Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
Vom Netzwerk:
ansehen und Konteneinsicht für Dieter und Jörg Krombach beantragen.
    Nach Rücksprache mit Fock ließ Winter am Dienstag früh Matthias Olsberg frei. Zur Sicherheit beauftragte er Ziering mit einer verdeckten Observation für den Rest des Tages. Vielleicht führte Olsberg sie unbeabsichtigt auf eine Spur.
    Natürlich setzte Winter nach der Feldkamp-Durchsuchung eine neuerliche Vernehmung Sarnaus an. Doch die brachte nichts. Sarnau gab nur zu, was nicht zu leugnen war: dass er mit Birthe Feldkamp im Frühjahr Kontakt gehabt hatte. Sie war es angeblich, die sich bei ihm gemeldet hatte. Und ein paar Wochen später habe sie ihn urplötzlich wieder fallenlassen.
    Nicht lange danach hatte Olsberg seinen Meinungsumschwung gehabt und sich bereit erklärt, bei Feldkamp einzuziehen. Irgendetwas Entscheidendes musste in dieser Zeit geschehen sein. Aber was?
    ***
    Als Ulli von der Arbeit nach Hause kam, hing an der Tür ein Zettel, von Merle groß mit Wachsmalstift beschrieben:
Hallo Ulli
(mit Herzchen auf dem i).
Wir sind auf dem Spielplatz
. Daneben hatte Andrea gekritzelt:
Lasagne im Ofen. Sind um Punkt 18 : 00 zum Essen wieder da
.
    In Ullis Herz gab es einen schmerzhaften Stich. Es war alles so schön. Warum sollte ihnen ihr kleines Familienidyll wieder genommen werden, von einer Frau, die ihre Enkelinnen nicht einmal liebte? Sie hatte am Samstag die Kinder gefragt, ob sie gerne bei ihrer Oma wohnen wollten. Ganz neutral gefragt. Wolke war sofort zu ihrem Kuscheltier ins Bett geflohen, und in Merles Gesicht hatte Ulli panische Angst gesehen, die Angst davor, dass sie von Ulli und Andrea wieder wegmüsste. Sie wolle die Oma besuchen, druckste Merle nach langer Pause zur Antwort. Aber nur wenn Ulli und Andrea mitkämen. Und wenn sie danach wieder nach Hause führen. «Das machen wir», sagte Ulli. Sie hatte nicht das Herz, dem Mädchen zu verraten, dass es Komplikationen gab und die Oma sie auf Dauer zu sich nehmen wollte. Andrea schaffte es unterdessen, Wolke zu beruhigen.
    Als sie später Domino spielten, wirkte Merle unkonzentriert und den Tränen nahe. «Ulli, können wir für immer bei euch bleiben?», hatte sie schließlich unvermittelt gefragt. «Aber natürlich, mein Schatz, für immer und ewig», hatte Ulli gesagt, der selbst die Tränen in die Augen stiegen. «Was sollen wir denn ohne euch machen?» Merle war auf ihren Schoß gekrochen und hatte geklammert, wie Ulli das noch nicht bei ihr erlebt hatte. Sie hatte sogar zum ersten Mal Angst gehabt, ins Bett zu gehen. Seitdem hatten Andrea und Ulli das Thema gegenüber den Kindern nicht mehr angesprochen. Andrea hatte stattdessen einen Anwalt aufgesucht und sich beraten lassen. Sie würden versuchen, die Großmutter im Guten zu überreden. Aber wenn es hart auf hart kam, würden sie mit Zähnen und Klauen um ihre Kinder kämpfen.
    Als Ulli aufschloss, roch es drinnen schon verführerisch nach überbackenen Nudeln. Sie wusch sich die Hände, checkte den Ofen und die Eieruhr: Die Lasagne würde noch zwanzig Minuten brauchen. Vom Flur aus hatte Ulli durch die offene Tür in Merles Spielzimmer etwas Unordnung gesehen. Merle räumte jeden Abend ohne Aufforderung ihr Zimmer perfekt auf. Ulli beschloss, der Kleinen die Arbeit heute einmal abzunehmen.
    Merle hatte gemalt. Der Block lag auf dem Boden, Stifte und Blätter drum herum verstreut. Ulli ging in die Hocke, legte die bemalten Blätter ordentlich übereinander – Merle sammelte ihre «Bilder» –, klaubte die Wachsmalstifte und Buntstifte vom Boden auf und tat sie in die zugehörigen Kästchen. Wohin gehörten die Bilder? Ulli sah in die Plastikcontainer im Regal, entdeckte einen, in dem sich Bilder stapelten, und zog ihn hervor. Nanu, was war denn das?
    Ulli griff nach dem Bilderstapel und erstarrte.
    ***
    Frau Höfling, die Mutter von Merles Freundin Julia, ließ sich von Winters zuvorkommend formulierter Vorladung locken und erschien schon am Dienstag gegen Abend in ihrer blauen und türkisen Verkehrsbetriebe-Uniform. Kurz davor war ein Telefongespräch mit Sarnaus ehemaligem Freund Tim Steiner im Sande verlaufen. Winter hatte die Mitarbeiter angewiesen, Steiners verdächtig gutes Alibi für den weihnachtlichen Mord allergenauestens zu überprüfen. Angeblich war er als Reiseführer irgendeiner Kulturreisen-Gruppe im türkischen Kappadokien gewesen.
    Der Zeugin Höfling bot Winter einen Kaffee und ein Sandwich an. Sie kaute geschäftig, während sie sich in breitem Frankfurterisch ungefragt über die

Weitere Kostenlose Bücher