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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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aber stets nur mit brüderlicher Zuneigung. Heute nacht hatte Alec gesehen, zu welchen Gefährten sein Freund sich hingezogen fühlte – Wythrin und Eirual, beide exotisch, wunderschön und zweifellos Meister einer Liebeskunst, die Alecs Vorstellungskraft bei weitem überstieg.
    Was geschieht nur mit mir? fragte er sich bedrückt. Der Schöpfer sei gnädig, er konnte immer noch Myrhichias satten Duft riechen, der an seiner Haut haftete. Eine leise Stimme schien aus einem vernachlässigten Winkel seines Herzens zu antworten: Du erwachst endlich.
    »Alles in Ordnung?« erkundigte sich Seregil.
    »Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört.« Alec trat das Pferd in Bewegung.
    Seregil verbarg den gestohlenen Umhang unter dem seinen und sagte: »Den sollten wir wirklich zurückgeben. Ich will nicht, daß eines von Eiruals Mädchen wegen mir Ärger bekommt. Du hast doch nichts dagegen, zweimal in einer Nacht dorthin zu gehen, oder?«
    Zwar konnte Alec das Gesicht seines Freundes nicht sehen, doch er erkannte allein an der Stimme, daß er grinste.
    »Ich? Und wo wirst du sein?« fragte Alec.
    »Oh, ganz in der Nähe.«
    Unbehaglich rutschte Alec im Sattel hin und her. »Du willst zurück zu Azarin.«
    Er vernahm ein kehliges Kichern hinter sich. »Geflügel schmeckt einfach nicht so richtig, wenn man Appetit auf Wild hat.«
    Zumindest weißt du, was du willst, dachte Alec mißmutig.

 
16
Schmiede und Bettler
     
     
    Cilla schürte gerade das Feuer nach, als Seregil am nächsten Morgen in den Jungen Hahn zurückkehrte.
    »Ist Alec schon wieder hier?« fragte er.
    »Ich hab’ ihn seit gestern nachmittag nicht mehr gesehen. Du hast ihn doch nicht etwa verloren?«
    »Hoffentlich nicht.« Er griff sich ein paar Äpfel aus einem Korb und machte sich auf den Weg zur Hintertreppe.
    »Warte mal, ich hab’ was für dich!« rief Cilla ihm nach. Sie holte ein kleines, versiegeltes Päckchen hinter der Salzdose auf dem Kaminsims hervor und reichte es ihm. »Runcer hat das hier von der Radstraße herübergeschickt. Ein Regimentsbote der Reiterei der Königin hat es dort abgeliefert.«
    Seregil steckte die Äpfel in die Tasche und betrachtete das Paket, während er hinaufging. Das gefaltete Pergament war mit Wachstropfen versiegelt und mit verschmierten Fingerabdrücken übersät. Auf der Vorderseite stand in Beka Cavishs ungeduldiger, gerader Handschrift die Adresse von Lord Seregils Haus.
    Er öffnete das Päckchen und las den kurzen Brief darin.
     
    Lieber S. & A.
    27. Dostin – Haben Isil erreicht. Morgen ziehen wir in mycenisches Gebiet. Eine der anderen Turmae hat bei einer Brücke über den Kanal in der Nähe von Cirna einen Reiter verloren, als sein Pferd ausbrach und ihn über den Rand schleuderte. Entsetzlich.
    Das Wetter ist schlecht. Hier oben herrscht immer noch tiefster Winter. Der schlimmste Feind, dem wir uns bislang stellen mußten, ist Langeweile. Hauptfrau Myrhini und einige der anderen Offiziere vertreiben sie zuweilen mit Kriegsgeschichten. Einige der besten aber erzählen die Feldwebel.
    Heute nacht werden wir in den Stallungen des Anwesens des Barons von Isil untergebracht. Der Ruhm des Soldatenlebens, was, Seregil?
    - B. Cavish
     
    Als Seregil in ihren Zimmern ankam, fand er Alec schlafend auf seinem schmalen Bett vor. Die Kleider hatte der Junge achtlos auf den Boden geworfen, so daß sie einen unordentlichen Haufen bildeten. Seregil setzte sich auf die Kleidertruhe am Bettende und klopfte ihm auf den Fuß.
    »Guten Morgen. Es gibt Neuigkeiten von Beka.«
    Alec brummte etwas, dann rollte er sich herum. Zunächst blinzelte er verschlafen in das durch die Fenster strömende Licht der Morgensonne, dann zu Seregil. »Kommst du gerade heim?«
    Seregil warf ihm einen Apfel zu. »Ja. Tirien hat übrigens nach dir gefragt und bestellt dir schöne Grüße.«
    Alec zuckte gleichgültig mit den Schultern und biß in den Apfel. »Was schreibt Beka denn?«
    Seregil las ihm den Brief vor.
    »Der Schöpfer sei gnädig!« murmelte der Junge, als er von dem Mann hörte, der an der Kanalbrücke abgestürzt war. Alec behagten Höhen nicht sonderlich, und Seregil hatte ihm geduldig wie ein Maultiertreiber zureden müssen, um ihn über die Brücke zu bewegen, die sie beide damals zum ersten Mal überquerten.
    »Mal sehen«, meinte Seregil, nachdem er geendet hatte. »Wenn sie vor zwei Wochen bei Wyvern Dug waren und von dort aus in südöstlicher Richtung gezogen sind, könnten sie mittlerweile jenseits des Folcwine

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