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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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»Ich mache das gleich. Trixi ist … na ja, sie ist, wie sie ist.«
    »Ja.« Mit einem Seufzer ließ sein Vater sich wieder auf das Kissen sinken. »Verdammte Erkältung. Das macht die Sache auch nicht leichter.«
    »Nein. Wie hast du dich entschieden?«
    »Ich bleibe dabei. Wir reisen morgen ab. Und wenn mir der Kopf zerspringt. Ich werde den beiden aber ein letztes Mal unter die Arme greifen. Ein letztes Mal! Es ist so schade. Was hätte man alles aus dem Schwarzen Hirschen machen können … Gibst du mir mal ein Taschentuch?«
    Hastig reichte Leon seinem Vater das Päckchen, das neben verschiedenen Medikamenten auf dem Nachttisch lag.
    »Tut mir leid, Leon. Ich hätte gerne mehr Zeit mit dir verbracht. Wie sehen uns so selten. Erst das Internat, dann die Universität – und in den paar Tagen, die wir haben, hüte ich das Bett. Aber du hast Anschluss gefunden, habe ich gehört. Zita hat in ihrer unnachahmlich charmanten Art geplaudert. Schärfe und Nachdrücklichkeit des Hausverbotes lassen mich vermuten, dass es sich um eine recht nette junge Dame handeln muss.«
    Leons Gesicht verdüsterte sich. »Nett ist was anderes. Es ist Nico, Kianas Nichte.«
    »Kiana …«
    Lars Urban suchte in seinem Gedächtnis nach einer Erinnerung, die er mit diesem Namen verbinden konnte.
    »Die Frau aus Schattengrund.«
    »Ach ja … ein bisschen plemplem, nicht wahr?«
    Leon zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kannte sie nicht. Ihre Nichte war das Mädchen, das damals mit Fili abgehauen ist.«
    »Mein Gott, ja. Ich erinnere mich. Ich habe sie damals auf halbem Weg zum Brocken gefunden. Hat sie jemals erzählt, was sie da gesucht hat?«
    »Sie hat sich verirrt. Sie wollte wohl Hilfe holen und ist dabei in die falsche Richtung gelaufen.«
    »Das arme Ding.« Lars Urban schneuzte sich kräftig. Dann betrachtete er seinen Sohn genauer. »Bist du deshalb hier?«
    Leon wich seinem Blick aus. »Du hast mir nie erzählt, dass du damals dabei warst.«
    »Dabei? Wie meinst du das?«
    »Bei allem, der ganzen Tragödie. Der Suche. Und hier im Haus. Du warst in diesem Zimmer, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Leons Vater vorsichtig.
    Leon beugte sich vor. »Gibt es noch etwas, das du mir nicht erzählt hast?«
    Der Mann im Bett schwieg. Schließlich sagte er: »Was willst du wissen?«
    Eine Diele knarrte im Flur. Leon sprang auf, lief zur Tür und riss sie auf. Er sah nach links, nach rechts, lief zur Treppe, spähte nach oben Richtung Dachboden und schließlich nach unten in die darunterliegenden Stockwerke. Nichts. Er kehrte wieder zurück.
    Sein Vater beobachtete ihn mit einem argwöhnischen Blick. »Was ist los?«
    Leon kehrte nicht mehr zum Stuhl zurück. Stattdessen stellte er sich ans Fußende des Bettes und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Am gleichen Abend, an dem Fili verschwand, war sie bei dir. Ihr hattet ihr einen Streit. Fili wurde von mehreren Zeugen beobachtet, wie sie weinend und außer sich dieses Zimmer verlassen hat. Was ist passiert?«
    »Moment mal.« Lars Urban schüttelte abwehrend den Kopf. »Zeugen?«
    »Das ist doch egal.«
    »Nein, das ist nicht egal! Wird das eine Gerichtsverhandlung?«
    »Natürlich nicht!« Leon fuhr sich durch die struppigen Haare. »Ich will nur wissen, was zwischen dir und Fili vorgefallen ist.«
    »Zwischen mir und Fili? Was wird das hier?«
    »Ich will nur eine Antwort. Eine ehrliche Antwort.«
    Lars Urban ließ den Blick nicht von seinem Sohn. Der Ärger in seinem Blick verwandelte sich in Verblüffung und dann in kopfschüttelndes Verstehen.
    »Wenn du eine Antwort willst, musst du zunächst die Frage formulieren. Was genau unterstellst du mir?«
    Leon stöhnte auf. »Kannst du mir nicht einfach sagen, was passiert ist?«
    Der Kranke trank einen Schluck Wasser, aber er behielt Leon dabei im Blick.
    »Nun gut. Fili muss mitbekommen haben, dass Zach und ich einen Streit hatten. Der Hirsch lief miserabel. Ich hatte genug davon, immer nur angepumpt zu werden. Aber wenn es um die Vereinbarung ging, die dein Großvater mit ihm und mir ausgemacht hatte, stellte er die Ohren auf Durchzug. Es gab nichts Schriftliches, leider. Er sagte, es hätte diese Vereinbarung nie gegeben, und log mir dabei ins Gesicht. Ich war wütend. Immer wieder die gleiche, frustrierende Situation. Ich gab Ratschläge, er nahm sie nicht an. Ich gab Geld, er und Trixi haben es versoffen. Sie standen damals unmittelbar vor der Insolvenz. Ich habe mich geweigert, noch mal Geld reinzuschießen, wenn

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