Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
Vom Netzwerk:
schreien und spitzte die Ohren. Um sie herum war alles still. Leise und vorsichtig öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer. Sie hatte Frau Pfister ausgetrickst. Das Arbeitszimmer, in das sie sich hatte «einschließen» lassen, weiß gestrichen und mit hellblauem Linoleum ausgelegt, war das «halbe Zimmer» der Wohnung, ein Eckzimmer und Durchgangsraum zwischen Küche und Wohnzimmer mit einem winzigen Gaubenfenster. Die zweite Tür hatte Frau Pfister nicht entdeckt, weil sie von der Küche aus gesehen von einem Bücherregal verdeckt wurde.
    Die freigelegten Dielen im Wohnzimmer knarrten leise. Hoffentlich hörte die Pfister es nicht. Andrea wollte der bewaffneten Verrückten nicht gegenübertreten. Was hätte sie schon erreichen können? Ihr Ziel war das Telefon, das im Flur stand. Als Andrea langsam schleichend endlich die offene Tür zum Flur erreichte, lag der Telefonanschluss ihr direkt gegenüber. Doch die Telefonschnur war herausgerissen. Das Ende der Schnur schlängelte sich vor der offenen Toilettentür auf dem PVC -Boden. Frau Pfister hatte die Basisstation des Telefons in die Kloschüssel geworfen.
    Wo war das Handy? In der Küche. Um dort hinzukommen, musste Andrea ein Stück durch den Flur.
    Aus einem der Kinderzimmer kam plötzlich Lärm, als ob jemand mit Möbeln um sich warf. Andrea wagte sich einen Schritt vor. Eine lose Diele unter dem Flur- PVC knarrte laut. Andrea hatte ihren Schrecken über das Geräusch noch nicht verwunden, da hatte es die alte Frau ebenfalls gehört, tauchte aus Merles Spielzimmertür auf, riss das Gewehr in Andreas Richtung und murmelte irgendwas. Andrea hörte einen Schuss, während sie sich schnell wieder ins Wohnzimmer zurückzog. Doch ihre Reaktion war zu langsam. Gerade als sie es geschafft zu haben glaubte, spürte sie einen Schlag an ihrer linken Hand. Sie warf einen Blick darauf, starrte ungläubig auf ein Loch im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger. Das konnte nicht ihre Hand sein. Sie musste eine Sehstörung haben. Da spürte sie plötzlich einen starken Druckschmerz, der immer schärfer wurde, und nun nahm sie auch das Blut wahr, das auf den Boden troff. Sie floh ins Arbeitszimmer, doch als Andrea mit der gesunden rechten Hand die Arbeitszimmertür hinter sich zuzog, wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte, denn auf dieser Seite konnte sie nicht abschließen, und auf der Küchenseite konnte sie nicht raus. Sie saß in der Falle. Mit der rechten Hand hielt Andrea die Klinke fest, während sie die schreckliche alte Frau durchs Wohnzimmer herbeilaufen hörte. Andrea zitterte am ganzen Körper, und die Hand, die die Klinke hielt, fühlte sich schwach und schweißnass an. Mit zusammengebissenen Zähnen und der Kraft der Todesangst umklammerte sie die Klinke, als Frau Pfister von außen daran rüttelte. Im Hintergrund hörte sie die Kinder kreischen. «Lauft raus», schrie Andrea, «lauft raus!» Das Gerüttel an der Klinke stoppte abrupt, und Andrea hörte Frau Pfister nun durchs Wohnzimmer zurück in den Flur eilen, wahrscheinlich, um die Kinder am Weglaufen zu hindern.
    Andrea atmete kurz auf, ließ die Klinke los und warf einen Blick auf ihre verletzte Hand. Warmes Blut lief in einem durchgehenden Strom auf den Boden. Verdammt. Sie würde doch nicht verbluten? Diese Frau Pfister war eindeutig verrückt. Genauso verrückt wie ihre Tochter Sabrina. Was würde die Frau mit den Kindern machen, wenn sie sie mitnahm? Und das war ja wohl ihr Ziel. Sie hörte Wolke in der Ferne wimmern. Andrea hätte am liebsten geschrien, aber beherrschte sich. Da! Ein Schuss. Ein Kreischen. Sie wusste nicht, ob von Merle oder von Wolke. Andrea vergaß alle Vorsicht, riss mit der gesunden Hand die Tür zum Wohnzimmer auf und stürmte hindurch. Sie musste den Kindern helfen. Da kam ihr schlagartig eine Idee. Sie hatten ja eine Waffe im Haus! Oder jedenfalls etwas, das so aussah. Sie raste zurück ins Arbeitszimmer, stellte den Stuhl vors Regal und kramte blind auf dem obersten Brett herum, bis sie an den Schuhkarton heran war. Er war zu schwer, um ihn mit einer Hand herunterzuheben, sie schob einfach, bis er mit einem erstaunlich leisen Geräusch auf den Linoleumboden fiel, sie selbst torkelte vom Stuhl, ihr war jetzt sehr schwindelig, sie riss den Deckel von dem Karton und griff nach der schweren Handfeuerwaffe darin. Das Ding war natürlich nicht geladen. Aber etwas Besseres hatte sie nicht da, und ihr Ziel war ja sowieso nicht, wirklich damit zu schießen, sie musste nur verdammt

Weitere Kostenlose Bücher