Schattengreifer - Die Zeitenfestung
münden ineinander und einige auch wieder nicht. Sehr kompliziert. Aber immerhin: Es gibt noch einige weitere Eingänge. Das konnte ich genau erkennen.«
»Und zweitens?«
»Zweitens weiß ich, dass die Krähen gerufen wurden. Er hat sie zurückgerufen. In sein Reich unter der Erde.«
»Weißt du, wozu?«
Die Krähe ruckte wieder mit dem Kopf und schaute in Toms Richtung. »Nein. Bevor ich mehr herausfinden konnte, war es Zeit für mich umzukehren.«
Simon dachte nach. Das alles konnte nur eines bedeuten: Der Schattengreifer hatte sich vorbereitet, bevor er zu ihnen ins alte Ägypten gereist war.
Neferti hatte recht: Sie mussten sich beeilen.
»Kannst du mit dem verletzten Fuß auftreten?«, fragte Simon seinen Freund.
Tom winkte ab. »Klar. Damit bin ich heute schon durch die halbe Stadt gehumpelt.«
»Dann lasst uns aufbrechen.« Simon hastete zur Schublade neben dem Küchenherd und riss sie auf. Taschenlampen lagen darin. Simon nahm gleich alle fünf heraus. »Neferti wartet auf dem Schiff. Sie braucht uns alle für das, was sie plant.«
Jessica sprang von ihrem Platz auf. »Du musst schon wieder los?«
Simon nickte. »Auch wegen Papa. Wir müssen ihn suchen.«
Sie verzog das Gesicht. Es fiel ihr nicht leicht, ihn wieder ziehen zu lassen. Bis ihr etwas einfiel: »Ich kann mitkommen«, sagte sie schnell.
Simon hatte mit diesem Vorschlag gerechnet. Doch er hatte schon eine andere Aufgabe für seine Mutter vorgesehen: »Es ist besser, wenn einer von uns hier bleibt. Wir werden das Haus als Treffpunkt bestimmen. Und es muss jemand hier sein, der alles koordiniert.«
Jessica nickte. Wenn auch resigniert. »Das leuchtet mir ein. Passt bitte auf euch auf!« Sie nahm Simon in die Arme und drückte ihn fest an sich. Auch Tom nahm sie in den Arm.
»Wir passen schon auf«, versprach Simon. Er half Tom auf die Füße, und nur eine Viertelstunde später standen sie bereits auf dem Schiff.
»Gut, dass ihr endlich da seid.« Neferti wirkte weitaus ruhiger als zu dem Zeitpunkt, an dem Simon das Schiff verlassen hatte. »Ich bin bereit.«
Simon blickte neugierig auf die Stelle zwischen den beiden Masten, wo Moon bereits ein Lagerfeuer in der silbernen Schale angezündet hatte. Rund um dieses Feuer lagen die sieben Steine aus Nefertis Lederbeutel, in einem weiten Kreis sorgfältig nebeneinander platziert. Vor einem Stein lag der winzig kleine Beutel mit dem Pulver, das Neferti zusammen mit den Steinen aus dem alten Ägypten mitgebracht hatte. Sie kniete sich davor und gab dann ihre Anweisungen: »Simon, du nimmst mir gegenüber Platz. Nin-Si, du gleich daneben. Dann Caspar, dann Moon. Tom, du kommst neben mich.«
Simon verstand: Jedem von ihnen war ein ganz bestimmter Stein zugedacht. Er nahm seinen eigenen in die Hände und betrachtetedie Hieroglyphen, die scheinbar in großer Eile in den Stein geritzt worden waren. Ein Kreis mit drei durchgezogenen Linien befand sich auf Simons Stein. Darüber das Zeichen eines offenen Mundes neben einem länglichen Rechteck.
»Ich habe mir für jeden von euch in aller Eile ein Symbol ausdenken müssen«, erklärte Neferti ihren Freunden, die alle grübelnd auf die Symbole auf ihren Steinen blickten.
»Simon, du hast das Symbol für ›das Wissen‹ auf deinem Stein, weil du dich über alle Zeiten informiert hast, aus denen wir stammen, und weil du uns mit diesem Wissen schon sehr viel helfen konntest.« Sie wandte sich Nin-Si zu. »Du hast eine Mondsichel auf deinem Stein, weil dein Volk den Mondgott Nanna verehrt, wie wir alle erfahren konnten. Und Moon, du schaust gerade auf das Symbol der Stille – den Mann, der sich den Mund zuhält. Weil ich deine Ruhe und Gelassenheit schon immer bewundert habe.«
Moon nickte dankbar. Er strich sanft über den Stein. Es war ihm anzusehen, wie sehr ihn Nefertis Worte rührten.
»Was habe ich für ein Zeichen?«, erkundigte sich Tom interessiert. »Sieht aus wie eine Schüssel mit einem Karo darauf.«
Neferti lächelte. »Wir kennen uns noch nicht lange«, sagte sie. »Und dennoch hast du uns alle schon oft zum Lachen gebracht. Deshalb hast du das Zeichen für das Feiern und die Freude.«
»Oh, danke«, gab Tom zurück und sein Gesichtsausdruck glich dem Moons vor wenigen Sekunden.
Caspar spielte nervös mit seinem Stein in der Hand. »Ich wage ja nicht zu fragen, was du dir bei mir gedacht hast«, brachte er hervor. »Auf meinem Stein ist … ist etwas, das wie einHühnchen aussieht. Was soll das denn? Siehst du mich als feiges
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