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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sehe ich auch so. Und all diese Krähen, das kann nur eines bedeuten.«
    »Ja?«
    »Er ist wieder erwacht. Er ruht sich nicht mehr aus. Er hat sich keine Zeit zur Erholung genommen, so wie wir das gedacht haben.«
    »Aber er war vollkommen erschöpft«, gab Nin-Si zurück. »Und ich kenne ihn. In solchen Momenten muss er sich ausruhen.«
    Tom wies mit dem Kopf zum Himmel. »Er ruft sie zu sich zurück.«
    »Vielleicht hat ihn etwas geweckt?«
    »Oder aufgeschreckt?«
    In den beiden stieg die gleiche Panik empor. Sorge um ihre Freunde.
    »Lass uns dorthin laufen«, bat Tom. »Lass uns Jessica suchen und nachsehen, was dort vor sich geht, ja?«
    »Aber dein Fuß?«
    »Der kann mir später immer noch wehtun. Jetzt sollten wir aufbrechen.«
    Sie zogen die Tür hinter sich zu und machten sich auf den Weg. Tom hinkte. Doch die Angst um Simon ließ ihn seine
Schmerzen erst einmal vergessen.
     
    »Wovon sprichst du denn da?« Simon sah Moon scharf an. Dieser Blick, diese Stimme – das alles passte gar nicht zu seinem Freund. »Leichen?«
    »Es waren keine da!«, wiederholte Moon ruhig, und Simon wurde unheimlich zumute.
    »Du machst mir Angst!« Mehr brachte er nicht hervor.
    Moon schien davon ungerührt. »Todesangst?«, fragte er nur knapp.
    Simon verlor die Geduld. »Verdammt! Nun sag mir endlich, was mit dir los ist!«
    Moon sah Simon weiterhin mit diesen leeren Augen an. Dann plötzlich bewegte sich sein Mund. Doch er sprach nicht. Moons Lippen schoben sich übereinander. Die Unterlippe fuhr über die Oberlippe und bis hinauf zur Nase.
    Simon wäre vor Schreck am liebsten davongelaufen, doch ihm versagten die Beine. Wie angewurzelt blieb er stehen und konnte seinen Blick nicht von dem abwenden, was mit Moon vor sich ging.
    Inzwischen hatte sich die Lippe bereits über die Nase geschoben. Und sie breitete sich weiter aus. Die Mundwinkel reichten bereits bis zu den Ohren. Der Mund schien Moons ganzes Gesicht zu schlucken.
    »Moon!«
    Simon schrie jetzt aus Leibeskräften. Doch noch immer war er außerstande, sich von diesem schrecklichen Anblick zu lösen und zu flüchten.
    Das ganze Gesicht des Zeitenkriegers war inzwischen eine glatte Fläche aus Haut. Wie ein lang gezogener Ball ruhte der Kopf auf dem Hals.
    Dann aber entstanden Vertiefungen. Dort, wo zuvor Moons Augen waren. Gleichzeitig formte sich aus der Mitte eine Spitze. Eine neue Nase schien sich zu bilden. Und darunter eine Mundöffnung. Gerade so, als schreie das Gesicht.
    Doch Simon hörte keinen Ton. Mit vor Bestürzung aufgerissenen Augen verfolgte er die Veränderungen. Und erst nach und nach wurde ihm klar, was sich gerade vor ihm abspielte.
    Der aufgerissene Mund verengte sich und wurde zu zwei schmalen Lippen. Die Nase formte sich zu einer markanten Spitze. Das Gesicht, das sich herausbildete, wirkte eher wie das einer Krähe.
    Alle Farbe schmolz dahin. Die Haut über dem Kopf bleichte in Sekundenschnelle aus. Dort, wo sich vorher Moons Haare befunden hatten, gleißte jetzt ein kahler Schädel in der Sonne. Und aus den Vertiefungen schauten Simon zwei dunkle Augen entgegen, die ihn voller Wut anblitzten.
    Jetzt endlich gehorchten Simon seine Beine wieder. Schon sprang er davon, doch der Schattengreifer streckte seine Klaue aus, und im selben Moment wurde Simon wie von Geisterhand in die Höhe gehoben und hart gegen die Stadtmauer gedrückt.
    »Es waren keine Leichen da!«, brachte der Schattengreifer in seiner schnarrenden Sprache hervor. »In der Halle, die ich mit Meereswasser gefüllt hatte, sah ich nicht einen von euch tot herumschwimmen. Ein Blick durch die Augen meiner Schiffskrähe verriet mir schließlich, dass ihr hier seid.« Die schmalen Lippen verbogen sich zu einem kalten Grinsen. »Und da dachte ich mir, ich statte euch einen Besuch ab!«
    Die Macht, die Simon in die Höhe hielt, nahm ihm den Atem. Er röchelte und rang nach Luft.
    Schon wurde ihm schwarz vor Augen, als er mit der rechten Hand die Stadtmauer hinter seinem Rücken abtastete. Der Zauber des Magiers drückte ihn unmittelbar neben der Säule gegen die Wand.
    Endlich hatte Simon die Kante der Geheimtür gefunden. Er drückte fest dagegen, und sie glitt nach innen auf. Zugleich griff er in das Mauergestein und zog sich mit einem kräftigen Ruck nach hinten. Der Zauber verlor augenblicklich seine Wirkung.
    Simon fiel hintenüber, rappelte sich auf und stolperte die Treppenstufen hinunter.
    »Bleib hier!«, hörte er den Magier rufen, und gleich darauf vernahm Simon dessen

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