Schattenherz
Zuhause hätte, würde ich da jetzt nicht hinwollen.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Nicht ohne dich.«
Ooops! War das jetzt der Schwur einer ewigen Freundschaft oder das Startsignal für eine romantische Liebesbeziehung?
Malin wusste nicht recht, wie sie reagieren sollte.
»Danke«, sagte sie schlicht. Als sie weitergingen, legte Anatol ihr den Arm um die Schultern.
Na bitte! Ist doch schon mal ein Anfang!
»Du hast mir nie erzählt, wieso du trotz allem überlebt hast«, sagte Malin leise. »Aber nur, wenn es dir nichts ausmacht â¦Â«
»Macht mir nichts aus. Und ist auÃerdem total unspektakulär. Ich bin in ân Hotel gegangen, weil ich meiner Vermieterin ⦠Na, du weiÃt schon, ich wollte ihr das ersparen; Leiche finden und so.«
Malin nickte. »Verstehe. An alles gedacht. Perfektionismus pur.«
»Hat nur alles nichts genützt. Tücke des Objekts, hat meine Oma immer gesagt.« Er lachte leise. »Manche nennenâs auch tief fliegende Schutzengel. Meiner jedenfalls ist der reinste Saboteur: In dem Hotel war der Wannenüberlauf kaputt! Hatte noch niemand gemerkt; wahrscheinlich, weil die meisten Hotelgäste lieber duschen statt baden. Jedenfalls ist das Wasser in Sekundenschnelle in den Flur gelaufen. Und der Portier war echt fit in Erster Hilfe.«
»Dem schick ich Blumen, wenn wir das hier hinter uns haben!«
»Was?! Wieso das denn?!«
»Na ja, was sollte ich denn ohne dich machen, hm?«
Als sie in Svennis Garten ankamen, war Kelly gerade dabei, Jeans und T-Shirts auf die Wäscheleine zu hängen. Bestens gelaunt trällerte sie vor sich hin.
»Na, ihr zwei Hübschen? Da seid ihr ja wieder! Ihr hättet mich echt nicht anflunkern müssen. Dass das Haus hier irgendeinem ominösen Cousin von euch gehört, hab ich euch eh nie abgekauft«, erklärte sie munter.
»Es war also wirklich Sven Martensâ¦Â«
»Ja. Ist ausgesprochen easy zu handeln, der Gute. Bisschen notgeil, aber ansonsten voll okay.«
»HeiÃt das, wir können hierbleiben?« Malin konnte ihr Glück kaum fassen.
»Ja. Können wir. Und für den lieben Svenni bin ich Sally und ihr seid Jakob und Angelika.«
»Toll!« Malin fiel Kelly vor Begeisterung um den Hals. »Danke! Du bist ein Engel!«
Sie schämte sich ein bisschen.
Bei allem Mist, den sie gebaut hat: Wer weiÃ, wo wir ohne Kelly gelandet wären!
»Ach übrigens â¦Â« Kellys Puppengesicht leuchtete geradezu vor Begeisterung. »⦠spannend bleibtâs trotzdem! Der Typ, der da letzte Nacht ums Haus geschlichen ist ⦠Das war nicht Svenni.«
»Was?« Malins Erleichterung verflog auf der Stelle. »Wenn das nicht Svenni war, wer war es dann?«
»Sie macht da oben in der Nähe von Emden Ferien mit ihrem Loveydovey und âner Freundin. Total sexy. Bisschen älter als Malin, schätz ich, und ausgesprochen attraktiv.«
»Wer kann denn das sein?«
»Find ich raus. Fährt ânen Mini Cooper. Autonummer hab ich.«
»Gut. Aber jetzt komm erst mal her. Das besprechen wir nicht am Telefon.«
Nach dem Hilferuf seines Vaters war es Nico Gräther nicht allzu schwergefallen, den Aufenthaltsort seiner Adoptivschwester ausfindig zu machen. SchlieÃlich war er, anders als Kommissar Blümcke und seine Kollegen, nicht an Gesetze gebunden, die den Nachforschungen Grenzen setzen: Als Angehöriger durfte er sich ohne Weiteres in der Klinik umschauen und nach allem Möglichen erkundigen: Dinge, die das Personal der Polizei ohne staatsanwaltlichen Beschluss auf keinen Fall weitergeben durfte.
Nachdem er sich bei Dr. Spengler die Erlaubnis dafür eingeholt hatte, war Nico Gräther durch den Klinikgarten geschlendert und hatte zunächst nichts weiter getan, als den Jugendlichen beim Tischtennis zuzuschauen. Obwohl er deutlich älter war und insofern nicht zu den Patienten zählen konnte, weckte er keinerlei Misstrauen. Mit seinem sündhaft teuren Outfit konnte er weder einer der Ãrzte noch einer der Pfleger sein. Die Jugendlichen verhielten sich entsprechend unbefangen.
»Sie sind Malins Bruder? Ist ja lustig. Ihr seht euch aber überhaupt nicht ähnlich.«
»Soll vorkommen.«
»Und? Hat man Malin und Anatol mittlerweile gefunden?«
»Nee. Deswegen bin ich ja hier. Auch wenn meine Schwester bald achtzehn ist und letzten Endes machen kann, was sie
Weitere Kostenlose Bücher