Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Mannschaft sind unten am westlichen Abwassertunnel in der Unterstadt.«
»Ist er ein Freund von dir, Schätzchen?« fragte Seregil schmeichlerisch und zwinkerte ihr unter der löchrigen Hutkrempe zu.
»Der hat hier keine Freunde. Ein Emporkömmling, bloß weil er der Neffe vom Meister ist. So einer pickt sich die Rosinen raus und pfeift auf den Rest von uns. Und jetzt fort mit euch; ich hoffe ihr berechnet ihm die Botschaft doppelt. Der Bastard kann es sich locker leisten.«
Alec nickte ihr anerkennend zu. »Danke und der Schöpfer erbarme sich deiner. Komm, Großvater, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
»Großvater, wie?« Seregil warf dem Jungen einen süßsauren Blick zu, als sie weiter zum Ufermarkt schlenderten.
»In der Verkleidung könntest du alles mögliche sein. Diese Schmiedin schien Rythel nicht besonders zu mögen, was?«
»Ist mir auch aufgefallen«, erwiderte Seregil, richtete sich auf und streckte den Rücken. »Die Gilde der Schmiede ist ein stolzer, verstockter Haufen, und die Rangordnung ist ihnen ungemein wichtig. Klingt so, als hätte Quarin so manchen vor den Kopf gestoßen, indem er den Auftrag einem Verwandten anvertraut hat.«
»Wieso sollte ihn jemand darum beneiden, in den Abwasserkanälen zu arbeiten?«
»Wenn sie tatsächlich in den Abwasserkanälen sind, dann müssen sie die Eisengitter tauschen, die sämtliche von der Zitadelle kommende Tunnel sichern. Und wer, glaubst du, hat diesen Auftrag erteilt?«
»General Zymanis.«
»Zumindest über verschiedene Handlanger, die sich um die Einzelheiten kümmern. Jedenfalls wird es dadurch ein höchst einträglicher Auftrag, der Sonderzahlungen für den Schmied und seine Mannschaft verheißt, die für die Ausbesserungen verantwortlich sind. Die Frau meinte, er hätte sich ›die Rosinen rausgepickt‹, weißt du noch?«
»Das erklärt aber noch nicht, woher Rythel Dokumente mit Lord Zymanis’ Siegel hat.«
»Nein, aber man könnte es als erstes Zeichen für eine einleuchtende Verbindung deuten. Der Brief, den er in der Tasche hatte, war an Admiral Nyreidian gerichtet. Wir haben ihn bei Kyliths Empfang anläßlich der Trauernachtszeremonie kennengelernt, falls du dich erinnerst.«
»Der Lord, dem kürzlich die Verantwortung über die Freibeuterschiffe übertragen wurde!« rief Alec aus. »Auch das hat mit dem Krieg zu tun.«
»Was bedeutet, daß wir vermutlich recht damit haben, daß Rythel eine Art Schnüffler ist.«
Schweigend marschierten sie weiter den Hafenweg entlang. Dann schaute Seregil auf und sagte: »Wenn wir tatsächlich recht haben, sollte ich vielleicht ein wenig mit diesem Rythel spielen und versuchen, etwas aus ihm herauszubekommen. Wenn wir da sind, bleibe ich besser außer Sichtweite und lasse dich den Boten spielen. Ich möchte das Wagnis umgehen, daß er später meine Stimme wiedererkennt, falls er über Erfahrung in dem Gewerbe verfügt.«
Am Hafen angelangt, wandten sie sich nach Westen und zogen an den letzten Kais und Lagerhäusern vorbei zu einem felsigen Landzipfel, der sich am Fuße der Klippen erstreckte. Die frische Radspur eines Karrens verschwand zwischen schiefen Kiefern und Hügeln außer Sicht. Nachdem Seregil und Alec der Furche etwa eine Viertelmeile gefolgt waren, fanden sie Rythels Mannschaft an der Mündung eines steilen, übelriechenden Abwassertunnels.
Der Eingang zu dem Kanal befand sich etwa fünfhundert Fuß oberhalb der Stelle, wo Alec und Seregil standen.
Die Öffnung entsprach in Größe und Form einem gewölbten Türbogen und war groß genug, daß ein Mann hindurchschreiten konnte, ohne den Kopf einzuziehen. Ein ekliger, grauer Strom ergoß sich über die Kante und plätscherte über eine Steinrinne weiter ins Meer. Ein fauliger Gestank ging von der Felskluft aus, und Alec fiel auf, daß die Arbeiter feuchte Fetzen über den Nasen und Mündern trugen. Vermutlich Essiglappen, um sich vor den giftigen Dämpfen des Ortes zu schützen.
Nahe der Öffnung war eine Esse aufgestellt worden, und der schwarze Rauch, der daraus aufstieg, kräuselte sich träge in der feuchten Luft. Gleich daneben stand ein kleiner Karren, an dem ein Dutzend bewaffneter Blaumäntel lehnte.
»Was tun die denn hier?« fragte Alec, während die beiden hinter einem Felsbrocken hervor hinaufspähten.
»Sie halten Ausschau nach Torläufern und Spionen. Die Abwasserkanäle führen überall hin in die Stadt.«
»Was sind Torläufer?«
»Hauptsächlich Diebe, die wissen, wie man die zahlreichen Tore und
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