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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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über das Treffen?», fragte Malfazi.
    «Eine religiöse Feier. Vermutlich auf den Felsen von Carschenna.»
    «Auf Carschenna?», sagte Malfazi. «Das ist doch ein heidnischer
Kultplatz. Ich dachte, das sind Christinnen.»
    «Kult ist eben Kult bei den jungen Leuten», sagte Heini.
    «Ganz im Gegenteil zu den Alten», fuhr Sabina fort und erzählte, was
sie bei dem alten Pfarrer in Mathon erlebt hatte.
    «Könnte er der Täter sein?», fragte Malfazi.
    Sabina wiegte den Kopf. «Er hat aus seinem Zorn über die drei
Mädchen keinen Hehl gemacht. Vordergründig weil sie die christlichen Sakramente
in einer Art und Weise feiern, die nicht der Liturgie entspricht. Aber
vielleicht ist der wahre Grund für seinen Zorn ja ein anderer …»
    «Du denkst an Missbrauch oder so etwas?», fragte Heini.
    Sabina nickte. «Sie waren alle einmal seine Schäfchen. Und
vielleicht haben sie sich jetzt zusammengetan, um es ihm heimzuzahlen.»
    «Du meinst, sie haben ihn erpresst oder irgendwie unter Druck
gesetzt?», fragte Heini.
    «Das ist natürlich reine Spekulation, aber ich denke, wir sollten
für alles offen bleiben», sagte Sabina.
    «Wie machen wir weiter?», fragte Freisler.
    «Kannst du dich ein bisschen im Schams umhören?», fragte Malfazi.
«Was man so redet über den Pfarrer, ob es mal irgendwelche Andeutungen gab. Und
natürlich, ob er ein Alibi für Ostern hat.»
    «Ich bin gut vernetzt», lachte Freisler, «ich kümmer mich drum.»
    «Und ihr», Malfazi wandte sich zu Sabina und Heini, «findet bitte
heraus, was es mit diesen Feiern auf sich hat. Wer sich da trifft, wie oft und
wo. Das Internet kann uns da sicher weiterhelfen.»

9
    Am Samstagmorgen wurde Sabina von den ersten Strahlen der Sonne
geweckt, die durch ihr halb verdunkeltes Schlafzimmerfenster fielen. Über dem
Schams, das verriet die sanftgoldene Färbung des Osthimmels, breitete sich ein
prächtiger Frühlingstag aus.
    Auf dem Polizeikommando in Chur war die Atmosphäre weniger sonnig.
Die Presse machte Druck, und von etlichen besorgten Eltern waren Anrufe und E-Mails
eingegangen. Dementsprechend ernst war der Ton, den Oberstleutnant Spescha bei
seiner Ansprache an die Ermittler anschlug.
    «Meine Damen, meine Herren, ich hoffe, Sie nehmen diese
Vermisstenmeldungen ernst. Sie wissen, dass wir hier selten schwere
Kriminalfälle haben. Wenn doch, dann müssen wir schnell zur Aufklärung
gelangen. Die Bevölkerung ist besorgt, und ich bin es auch. Welche Ergebnisse
haben wir?»
    Sabina liess zunächst Malfazi ein paar einführende Worte sagen und
übernahm dann von ihm. Sie stellte die biografischen Hintergründe der drei
Vermissten dar, erläuterte die Indizien und erwähnte auch Heinis
Facebook-Recherchen und die naturreligiösen Feiern. Schnell ergab sich eine
Diskussion, wie man weiter agieren wollte.
    «Wir sollten uns auf die Schriftzeichen konzentrieren und die Worte
veröffentlichen», schlug Heini vor.
    Spescha lehnte das kategorisch ab. «Ich meine, dass der Täter genau
das will: Publicity, seine Botschaften in der Zeitung und im Fernsehen sehen.
Nein, die Worte gehören nicht in die Medien.»
    «Und was ist mit diesen Gottesdiensten im Freien, wie gehen wir da
vor?», fragte Sabina. «Wollen wir das publik machen? Wir müssen herausfinden,
wer da noch dabei war.»
    «Ich habe vorhin eine Rückmeldung von einem jungen Mann aus dem
Facebook-Freundeskreis von Iris Grenz bekommen», sagte Heini. «Er hat diese
Feiern mit initiiert. Hab ihn für heute Nachmittag aufs Polizeikommando
bestellt. Ich bin mir sicher, dass uns das weiterbringt. In die Presse muss das
erst mal nicht.»
    «Wir sollten die Mitglieder dieser Gruppe auf jeden Fall warnen»,
sagte Sabina.
    «Ja», stimmte Heini zu, «sobald wir wissen, wer dazugehört. Aber
nicht über die Medien. Wie gesagt, ich denke, dass wir heute Nachmittag schon
weiter damit sind.»
    Spescha sah mit Genugtuung, dass es Ermittlungsfortschritte gab. Er
wechselte noch ein paar diskrete Worte mit Malfazi und verabschiedete sich dann
ins Wochenende. Wenig später ging auch Malfazi.
    Der junge Mann hiess Bruno Buchli und war einundzwanzig Jahre
alt. Er wohnte in Rothenbrunnen und arbeitete als Schreiner in einer
Behindertenwerkstatt. Sabina empfing ihn freundlich, Heini hielt sich erst
einmal bedeckt.
    «Herr Buchli, Sie waren im Dezember an einem Gottesdienst auf den
Felsen von Carschenna beteiligt?», fragte Sabina.
    «Ja, wir haben da schon öfter zusammen Musik gemacht und Abendmahl
gefeiert. Die letzte

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