Schattenherz
machen!« Rita machte mit der flachen Hand die Geste für Gurgeldurchschneiden.
Christina Kowalski legte erschrocken den Finger auf ihre Lippen. »Pscht! Bist du verrückt?!« Sie schaute ängstlich zur Gärtnermeisterin hinüber. »Erstens sind versuchter Mord und Mord nicht ein und dasselbe, zweitens ist das mit dem zwei Mal für dasselbe verurteilt werden und deshalb einfach jemanden im zweiten Anlauf umbringen können sowieso blanker Unsinn und drittens ⦠Wie kommst du denn auf so was?!«
Rita-genannt-Würschtl zuckte die Achseln. »Egal.« Sie zwinkerte Christina verschwörerisch zu. »Meinen Segen haste! Und ich kann dir nur wünschen, dass es diesmal klappt!«
»Mensch, wie oft soll ich das denn noch sagen: Ich hab ihn nicht umbringen wollen!«
»Jaja!« Rita winkte ab. »Vom Oft-Sagen wirdâs nicht wahrer, oder?« Sie wandte sich mit erhobener Stimme an ihre Mitgefangenen. » Wir sind hier doch alle unschuldig, oder?«
»Ja, sicher!«, »âtürlich!«, »Sowieso!«, bestätigten die anderen unter allgemeinem Gekicher.
»Ich nicht!«, krähte die älteste der fünf Arbeiterinnen, eine klapperdürre Frau mit Baseballcap und langen grau gesträhnten Zöpfen. »Ich würd meinem Alten jederzeit noch mal die Eier filetieren!« Sie lachte gackernd und machte eine bezeichnende Bewegung mit der Heckenschere.
Ihre Mitgefangenen johlten.
»So, jetzt hatten wir alle unseren SpaÃ!« Die Gärtnermeisterin klatschte in die Hände und beendete resolut das Geplänkel. »Weiter gehtâs!«
Mit einiger Verzögerung begann Würschtl Rita zu kichern. »Eier filetieren? Find ich gut!«, feixte sie. »Oder? Chrissie?« Sie knuffte Christina Kowalski erneut in die Rippen. »Denk mal drüber nach!«
Kelly hatte eine dicke gelbe Stumpenkerze, die angeblich gegen Mücken helfen sollte, angezündet und eine Flasche Rotwein auf den Campingtisch gestellt. Es gab Käse und Baguette und wer die drei jungen Leute da in trauter Runde in Svennis Garten sitzen sah, wäre nie auf die Idee gekommen, dass es sich hier um etwas anderes als ein sommerlich friedliches Ferien-Abendessen handeln könnte. Dabei war die Luft am Tisch zum Schneiden.
Als sie nach Hause kam, hatte Kelly Malin den MP3-Player in die Hand gedrückt und unumwunden zugegeben, alles abgehört zu haben und bestens Bescheid zu wissen. »Hey, Malin! âne Mutter im Knast, ân Adoptivvater mit Mordgelüsten und ân Ausbruch aus der Klapse? Wie cool ist das denn?«
»Sag, dass das nicht wahr ist â¦Â«
Die folgende Auseinandersetzung war lautstark und heftig gewesen und um ein Haar wäre Malin sogar handgreiflich geworden; sie konnte sich gerade noch bremsen.
Jetzt saÃen Malin und Anatol dumpf vor sich hin brütend am Tisch. Kelly spielte die Beleidigte, weil sie es mal wieder ȟberhaupt nicht böse gemeint« habe und man â wie sie behauptete â unter Freunden doch keine Geheimnisse zu haben brauche. Anatols Hände waren zu Fäusten geballt. Er starrte Löcher in die Tischplatte, während Malins Gedanken rasten.
Was ist â hatte sie sich am Nachmittag wieder und wieder gefragt â, wenn meine Mutter nicht auf meinen Brief reagiert? Wenn Helmut irgendwie die Hand im Spiel hat und sie sich vielleicht nicht traut zu antworten?
Und überhaupt: Wie lange sollen wir hier herumhocken und auf Antwort warten, wenn wir nicht einmal wissen, ob jemals eine kommt? Wir können doch nicht ewig auf Svennis Grundstück bleiben!
Dann hatte sie einen Plan ausgeheckt. Kelly war schlieÃlich â wie sie sich erinnerte â Jurastudentin! Und Kelly hatte einen Personalausweis; die unabdingbare Voraussetzung für einen Besuch im Knast! Malin hatte sich alles perfekt zurechtgelegt: Kelly würde einen Brief mitsamt einer Kopie ihres Studentenausweises an die JVA schicken und behaupten, eine juristische Facharbeit über den Kowalski-Prozess zu schreiben: Sie bitte in diesem Zusammenhang höflich um ein Interview mit Christina Kowalski.
Wenn das klappt, kann Kelly mir sagen, was für eine Frau meine Mutter ist â¦
Oder sie zumindest äuÃerlich beschreibenâ¦
Und vielleicht sogar in Erfahrung bringen, warum sie damals â¦
Doch nachdem Kelly sich den bisher gröÃten Vertrauensbruch ihres Zusammenseins geleistet hatte, hätte Malin
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