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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Festtagsbeleuchtung. Zwei zusätzliche Wagen auf dem Hof zeigten an, dass die auswärtigen Kinder gekommen waren. Heckten sie Pläne aus?
    Jetzt schienen die Kinder wieder fahren zu wollen. Die Haustür öffnete sich, man sah einen erleuchteten Flur, drei Gestalten lösten sich und verließen das Haus.
    Doch die Gestalten bestiegen mitnichten die Autos. Sie verschwanden kurz hinter den Anbauten, um dann schemenhaft auf der schlecht beleuchteten Dorfstraße wieder aufzutauchen. Drei Mann breit gingen sie die Straße entlang, zielstrebig, in Richtung des Pfister’schen Hauses. Gunhild schnürte es die Kehle zu. Wollten sie wirklich zu ihr? Kamen sie, um sich zu rächen?
    Die drei verschwanden im toten Winkel. Gunhild zählte eins, sie zählte zwei. Dann klingelte es. Anhaltend.
    Ihr erster Impuls war, sich zu verstecken. Sie konnte doch nicht jemandem die Tür öffnen, der vielleicht gekommen war, um sie zu töten.
    Dann aber ging sie Schritt für Schritt die Treppe hinunter, langsam, resigniert. Sie hatte doch gelernt, man konnte seinem Schicksal nicht entgehen. Fast war sie mit jedem Schritt nach unten erleichtert, dass es jetzt zum Äußersten kam. Sie wollte nicht mehr leben.
    Als sie unten öffnete, sagte eine der drei dunklen Gestalten: «Mensch, Gunhild, moich des Lecht on!»
    Sie gehorchte. Der gesprochen hatte, war Dieter Krombach, der über zehn Jahre ältere Bruder von Jörg. Jörg war auch dabei, glotzte sie düster mit blutunterlaufenen Augen an. Rechts stand Gitte, Dieters Frau. Sie sah furchtbar aus.
    Die drei drängten sich in den Flur, Jörg schloss die Tür.
    «Wir hätten von dir gerne gewusst», sagte Jörg, «wo du heute Morgen zwischen zehn und ein Uhr warst.»
    ***
    Der Mann in Schwarz auf der Grafton’schen Schwelle hob langsam die Hände. Die tiefliegenden Augen in dem fahlen Gesicht waren beschattet, sodass es fast wirkte, als hätte er keine. Zumindest schien die geisterhafte Erscheinung unbewaffnet. Sprechen konnte der Geist auch.
    «Ich hab nichts getan, was soll das?», fragte er.
    «Winter, Kriminalpolizei. Wer sind Sie?»
    «Mark Bründl.» Der Geist sprach mit rollendem R.
    «In welcher Beziehung stehen Sie zu Lord Grafton?»
    «In gar keiner. Ich … ich suche jemanden.»
    Winter ließ die Waffe sinken.
    Aus dem Kasten der Sprechanlage drangen Geräusche. Winter ignorierte das.
    «Hier ist heute ein Mord verübt worden. Ich muss Sie bitten, mich zu einem Gespräch aufs Präsidium zu begleiten.»
    «O Gott», stieß der Mann hervor. Im Grafton’schen Haus gingen jetzt noch mehr Lichter an. Das blasse Gesicht des Fremden glänzte vor Schweiß. Die tiefliegenden Augen huschten hin und her, als suche er einen Fluchtweg. Doch den versperrte Winter, der genau zwischen ihm und der Tür im Zaun stand. Auf der Straße traf gerade die Streife ein.
    «Also gut», sagte der Mann schließlich, «mir bleibt ja nichts anderes übrig.» Jetzt war klar, sein Akzent war bayrisch oder fränkisch.
    «Bitte, gehen Sie vor», befahl Winter.
    Einem der Schutzpolizisten befahl er, den Mann am Auto abzutasten. Den Schupo nahm er auch als Begleitung mit, weil er mit der verdächtigen Person nicht allein fahren wollte. Der Fahrerin des Streifenwagens, die allein zurückblieb, riet Winter zum Abschied, heute Nacht ein Auge auf das Grafton’sche Haus zu haben, hier öfter zu kontrollieren und Präsenz zu zeigen.
    Es gab nur noch wenig Verkehr. Über die Zeppelinallee und Miquelallee waren sie in weniger als fünf Minuten im Präsidium. Während der Fahrt fragte Winter, der selbst fuhr, den hinten sitzenden Mark Bründl, was er denn zu Grafton gesagt haben würde, falls dieser ihm die Tür geöffnet hätte. Er erhielt keine Antwort. Im Spiegel erkannte Winter trotz der Dunkelheit, dass der Mann innerlich mit sich rang.
    Im Präsidium angekommen, meldete Winter seine Anwesenheit und instruierte den Schupo, sich von seiner Kollegin abholen zu lassen. Den schweigenden Bründl nahm er mit nach oben ins Büro. Winter brauchte einen Kaffee. «Wollen Sie auch einen?», fragte er Bründl, als er die Maschine anstellte.
    «Ja, bitte», sagte der Mann. Er saß vor Winters Tisch, hatte die Kapuze endlich ausgezogen. Seine bräunlichen, stoppeligen Haare standen in alle Richtungen ab, das aknenarbige Gesicht glänzte feucht und hatte eine kranke graue Farbe. Das schwarze Sweatshirt trug die Aufschrift:
Ich hasse Menschen, Tiere und Pflanzen. Steine sind okay.
    «Hätten Sie auch ein Stück Zucker für mich?», fragte

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