Schattenherz
ich doch nicht bringen!«
»Eben!«
Die Schärfe in Malins Ton schien Kelly zu entgehen. »Na, ich werdâs schon rausfinden!«, erklärte sie unbekümmert.
Minuten später begann sie bestens gelaunt, eine Wäscheleine zwischen den beiden Apfelbäumen in Svennis Garten zu ziehen. » Morgen machen wir Waschtag, und während unsere Sachen trocknen, fahren wir nach Borkum und haun uns an den Strand, okay?«
Auch das noch! Mit der Feriengeschichte, die wir ihr erzählt haben, haben wir uns erst recht was eingebrockt!
»Nee, das geht nicht, Kelly!« Gerade noch rechtzeitig fiel Malin eine passende Ausrede ein. »Einer muss ja schlieÃlich hierbleiben und auf die Sachen aufpassen.«
»Genau! Und du kannst ja eh nicht schwimmen. Hatt ich beinah vergessen. Okay, dann fahr ich halt mit Anatol alleine!«
Anatol kam, das iPhone in der Hand, den Feldweg entlang zurück zum Haus. Bevor Malin es verhindern konnte, rannte Kelly ihm entgegen. » Huhu! Hast du deinen Freund erreicht?«, rief sie schon von Weitem und plapperte, ohne seine Antwort abzuwarten, weiter. »Du, Malin bleibt freiwillig hier und schiebt Wache! Ist das nicht supi? Dann können wir beide morgen an den Strand! Nach Borkum istâs von Emden aus nur eine Stunde! Voll der Sandstrand und so!«
»Nein, dasâ¦, das geht nicht, weil â¦, weilâ¦Â«
»Ist schon in Ordnung«, unterbrach ihn Malin. »Ich hab kein Problem damit, hier alleine zu bleiben!«
Natürlich hatte sie sehr wohl ein Problem damit, sich Kelly im vermutlich aufreizendsten aller Bikinis neben Anatol am Strand vorzustellen.
Aber immer noch besser, als unsere Tarnung auffliegen zu lassen!
»Ich werd mich in den Garten setzen und ân bisschen lesen und zum Abendessen seid ihr ja sicher wieder zurück, oder?«
Doch wenn Malin angenommen hatte, das Problem sei damit gelöst, hatte sie sich geirrt.
Mit zitternden Händen gab Anatol Kelly das iPhone zurück und wurde kreidebleich. »Wir â¦, ich â¦, ich muss was mit Malin besprechen ⦠«
»Wie doof ist das denn? Wird jetzt wieder stundenlang getuschelt oder was?« Kelly zog einen Flunsch und machte Kulleraugen. » Oder ist was mit deinem Freund?«
»Ja. Genau«, versetzte Anatol hastig und zog Malin ins Innere des Hauses.
»Sorry, aber manchmal kann ich machen, was ich will«, stieà er hervor, als sie auÃer Hörweite waren. »Manchmal erwischt es mich trotzdem.«
»Was ist denn passiert?«
»Nichts. Gar nichts. Aber ⦠Allein der Gedanke an â¦, an â¦Â« Er krampfte die Hände ineinander und auf seiner Stirn sammelten sich winzig kleine SchweiÃperlen.
»Anatol, was ist denn los mit dir?!«
Er lieà er sich auf den Boden sinken. Den Rücken an die Wand gelehnt, rang er nach Luft, als drohe er jeden Moment zu ersticken, und Malin wurde schlagartig bewusst, dass sie nichts, aber auch gar nichts tun konnte, um ihm zu helfen.
» Na, die Dame scheint ja nicht sonderlich an ihrem Sohn zu hängen.« Kommissar Blümcke legte den Hörer auf und schüttelte sich, als habe er gerade etwas besonders Ekliges gegessen. »Und dafür, dass sie in â¦Â«, er warf einen Blick auf das Fax, das er vor wenigen Minuten erhalten hatte, »⦠in Playa Dorada lebt, ist sie verdammt schräg drauf.«
Blümckes Kollegin am Schreibtisch gegenüber pfiff anerkennend durch die Zähne. »Playa Dorada? Auf Malle?«
»Nee. DomRep.«
Die Deutsche Botschaft in Santo Domingo hatte sich als äuÃerst zuvorkommend erwiesen und nach einigem Zureden hatte Anatols Mutter sich schlieÃlich bereit erklärt, mit dem Kommissariat in Deutschland zu telefonieren.
Zunächst hatte sie abgewiegelt: von »Ich hab hier gerade jede Menge Gäste abzufertigen« über » Denken Sie gefälligst auch mal an die Zeitverschiebung; hier ist es schon spät« bis zu »Ich hab doch eh seit Jahren nichts mehr von meinem Sohn gehört«.
Doch nach einigem Hin und Her war es Blümcke gelungen, zumindest ein paar Fakten aus Anita Simons herauszulocken.
»Estrella!«, korrigierte sie Blümcke als Erstes, »Anita Estrella! Ich hab hier inzwischen geheiratet.« Aus ihrem Mund klang das wie eine Meisterleistung. »Und damit das klar ist«, fuhr Señora Estrella fort, »ich hab mit all dem abgeschlossen, okay? Es hat mich Jahre gekostet,
Weitere Kostenlose Bücher