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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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Feier war am 21. März.»
    «Und als mein Kollege Sie über Facebook ausfindig gemacht hat, haben
Sie sofort geantwortet?»
    «Ja, es kam mir ja selber auffällig vor.»
    «Was?»
    «Dass Katharina, Iris und Maria weg sind, unsere drei … na ja,
die Ladys in der Gruppe.»
    «Ach, es sind nur drei Frauen dabei?»
    «Ja.»
    «Und wer noch?»
    «Zwei Freunde von mir und ich.»
    «Also insgesamt sechs.»
    «Ja.»
    «Und wie viele solcher Zusammenkünfte gab es?»
    «Wir machen das seit der Mittsommernacht im letzten Jahr. Im Herbst,
im Winter und jetzt eben im Frühling einmal.»
    Sabina machte sich Notizen und fuhr dann fort: «Nennen Sie uns bitte
die Namen und Wohnorte der anderen Männer?»
    «Ja, ich hab schon mit denen gesprochen. Die wollen auch noch mit
Ihnen reden. Hier sind sie.» Buchli zog einen Zettel aus der Hosentasche und
gab ihn Sabina.
    «Auf meine Anfrage im Netz hat keiner von ihnen reagiert», meldete
sich Heini zu Wort.
    «Wir haben miteinander telefoniert», sagte Buchli. «Und wir haben
vereinbart, gar nichts mehr übers Netz zu machen.»
    «Warum?», fragte Heini.
    «Es ist eh schon zu viel über unsere kleinen Feiern geredet worden,
und ich befürchte, dass wir das nächste Mal nicht mehr allein sind. So was wird
ganz schnell ein Hype, und das ist überhaupt nicht das, was wir wollen.»
    «Was ist denn mit dem Freund von Iris Grenz? War der nie dabei?»,
fragte Sabina.
    «Der Beat kann mit Spirituellem nix anfangen, sie hat ihm davon,
glaub ich, nix erzählt», sagte Buchli.
    «Woher kennen Sie sich eigentlich?», fragte Heini.
    «Die Jungs kenne ich aus der Schule, Iris hab ich mal bei einem
Konzert getroffen, und wir haben uns gut unterhalten. Und so hat sich das dann
ergeben. Wir haben uns zum Musikmachen in der Natur getroffen, Iris hat dann
Katharina mitgebracht, und irgendwann kam noch Maria dazu.»
    «Herr Buchli», ergriff wieder Sabina das Wort, «haben Sie irgendeine
Vermutung, warum die drei Frauen verschwunden sind? Wo sie sein könnten?»
    «Weder ich noch die anderen», sagte er.
    «Könnte es etwas mit der Vergangenheit der Opfer zu tun haben?»,
fragte Sabina.
    «Was meinen Sie?»
    «Haben die Mädchen je etwas von Missbrauch erzählt? Im Kontext mit
der Kirche, mit einem Pfarrer?»
    «Nein», sagte Buchli. «Von so was hat nie eine was gesagt.»
    «Und ist bei der letzten Feier irgendwas vorgefallen? Erzählen Sie
doch mal, was haben Sie da gemacht?»
    Buchli zog seine Strickjacke aus und räusperte sich. «Wir haben uns
am Tag der Tagundnachtgleiche im März getroffen. Um zehn Uhr abends, auf dem
grössten Felsen von Carschenna. Es war schon stockdunkel. Jeder hat Kerzen
mitgebracht, und wir haben den ganzen Felsen ausgeleuchtet. Maurus hatte Wein
dabei, ich einen Kelch fürs Abendmahl. Wir haben alle unsere Instrumente
mitgebracht, Katharina die Gitarre, Iris ihre Oboe, Maria so eine kleine Harfe,
ich mein Hang und die beiden anderen ihre Didgeridoos. Ja, und dann haben wir
Musik gemacht und gesungen. Wir singen immer in so einer Kunstsprache. Das ist
unser ganz spezielles Ding. Und um Mitternacht haben wir das Abendmahl
gefeiert.»
    «Darf ich fragen, ob es zu sexuellen Handlungen gekommen ist?»,
fragte Sabina.
    Der junge Mann lachte. «Nein. Wir haben alle nix miteinander. Es
geht mehr um die Musik, um die Welle. Es ist ja auch noch saukalt im März, da
kann man kaum Sex im Freien haben.»
    «Und dann? Wie ging es weiter nach Mitternacht?», fragte Heini.
    «Wir haben noch gesungen und getrunken bis zum Morgengrauen. Als die
Sonne da war, sind wir aufgebrochen.»
    «Und war da irgendetwas Auffälliges? Hat Sie jemand beobachtet?»
    «Das ist es ja. Die anderen haben sich jetzt auch daran erinnert»,
sagte Buchli. «Wir hatten einmal alle das Gefühl, dass jemand um uns rum ist.
Wir haben dann mit den Taschenlampen geleuchtet und gerufen. Aber wir haben
niemanden gesehen.»
    «Wann war die letzte Feier vor dieser am Frühlingsbeginn?», wollte
Sabina wissen.
    «Das war kurz vor Weihnachten, am Tag der Wintersonnwende.»
    «Und da waren auch nur Sie sechs zusammen?»
    «Ja, sonst niemand.»
    «Herr Buchli, wir werden Sie unter Personenschutz stellen müssen»,
sagte Heini.
    «Von mir aus», sagte der junge Mann. «Was bedeutet das?»
    «Es bedeutet, dass sich immer zwei Polizisten in Ihrer Nähe
aufhalten werden», sagte Sabina. «Als Mitglieder dieser», sie zögerte, «ja, wie
nennen Sie sich eigentlich, Kultgruppe?»
    «Wir haben keinen Namen für das, was wir machen.

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