogene Waffen herannahten, schloß er aus, daß es sich um Feinde oder Boten handelte. Zwar befanden sie sich noch zu weit entfernt, um Gesichter unterscheiden zu können, doch bald erkannte er die Pferde.
    Mit gerunzelter Stirn drängte er sich durch die Fohlen, die sich um die Heuraufe scharten und ging auf das Haus zu. In den meisten Fällen verhießen unerwartete Besuche von Seregil, daß Wächterbelange anstanden. Kari war mittlerweile im dritten Monat; die Zeit der Übelkeit war vorüber und der strahlenden Blüte der Hochschwangerschaft gewichen. Dennoch war sie diesmal älter, und Micum mißfiel der Gedanke, sie allein zu lassen.
    Entschuldigend trat ihm auf dem Hof ein Knecht gegenüber. »Als Illia gesehen hat, wer es ist, rannte sie mit den Hunden voraus, um die beiden zu begrüßen, Meister Micum. Ist doch nichts dabei, hab’ ich mir gedacht.«
    »Diesmal vielleicht nicht, Ranil, aber ich will nicht, daß sie sich das angewöhnt«, gab Micum barsch zurück.
    Wenige Augenblicke später trabten Seregil und Alec auf den Hof; Illia hockte stolz auf Alecs Sattelknauf. Micum fiel auf, daß beide ein wenig blaß um die Nase, ansonsten aber guter Dinge wirkten.
    »Wahrscheinlich muß ich doch Alec heiraten, wenn ich groß bin«, plapperte Illia zu Seregil hinüber. »Ich hoffe, das wird deine Gefühle nicht allzusehr verletzen.«
    Gleich einem Troubadour auf einem Wandgemälde schlug Seregil die Hand aufs Herz und stöhnte: »Oh schöne Maid, Tausend Drachen will ich für Euch metzeln und Euch ihre dampfenden, schwarzen Eingeweide vor die zierlichen Füßchen legen, wenn ihr mir nur wieder Eure Gunst gewährt.«
    »Eingeweide!« Übermütig kichernd, vergrub Illia das Gesichtchen an Alecs Schulter. »Du würdest mir keine Eingeweide bringen, Alec, oder?«
    »Selbstverständlich nicht«, höhnte Alec. »Was für eine abscheuliche Gabe. Ich würde dir ihre Augäpfel bringen, damit du daraus eine Kette machen kannst, und ihre schuppigen, rauhen Zungen, um dir die Zöpfe damit zu binden.«
    Illia kreischte vergnügt auf und glitt vom Sattel in die Arme ihres Vaters.
    »He, du kleines Küken, wieso läufst du denn so mir nichts, dir nichts allein los?« fragte er sie streng.
    »Es sind doch nur Onkel Seregil und Alec. Und ich war nicht allein«, fügte sie verschämt hinzu. Mit stolz geschwellter Brust, das Kopftuch schief auf dem kleinen Haupt, breitete sie die Arme über das Rudel großer, zottiger Hunde aus, das sich um sie drängte, wie ein General vor seinen Truppen. »Dash und all die anderen haben mich begleitet.«
    »Du kennst die Regeln, kleines Fräulein«, wies Micum sie zurecht. »Und jetzt lauf rein und erzähl deiner Mutter, wer hier ist.«
    »Was führt euch zwei hierher?« fragte er und drehte sich zu den beiden um; erleichtert stellte er fest, daß sie eher für einen Besuch denn für eine Reise gekleidet waren. Seregil stapfte durch das Rudel der Hunde und reichte ihm ein verschnürtes Bündel Briefe. »Beka hat uns gebeten, dir die hier zu bringen. Ihr Regiment ist im Morgengrauen aufgebrochen.«
    »Was denn, heute? Wir hätten da sein müssen, um uns von ihr zu verabschieden!«
    »Dafür war keine Zeit«, erklärte Alec rasch und trat neben Seregil. »Der Befehl ist erst gestern eingetroffen. Aber wir haben ihr einen anständigen Abschied bereitet.« Reumütig grinsend, rieb er sich den Kopf. »Ich glaube, ich bin immer noch ein wenig betrunken.«
    Mit verspielter Nachsicht fuhr Seregil dem Jungen durchs Haar. »Runcer braucht bestimmt ein paar Tage, um das Durcheinander zu beseitigen. In Anbetracht dessen und der zu erwartenden Beschwerden von den Nachbarn haben wir es für eine gute Gelegenheit gehalten, die Wogen um Lord Seregil und Sir Alec ein paar Tage zur Ruhe kommen zu lassen. Wir hatten vor, einstweilen hier unsere Zelte aufzuschlagen, wenn’s recht ist.«
    »Ja, sicher«, erwiderte Micum abwesend und betastete das Bündel Briefe. »Wohin sind sie gezogen?«
    »Zur Westgrenze Mycenas«, antwortete Seregil. »Es heißt, Idrilain will sie an Ort und Stelle haben, bevor das Klesin-Tauwetter nächsten Monat die Straßen verschlammt. Die Reiterei der Königin war die erste Truppe, die aufgebrochen ist, aber es wimmelte in der ganzen Stadt von Soldaten, als wir losgeritten sind. Idrilain geht wahrlich kein Wagnis ein.«
    Micum schüttelte den Kopf und fragte sich,

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