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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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U-Bahn Richtung Preungesheim gestiegen und hatte sich auf die Gleise gelegt, und zwar so, dass die nächste herannahende Bahn sie köpfen musste. So war Melli Geköpfte und Henkerin zugleich und den beiden Männern ganz nahe, die sie am meisten geliebt und die ihr am meisten geschadet hatten.
    Melissas Tod war der Grund, warum Matthias Olsberg während des Prozesses redete. Schweigen über sein Motiv war sinnlos geworden, er konnte Melli nicht mehr schützen.
    ***
    «Üble Geschichte», sagte Aksoy betroffen. «Und was schließt ihr jetzt daraus?»
    Winter und Ziering tauschten einen Blick. Ziering erklärte: «Dieser Olsberg ist ein hübscher Kerl, und die Birthe Feldkamp war ein Stück älter als er. Er ist ein armer Ex-Knasti, und sie hatte ein anständiges Gehalt und ein Haus. Es ist ziemlich klar, was sie damit bezweckte, ihn bei sich einziehen zu lassen. Er sollte ihr Liebesbursche sein. Ich denke mal, er hat das erst so richtig gemerkt, als er da war. Vielleicht hat sie auch in den ersten Tagen irgendwas Herablassendes gesagt, was ihn drauf gebracht hat, dass er, wie er es ausgedrückt hat, als Sexsklave bei ihr gehalten wird. Da hat er Rot gesehen, genau wie er damals Rot gesehen hat, als seine Schwester von ihrem Freund prostituiert wurde. Zufällig hat die Feldkamp dann Pilze gesammelt. Intelligent, wie der Olsberg ist, hat er eine Gelegenheit gesehen, sie zur Strafe zu töten, so wie er damals den Marokkaner getötet hat, nur diesmal, ohne erwischt zu werden. Jeder weiß, dass Knollenblätterpilze extrem giftig sind und mit Champignons verwechselt werden können. Der Olsberg hat wahrscheinlich in der Wikipedia nachgesehen, wie Knollenblätterpilze aussehen und wo man sie findet, welche besorgt und dann irgendeinen unbeobachteten Moment genutzt, um sie ihr unters Essen zu mischen.»
    «Demnach hat der Tod von Birthe Feldkamp mit den beiden anderen Frauenmorden nichts zu tun?», fragte Aksoy mit hochkonzentriertem Blick, die Unterarme auf die Tischplatte gestützt.
    «Das ist jetzt gerade unsere neue Hypothese», sagte Winter. «Das würde auch erklären, warum der Tod von Birthe Feldkamp nicht so gut ins Muster passt. Bei den beiden anderen Morden starben die Opfer ja durch Kopfschüsse mit ein und derselben Waffe. Und Birthe Feldkamp war zwar mit Sabrina Vogel in einer Klasse, aber sie stammte aus Lauterbach, nicht aus Allmenrod wie Tamm und Vogel, und sie hatte auch mit dieser berühmten Familienfehde zwischen den Allmenröder Krombachs und den Pfisters nichts zu tun.»
    Ziering stieß Winter von der Seite an. «Andreas, übrigens …»
    «Ja?»
    Ziering tippte auf die Protokollausdrucke, die er vor sich liegen hatte. «Du hast den Olsberg nicht gefragt, wie das abgelaufen ist, bevor sie die Pilze gegessen hat. Wer die Pilze wann gesammelt hat, wo sie aufbewahrt wurden, wer sie wann gekocht hat und so weiter.»
    «Hast recht», seufzte Winter. «Ich hab mich wohl von ihm einwickeln lassen. Es bleibt nichts, wir müssen ihn holen und ihn zweimal im Abstand von ein paar Tagen genauestens zu dem Ablauf befragen. Vielleicht verstrickt er sich in Widersprüche. Ich werd dann mal Haftbefehl beantragen.»
    «Du siehst bedrückt aus», sagte Aksoy leise, als sie beide gemeinsam Zierings Büro verlassen hatten und durch den Flur gingen.
    Winter seufzte wieder. «Ich bin wohl enttäuscht. Ich hatte mich gerade so schön der Illusion hingegeben, dass sich manchmal doch jemand zum Besseren wendet. Gelungene Resozialisierung und so. Da macht der Typ in der JVA mit Bravour zwei Schulabschlüsse nach und fängt sogar an zu studieren, und dann so was.»
    Er musste an Olsbergs Flehen zum Abschied denken: «Bitte machen Sie mir meinen Neuanfang nicht kaputt.» Winter hoffte, dass wenigstens stimmte, was er selbst darauf geantwortet hatte: Wenn Sie unschuldig sind, haben Sie nichts zu befürchten.
    Ein Element der Vorverurteilung war natürlich dabei, wenn Sie Olsberg jetzt verhafteten. Wäre der Mieter von Birthe Feldkamp nicht ausgerechnet ein verurteilter Mörder, und wäre der Fall nicht durch den Mord an Verena Tamm und dessen Verbindung zum Fall Vogel rein zufällig neuerlich interessant geworden, diese Pilzvergiftung wäre als Unfall verbucht worden.
    ***
    Sie hatten mit größten Schwierigkeiten gerechnet. Doch im Jugendamt rannten Andrea und Ulli nur offene Türen ein. «Wir suchen dringend neue Pflegeeltern für die Vogel-Mädchen», sagte die zuständige Sozialarbeiterin. «Bislang hatten die nur Pech. Aber bei

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