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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Einen Augenblick lang wußte Iome nicht weiter.
    »… aber Gaborn hat doch alle aufgefordert zu fliehen.«
    »Das weiß ich!« erwiderte Jureem. »Sie haben jedoch beschlossen, nicht auf ihn zu hören.«
    Sie fand es erstaunlich, daß ein Vasall den Befehl seines Königs nicht befolgte. So blickte sie Donnor an, als erwarte sie eine Erklärung. Doch der blonde junge Mann funkelte die Unruhestifter nur wütend an. Sie ließ den Blick über die dichte Menge schweifen. »Ist das wahr?« fragte sie. »Keiner von euch ist Erwählt? Habt ihr die Befehle nicht vernommen?«
    Daraufhin senkten Hunderte von Männern verschämt den Kopf. Sie wagten es vielleicht, Jureem, einem bloßen Bediensteten, die Stirn zu bieten, aber nicht Iome.
    Verwirrt fragte sie: »Wißt ihr überhaupt, was ein Glorreicher der Finsternis ist? Habt ihr eine Vorstellung, über welche Kräfte er verfügt?«
    Ein Mann trat vor, ein kleinerer Lord mit Namen Sir Barrows, den sie schon einmal gesehen hatte. »Wir haben von den Glorreichen und den Hellen gehört – wir alle«, sagte er.
    »Und wenn die alten Geschichten recht haben, können sie im Kampf ebenso sterben wie ein Mann. Also dachten wir, wir könnten uns mit den Katapulten, den Wurfgeschützen, Schleudern und den Stahlbögen oben auf den Festungsmauern verschanzen und ihn töten, bevor er Schaden anrichten kann.«
    »Habt ihr den Verstand verloren?« schrie Iome. Der Mann machte ihr angst. »Ich weiß, ihr seid alle tapfer, aber seid ihr auch töricht? Habt ihr den Befehl eures Lords nicht vernommen? Er hat euch befohlen zu fliehen!«
    Sir Barrows antwortete: »Natürlich haben wir ihn gehört, Euer Hoheit, aber der Befehl war doch gewiß nur für Frauen und Kinder bestimmt. Wir sind kräftige Männer!«
    Daraufhin schwenkten die Männer ihre Speere und Äxte, hoben ihre Schilde und stimmten ein gewaltiges Gebrüll an, das von den Bergen widerhallte.
    Iome war überrascht. Sie hatte die Worte des Erdkönigs vernommen und beschlossen, selbst einen Rat abzuhalten. An den Kommandanten der Königsgarde gewandt sagte sie: »Besetzt die Mauer mit zweihundert Bogenschützen. Schießt jeden dieser Männer nieder, der in die Reichweite der Bögen kommt.«
    »Meine Dame«, sagte Sir Barrows gekränkt.
    »Ich bin nicht Eure Dame«, fuhr Iome ihn wütend an. »Und wenn Ihr die Worte meines Lords nicht befolgt, dann seid Ihr auch nicht sein Diener, sondern dazu verdammt zu sterben, ihr alle! Eure Kühnheit mag vielleicht meinen Beifall finden, aber ich verdamme Eure Torheit und werde sie bestrafen, wenn ich muß!«
    »Euer Hoheit!« stieß Sir Barrows hervor und ließ sich in Erwartung eines Befehls auf die Knie fallen. Einen Augenblick darauf nahmen die anderen Aufstellung und folgten seinem Beispiel, wenn auch einige langsamer ihre beugten als andere.
    Sie wandte sich an Jureem. »Wieso laufen diese Menschen auf den Straßen herum?« erkundigte sie sich. »Können sie die Stadt nicht verlassen?«
    »Die langsameren Flüchtlinge sind ihnen im Weg«, erklärte Jureem. »Viele der Karren sind schwer beladen, und bei einigen sind Achsen oder Räder gebrochen, so daß jeder ihnen ausweichen muß.«
    Iome wandte sich an die Soldaten, die vor dem Burgtor knieten. »Sir Barrows, schickt auf jede Straße eintausend Mann und laßt sie die liegengebliebenen Karren beiseite räumen. Die notwendigen Reparaturen sollen vorgenommen werden. Und was die Menschen anbetrifft, die sich entschieden haben, weiterhin auf dem Feld zu kampieren, stellt fest, weshalb sie noch hier sind. Haben sie keine guten Gründe für ihr Bleiben, erklärt ihnen, Ihr hättet Befehl, jeden zu töten, der in einer Stunde noch innerhalb von fünf Meilen um die Burgmauer angetroffen wird.«
    »Euer Hoheit«, rief Sir Barrows verblüfft. »Wollt Ihr im Ernst, daß wir sie töten?«
    Seine Einfältigkeit erstaunte Iome. Doch dann fiel ihr ein, wie Gaborn Anfang dieser Woche davon gesprechen hatte, er halte es für falsch, einen, Mann dafür zu töten, daß er töricht war, denn Dummköpfe waren hilflos und auf ewig dem Wohlwollen der Gerissenen ausgeliefert. »Ihr werdet sie nicht töten müssen«, warnte sie. »Der Glorreiche der Finsternis wird das für Euch erledigen.«
    Sir Barrows öffnete den Mund. Plötzlich hatte er begriffen.
    »Wird erledigt, Euer Hoheit.« Er machte kehrt und erteilte Befehle.
    Jureem verneigte seinen dicklichen Körper vor ihr, bis der Ziersaum seines Seidengewandes durch den Staub wischte.
    »Vielen Dank, Euer Hoheit.

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