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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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sie die Augen auf.
    »Alles in Ordnung«, sagte er, während er ihre Hand hielt.
    Klias Finger schlossen sich krampfhaft um die seinen. Ihre Lippen bewegten sich, formten tonlose Worte.
    »Was sagt sie?«, fragte Alec, der neben ihm kauerte.
    Seregil beugte sich herab und führte sein Ohr an ihre Lippen.
    »Keine … keine Vergeltung«, würgte sie hervor. »Kein Teth …«
    »Kein Teth’sag?«
    Sie nickte schwach. »Mein Befehl. Der Pakt – nur das … ist wichtig.«
    »Wir haben verstanden, Kommandantin«, krächzte Beka. »Ich werde dafür Sorge tragen.«
    »Und ich ebenso«, brachte Mercalle hervor, der Tränen über die vernarbten Wangen liefen.
    Unfähig, sich zu bewegen oder noch etwas zu sagen, suchte Klia mit Blicken die Augen eines jeden von ihnen, als wollte sie ihnen ihren Willen ins Bewusstsein prägen.
    Seregil hatte einst einen Verunglückten gesehen, der unter dem Eis eines zugefrorenen Flusses trieb. Das Eis war klar gewesen, aber zu dick, durchzubrechen. Der Mann, der noch am Leben gewesen war, hatte Seregil mit der gleichen sengenden Dringlichkeit angestarrt, bevor die Strömung ihn fortgerissen hatte.
    Klia erschlaffte, und er tastete voller Sorge an ihrem Hals nach dem Puls.
    »Ihr Herz ist immer noch stark«, beruhigte er die anderen, während er widerstrebend ihre Hand losließ. »Wo ist Emiel? Teth’sag oder nicht, aber dafür wird er Rede und Antwort stehen.«
    »Gleich hinter uns, streng bewacht«, berichtete Beka.
    Seregil zog Klias Dolch aus der Scheide. »Sie hatte keine Zeit, sich gegen ihn zu wehren.«
    »Das ist mir auch aufgefallen.« Alec stieg ab und lehnte sich auf unsicheren Beinen an die Flanke des Pferdes. »Vermutlich hat er sie überrascht.«
    »Ich habe sie im Stich gelassen«, sagte Beka mit gesenktem Haupt.
    »Nein, Rittmeisterin, allein meinen Clan trifft die Schuld«, widersprach Nazien í Hari, und seine Stimme klang dumpf vor Kummer. »Eure Prinzessin hätte unter meinen Leuten niemals des Schutzes bedürfen sollen.«
    »Dafür haben wir später noch genug Zeit. Bringt sie ins Haus«, befahl Seregil.
    In der Halle begegnete ihnen Thero, der sich sofort um Klia kümmerte. »Legt sie auf den Tisch. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ihr anderen verschwindet, sie braucht Luft um sich herum.« Er beugte sich über sie und presste seine Hände an ihre Schläfen, ihre Kehle und ihre Brust.
    In der Zwischenzeit öffnete Seregil den Kragen ihrer Tunika, um ihre Wunden genauer in Augenschein zu nehmen. Zwischen ihrem Kinn und ihrem Brustband wies die Haut eine Reihe von Kratzern auf.
    Braknil kam zur Tür herein, den Helm in Händen. »Wie geht es ihr?«
    »Sie lebt«, antwortete Alec knapp.
    »Ah, den Vieren sei Dank! Wir haben den Haman unter Bewachung in den Viehhof gebracht.«
    »Ich komme gleich«, sagte Seregil, ohne in seiner Aufmerksamkeit Klia gegenüber nachzulassen.
    Mydri eilte mit Kheeta direkt auf den Fersen herein. »Beim strahlenden Licht, was ist denn bloß geschehen?«
    »Alec wird es dir erklären«, erwiderte Seregil. Dann überließ er Klia den Personen, die ihr nun am besten helfen konnten, und eilte zurück in den Hof.
    Gut gemacht, Alec, dachte er, als er Emiels zerschlagenes Gesicht erblickte. Der junge Haman saß auf einem niedrigen Hocker und ignorierte die bewaffneten Soldaten um ihn herum. Der Rest der Jagdgesellschaft der Haman wartete mit mürrischen Mienen hinter ihm. Braknils Reitersoldaten hatten ihre Schwerter gezogen und sahen aus, als warteten sie nur darauf, dass ihr Feldwebel auch nur einen Ton von sich gäbe, um sich sogleich auf den Angeklagten zu stürzen und ihn mit ihren Klingen in Stücke zu hauen.
    Nazien stand, blass vor Scham, ein wenig abseits.
    Du hast deinen Hass auf mich wie ein Ehrenmal zur Schau getragen, dachte Seregil mit innerer Befriedigung. Vielleicht genießt du es nun nicht mehr so sehr, dich an der Schmach zu erfreuen, die meine Familie ertragen musste.
    Mit dem Beschuldigten jedoch verhielt es sich anders. Emiel gab sich gewohnt verächtlich, als Seregil vor ihm stehen blieb.
    »Alec í Amasa sagt, Ihr habt Prinzessin Klia angegriffen«, begann Seregil.
    »Muss ich diesem Verbannten antworten, Khirnari?«
    »Du wirst antworten, und du wirst bei der Wahrheit bleiben«, knurrte Nazien.
    Widerwillig wandte sich Emiel wieder Seregil zu. »Alec í Amasa irrt.«
    »Zieht Tunika und Hemd aus.«
    Betont langsam löste Emiel seinen Gürtel, ehe er beide Kleidungsstücke über den Kopf zog und auf den Hocker schleuderte.

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