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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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der. Jakob heißt er. Aber alle nennen ihn Jack. Und seine Freundin. Angelika. Prima Frau. Die besorgt mir mein Methadon und mein Bruder passt auf, dass…«
    Â»â€¦ dass du nicht rückfällig wirst?«
    Kelly nickte und Svenni schluckte betroffen.
    Â»â€¦ und dass die Bullen mich nicht erwischen. Illegaler Drogenbesitz und so.«
    Sie spann die fantasievolle Mischung aus Peter Härtlings »Der Ausreißer« und »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« – beides Geschichten, die sie in der Schule gelesen hatte – noch eine Zeit lang weiter aus und endete mit der Schilderung ihrer angeblichen Erlebnisse im Jugendknast; zusammengesetzt aus Interviews mit inhaftierten Mädchen, die sie sich vor nicht allzu langer Zeit im Internet angehört hatte.
    Und Svenni glaubte ihr jedes Wort.
    Eine knappe Viertelstunde später hatte sie ihn so weit, dass sie und ihr angeblicher Bruder nebst frei erfundener Freundin sein Haus samt Garten den ganzen Sommer als Zufluchtsstätte nutzen durften.
    Kelly ließ zur Besiegelung dieses Paktes einen etwas allzu langen und feuchten Zungenkuss über sich ergehen.
    Â»Du bist toll, weißt du das?«, murmelte Svenni hingerissen. Doch bevor er zu einem weiteren Beweis seiner Zuneigung übergehen konnte, war Kelly auch schon vorausgelaufen, um ihm beim Abladen des Becker’schen Kleinlasters zu helfen.
    Diesmal waren es dekorative Findlinge verschiedener Größen.
    Â»Du, Svenni«, sagte sie, als er die Steine diebstahlsicher hinter dem Haus gelagert hatte. »Warum bist du letzte Nacht eigentlich so schnell wieder abgehauen?«
    Â»Wieso letzte Nacht?«, fragte Svenni verblüfft. »Ich bin doch heute früh erst hier angekommen.«
    Â»Ach ja?«
    Kelly brachte den überlangen Abschiedskuss geduldig hinter sich und versprach, sich zu melden, sobald sie »die Sache mit der Polizei und so« geregelt hatte.
    Dann stieß sie erleichtert die Luft aus und lief ins Haus.
    Nachdem sie in der vorangegangenen Nacht hautnah miterlebt hatte, was es mit dem MP3-Player auf sich hatte, brannte sie schier vor Neugier auf die Geheimnisse, die Malin ihm anvertraut hatte.
    Das Gerät steckte wie immer in Malins Jeanstasche.
    Kelly nahm es heraus, stopfte die Jeans und zwei T-Shirts in Svennis alten Zinkeimer, ließ Wasser darüberlaufen und schüttete Waschpulver dazu. Falls die beiden vorzeitig zurückkommen sollten, war das Alibi genug: Schließlich konnte sie Malins Jeans ja schlecht mitsamt MP3-Player waschen.
    Sie drückte auf den Rückspulknopf und schaute auf die Uhr: Wenn sie Glück hatte, dauerte es noch eine gute halbe Stunde bis zu Anatols und Malins Rückkehr: Zeit genug!
    Â»â€¦ Dakota, ich bin’s noch mal.
    Die wollen mich umbringen, weißt du? – Nein, ich meine nicht die hier in der Klinik, sondern …«
    Â»Wow! Wie cool ist das denn?«, wisperte Kelly.
    Malin trottete auf dem Weg zurück zum Haus nachdenklich neben Anatol her. »Ich kann das immer noch nicht fassen. Du hast einfach alles – Möbel, Kleider, Bücher, Computer, was auch immer – verschenkt oder weggeworfen?«
    Â»Viel war es sowieso nicht. Und ich hab halt geglaubt, dass es diesmal klappt.«
    Malin zuckte jedes Mal innerlich zusammen, wenn Anatol in Bezug auf seine Selbstmordabsichten von »klappen«, »funktionieren« oder »endlich hinhauen« sprach.
    Er hatte den wenigen Kommilitonen, zu denen er an der Uni näheren Kontakt hatte, erzählt, er wolle auswandern und sie sollten sich aus seiner Wohnung einfach alles, was sie brauchen könnten, mitnehmen. Was übrig geblieben war, hatte die Sperrmüllabfuhr entsorgt.
    Â»Ich wollte halt nicht, dass irgendwer anschließend noch Scherereien mit meinen Klamotten hat. Außerdem sollte die Frau, der das Haus gehört, mein Zimmer gleich zum nächsten Ersten weitervermieten können.«
    Â»Das heißt, du hast das alles generalstabsmäßig geplant, ja? Und dabei an tausend andere Leute gedacht, nur nicht an dich?«
    Â»Kann man auch anders sehen«, versetzte Anatol und zuckte die Achseln. »Manche Leute sagen, Suizid sei die höchste Form des Egoismus.«
    Â»Ja! Manche Leute sagen auch, dass Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken können! Bullshit!«
    Â»Wie dem auch sei: Ich hab tatsächlich nichts, wo ich hingehen könnte. Aber selbst wenn ich irgendwo ein wunderbares

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