SchattenGrab
Eindruck hast, irrst du dich. Aber du bist noch neu hier. Es war jetzt einfacher, dass ich mit der SpuSi gesprochen habe. Den KDD kann ich selbst anrufen.“
Er stieg in den Wagen und Detlef ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. Auf der Fahrt in die Ulmenallee sprachen sie kein weiteres Wort.
Marianne
Manche Menschen lernen, sich selbst genug zu sein. Sie brauchen im Grunde niemand anderen mehr. Es stört sie aber auch nicht, mit anderen zusammen zu sein.
Marianne ruhte schon seit Langem in sich selbst, besuchte aber gerne von Zeit zu Zeit künstlerische oder esoterische Seminare. Mal war es die Malerei, mal der Tanz, die Musik, die stille Meditation oder der Genuss, sich bei den Schwingungen der Klangschalen zu entspannen. Alles war ungezwungen. Man kam für einen begrenzten Zeitraum zusammen und ging dann wieder auseinander. Marianne ließ die Nähe anderer Menschen kaum zu. Daher blieben die Bekanntschaften rar und immer auf die Spanne der Kurse beschränkt. Sie nahm nur die Empfindungen mit, die sie selbst gehabt hatte. Nicht die Beziehungen, die mit anderen hätten geknüpft werden können. Sie war ihr eigener Kosmos.
Der einzige Mensch, der Marianne noch hatte erreichen können, war die kleine Sophie gewesen. Obwohl, oder vielleicht gerade wegen ihrer Behinderung. Sie war so unverkrampft offen und fröhlich, dass sie für alles aufgeschlossen war, was Marianne tat. Mit großer Begeisterung ahmte sie nach, was die Großmutter ihr zeigte oder sie lag lange still mit ihr, wenn sie die sprachgeführte Meditation genoss.
Es hatte beide sehr betroffen gemacht, dass sie sich seit einiger Zeit seltener sehen konnten. Marianne verstand nicht, warum Verena die Kleine kaum noch brachte, fragte aber auch nicht nach. Zu ihrer Schwiegertochter hatte sie keinen „Draht“. Schlimmer noch,sie empfand sie als störend. Während sie früher manche Gemeinsamkeiten mit ihrem Sohn Justus hatte teilen können, hatte sie jeden Zugang zu ihm verloren, seitdem er mit dieser Frau zusammen war.
Sie hatte ihn verdreht und vom rechten Weg zu sich selbst abgebracht. Genau das versuchte sie nun auch mit Sophie. Selbst Friedhelm war von Verena begeistert gewesen. Der Trottel. Sie hatte alle geblendet mit ihrer Schönheit und ihrem Liebreiz und das Dunkle verborgen, das in ihr schlummerte. Erst nach und nach war es zutage getreten. Sophies Verschwinden hatte die Düsternis endgültig in ihr Gesicht gezeichnet. Kein Wunder, dass die Kleine fortgegangen war, denn das glaubte Marianne. Sie hatte das Weite gesucht, genau wie es Justus irgendwann tun würde, wenn er die Finsternis nicht länger ertrug.
Fisch
Gleich nach dem Strandspaziergang waren Wolf und Moni in die Bauernstuben zurückgefahren. Die frische Luft hatte ihnen gutgetan. Sie beschlossen, sich für einen Moment rücklings auf dem Bett auszustrecken, bevor sie zum Essen in das Restaurant gehen würden.
Wolf sah noch, dass er zwei Anrufe auf dem Handy hatte. Thorsten Büthe, der wohl wissen wollte, ob er schon irgendetwas erreicht hatte und Peter Kruse, warum auch immer. Nichts, was jetzt wichtig genug sein konnte, den Moment zu stören, den er mit Moni Seite an Seite genießen wollte. Er würde sie nach dem Essen zurückrufen.
„Darf ich deine Hand nehmen?“, fragte er vorsichtig.
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“
„Nur die Hand, versprochen!“
„Und sonst nichts?“
„Nein. Ich möchte nur diesen schönen Moment mit dir teilen und dich dabei spüren.“ „Als Freundin!“, fügte er noch hinzu.
„Hmm …“
Als sie nichts weiter sagte, glitt seine Hand vorsichtig nach rechts und legte sich auf ihre.
„So, und jetzt schließ die Augen!“, sagte er.
„Warum?“
„Psst, nur fühlen, nix sagen!“
Beide hatten nicht damit gerechnet, dass die Seeluft ihren Tribut fordern würde und sie aus dem Moment des Genießens forttrug in einen seligen Schlaf. AlsWolf wieder erwachte, lag er ganz warm an Moni angekuschelt und zuckte zusammen, weil das gegen die Abmachung war. Vorsichtig rückte er ein wenig zur Seite und hoffte, dass es ihr nicht aufgefallen war. Aber sie schlief noch, murmelte etwas Undeutliches und drehte sich zu ihm um. Dann rückte sie näher und legte den rechten Arm und das rechte Bein auf ihn. Er grinste. Die halbe Moni lag auf ihm. Dafür konnte er nichts. Mucksmäuschenstill blieb er liegen und genoss die Nähe.
Es dauerte noch eine Weile, bis sie aufwachte. Dabei streckte sie sich und merkte erst dann, wo sie sich
Weitere Kostenlose Bücher