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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Küche, wo ihr Arna Zuflucht gewährte und vor jedem Möchtegern-Häscher die kupferne Schöpfkelle zückte.
    Seregil hatte weniger Glück. Da er bei Tageslicht von seiner Höchstform weit entfernt war, stolperte er über einen der aufgeregt umherspringenden Hunde, die sich an der Jagd beteiligten; sofort fiel Alec über ihn her.
    »Verräter!« kreischte er, als Alec ihm hinten eine Handvoll Schnee unter das Hemd stopfte.
    Micum schnitt ihm mit einer weiteren Ladung ins Gesicht das Wort ab. »Ich glaube, das war ich dir noch schuldig«, gluckste er, »und hier kommen die Zinsen.«
    Als die beiden endlich von Seregil abließen, glich dieser einer jämmerlich geformten Skulptur aus Zuckerguß.
    »Was hältst du davon, auf die Jagd zu gehen?« fragte Micum, während er versuchte, seinen Freund vom ärgsten Schnee zu befreien.
    »Eigentlich hatte ich eher einen müßigen Tag am Kamin im Sinn«, keuchte Seregil und schüttelte sich Schnee aus dem Haar.
    Micum packte ihn und warf ihn sich mühelos über die breite Schulter. »Such mir doch bitte eine frische Schneewächte, Alec.«
    »Gleich da drüben ist eine schöne.«
    »Schon gut, schon gut, verdammt!« heulte Seregil und wand sich wie eine Katze.
    »Was hab’ ich dir gesagt?« lachte Micum und stellte ihn wieder auf die Beine. »Ich wußte doch, daß er auf die Jagd will.«
     
    Nachdem sich die drei umgezogen und ein rasches Frühstück eingenommen hatten, brachen sie mit Pfeilen, Bögen und Jagdhunden in die Hügel oberhalb von Watermead auf.
    Zuerst stießen die Hunde auf die Fährte eines Wildschweins, doch Micum pfiff sie davon ab, weil sie keine Speere dabei hatten.
    Den restlichen Vormittag fanden sie nur noch Vögel und Kaninchen. Alec hatte darauf bestanden, daß auch Seregil Pfeil und Bogen mitnahm, und niemand war so überrascht wie Seregil selbst, als es ihm tatsächlich gelang, ein auf einem Ast hockendes Rebhuhn zu erlegen.
    Sie trugen sich gerade mit dem Gedanken, eine Pause einzulegen, um zu Mittag zu essen, als die Hunde einen Elchbullen aus einem Tannenhain scheuchten. Eine halbe Stunde lang hetzten sie ihm hinterher, ehe Alec einen Pfeil mit Bolzenspitze in das Herz des riesigen Tieres jagte und es mitten im Sprung zur Strecke brachte.
    »Beim Schöpfer, mit nur einem Schuß!« rief Micum aus, als er sich aus dem Sattel schwang, um die Beute zu begutachten.
    »Schnell und sauber«, meinte Alec, der sich niederkniete und sein Werk betrachtete. »So müssen sie nicht leiden.«
    Mit genauso gnadenvoll gezielten Hieben hatte Alec schon bewaffnete Männer getötet, dachte Micum, während er den rotbefiederten Pfeil untersuchte, der aus der Flanke des Tieres ragte.
    Sie zündeten ein Feuer an und begannen, den Kadaver auszunehmen, was in ein grausiges Unterfangen ausartete; bald glich der Schnee rings um sie einer dampfenden, scharlachroten Masse. Nachdem Micum den Bauch geöffnet hatte, warf er den Hunden die Eingeweide zu und überreichte Alec das Herz und die Leber, die ihm als dem Todesschützen gebührten.
    »Wir brauchen noch mehr Wasser, bis wir fertig sind«, stellte Micum fest, als sie sich ans Häuten des Elches machten.
    Alec wischte sich die blutigen Hände im Schnee ab. »Ein Stück weiter hinten sind wir an einem Bach vorbeigekommen. Ich geh’ die Wasserbeutel auffüllen.«
    Seregil hielt in der Arbeit inne und schaute Alec nach, bis der Junge zwischen den Bäumen außer Sicht ritt. Micum, der neben ihm hockte, lächelte bei sich und dachte daran, was Kari gesagt hatte.
    »Er ist ziemlich erwachsen geworden, findest du nicht?« meinte er vorsichtig.
    Seregil zuckte mit den Schultern und häutete weiter. »Das muß er auch, wenn er sich mit unseresgleichen herumtreibt.«
    »Ich glaube, du hältst ausgesprochen viel von ihm.«
    Seregil durchschaute die fadenscheinigen Worte auf Anhieb; sein Lächeln verwandelte sich in harte, unnachgiebige Verleugnung.
    »Wenn du denkst, daß ich …«
    »Ich würde nie im Leben schlecht von dir denken. Ich finde nur, daß dein Herz dich auf so manch steinigen Weg führt. Du hast ihm doch nichts davon erzählt, oder?«
    Seregils Miene glich einer Maske der Gleichgültigkeit, doch seine Schultern sackten sichtlich herab. »Nein, und das habe ich auch nicht vor. Es wäre – unanständig. Ich habe zuviel Einfluß auf ihn.«
    »Tja, auf seine Weise liebt er dich abgöttisch«, sagte Micum, da ihm nichts Tröstlicheres einfiel.
    Schweigen breitete sich wieder zwischen den beiden aus, diesmal ein betretenes

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