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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Stab vermisse, wenn ich die Replik verschwinden lasse.»
    «Super Idee. Damit haben Sie sich nur leider ziemlich unglaubwürdig gemacht. Ich sage Ihnen mal, was ich denke. Sie haben, während Sie unbeaufsichtigt waren, die auf der Treppe liegende Tasche des Verletzten geöffnet, weil Sie gehofft haben, Sie könnten irgendwelche Ihrer Wertsachen herausfischen, die der Mann hatte stehlen wollen und die wir ansonsten zu den Asservaten getan hätten. Dann haben Sie den goldenen Stab gesehen und kamen auf die Idee, einen Versicherungsbetrug zu machen. Sie haben die Tasche mit nach oben genommen, ohne viel nachzudenken, haben den Stab versteckt und uns später erzählt, er sei gestohlen worden. Und das ist ehrlich gesagt noch die für Sie günstigste Variante, die mir einfällt.»
    «Das ist vollkommener
nonsense
. In Wirklichkeit war es ganz anders.»
    Winter reichte es. «Ja, wie war es denn in Wirklichkeit, verdammt noch mal?», brüllte er. «Sagen Sie uns das endlich!»
    «Wenn Sie mich anschreien, sage ich überhaupt nichts mehr!», brüllte Grafton zurück. Einen Moment standen sich die beiden Männer schweigend gegenüber. Wie zwei Tiere vor dem Kampf, dachte Hilal Aksoy, beide in derselben gespreizten Haltung, beide mit demselben grimmigen Gesicht. Grafton wirkte stärker, seine längeren, lockigen Haare ließen seinen Kopf größer erscheinen, seine Hakennase wirkte wie eine Waffe. «Ich bin hier kein Angeklagter oder Verdächtiger», brüllte Grafton. «Ich bin hier der Geschädigte, verdammt noch mal, Sie haben
mir
zu Diensten zu sein und nicht umgekehrt.»
    «Na, so was», sagte Aksoy ironisch vom Sofa. «Und ich dachte, die tote Frau Verena Tamm wäre hier die Geschädigte.»
    «Ja, kapieren Sie denn überhaupt nichts?» Graftons Stimme überschlug sich fast, als er sich Aksoy zuwandte. «
Ich
bin doch das eigentliche Opfer. Die wollten doch
mich
umbringen, die haben die Tamm bloß durchs Fenster mit mir verwechselt.»
    «Ob Sie es glauben oder nicht», sagte Winter trocken, «auf die Idee sind wir auch schon gekommen. Aber Sie machen es uns verdammt schwer, uns auf diese Richtung der Ermittlungen zu konzentrieren.»
    Grafton strich sich nachdenklich durch seine Lockenmähne, ließ sich mit einem Seufzer wieder auf seinen klobigen Polsterstuhl fallen.
    «Sie ahnen, wer es gewesen sein könnte», konstatierte Aksoy.
    Grafton zuckte mit den Schultern. «Da gibt es tausend Möglichkeiten. Wer erfolgreich ist, hat Neider.»
    Aksoy gab Winter ein Zeichen, dass sie mit ihm sprechen wolle. Er ging mit ihr vor die Tür. «Andreas, wäre das okay, wenn ich jetzt gehe? Ich muss leider nach Hause.»
    Wer oder was auch immer da jetzt auf sie wartete.
    «Sicher. Lass dich von jemandem fahren.» Er wusste, dass sie in Bockenheim wohnte, in etwa zehn Minuten Laufweite, doch die Vorstellung, dass sie alleine im Dunkeln zu Fuß gehen könnte, machte ihm Angst.
    «Übrigens, Andi …»
    «Ja?» Er hielt die Luft an, dachte, jetzt komme, dass sie ihm nicht mehr böse sei wegen der Sache mit Fock. Dass sie ihr Vertrauen zurückgewonnen habe.
    «Also, diese Tasche, dass die angeblich aus dem Ausland beziehungsweise aus Dänemark stammt, hab ich mir ausgedacht. Ich wollte ihn ködern. Hat ja auch geklappt. War bloß nicht ganz vorschriftsgemäß. §  136   S t PO und so.»
    «Nö. Genau deshalb hab ich mich gewundert. Du bist doch sonst die Hohepriesterin der Vorschriften und des Lehrbuchwissens.»
    Sie lachte. «War es das, weshalb du mich nicht in deinem Team haben wolltest? – Na ja, wenn so ein eingebildetes Alphatierchen mir sagt, die Regeln bestimme ich, dann kommen bei mir niedere Instinkte durch, und ich denke, ätsch, dann halt ich mich bei dem auch nicht an die feine englische Art.»
    Winter klebte noch an ihrem ersten Satz. «Hilal? Bitte hör mir zu. Ich will, dass du das ein für alle Mal verstehst. Ich hab Fock nichts Nachteiliges über dich gesagt, weder das noch irgendetwas anderes. Ich hab ihm vor allem definitiv nicht gesagt, dass ich dich nicht in meinem Team haben will. Das Erste, was ich von deiner Bewerbung hörte, das war, als du schon drei Wochen in der MK   2 warst, und da hat Fock mir im selben Atemzug mitgeteilt, er hätte dir gesagt, in mein Team könnest du nicht, weil ich das nicht wolle. Worauf ich sofort protestiert habe und dann direkt zu dir gegangen bin. Ich will nicht ausschließen, dass ich irgendwann mal in Focks Gegenwart über dich gelästert habe, aber das muss ewig her sein. Auf

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