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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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öffnete das Erkerfenster. Iome lehnte sich über die Fensterbank und schaute hinunter.
    Ein Mädchen von zwölf Jahren in einem braunen Kittel, dem Aussehen nach eine junge Magd, sah Iome und rief: »Hilfe!
    Euer Hoheit, ich hatte gehofft, einen Gardisten des Königs zu finden. Lady Opinsher hat sich in ihren Gemächern eingeschlossen und weigert sich herauszukommen!«
    Lady Opinsher war eine ältliche Freifrau, die in der ältesten und feinsten Gegend der Stadt wohnte. Iome kannte sie gut.
    Sie wußte ganz sicher, daß Gaborn sie bei ihrer Vorstellung anläßlich der Hochzeit Erwählt hatte. Lady Opinsher hatte die Warnung des Erdkönigs ganz gewiß vernommen.
    »Einen Augenblick, ich bin gleich da«, sagte Iome und fragte sich, welcher Ärger sich damit ankündigte.
    Sie und Myrrima eilten die Treppen hinunter in den
    Innenhof. Sir Donnor und die Days schlossen sich ihnen an.
    Verängstigt kletterte das Mädchen auf Myrrimas Stute, dann jagten sie die Tiere durch die Königspforte die Stadt und durch die engen Straßen zu Lady Opinshers Haus.
    Im Reiten hob Iome kurz den Kopf und sah ein Kind in einem offenen Fenster. Es war später Vormittag, wie sie feststellte, und noch immer hatten nicht alle den Anordnungen ihres Gemahls Folge geleistet.
    Beim Haus von Lady Opinsher hielten sie an der
    Tordurchfahrt an, wo weiße Säulen ein Dach über einem ummauerten Innenhof stützten. Vor der Eingangstür des Hauses standen zwei Gardisten in elegant emaillierter Rüstung Wache.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Iome sie. »Solltet Ihr nicht längst aufgebrochen sein?«
    »Wir bitten um Nachsicht«, sagte einer der Posten, ein alter Bursche mit klaren blauen Augen und einem silbergrauen Schnauzbart, der ihm über den Mund herabhing. »Doch wir haben einen Eid geleistet, Lady Opinsher zu dienen, und sie hat uns gebeten, auf unserem Posten zu bleiben. Deswegen haben wir auch das Mädchen geschickt.«
    »Dürfen wir passieren?« erkundigte sich Sir Donnor
    theatralisch, als sei er sich über die Befehle der Gardisten im unklaren. Wenn der Wahn dieser Dame sehr weit fortgeschritten war, hatte sie ihren Bewachern womöglich befohlen, alle Besucher umzubringen.
    »Natürlich«, antwortete der ältere Gardist. Er trat zur Seite.
    Iome stieg ab und eilte unter der Führung des
    Serviermädchens ins Haus.
    Lady Opinshers Haus war weit neuer als der Bergfried des Königs. Die Burg war vor zweitausend Jahren gebaut worden und hatte einem Lord und seinen Rittern dienen sollen, das Haus hier war dagegen weniger als achthundert Jahre alt und in einer Zeit des Wohlstands ohne Hast errichtet worden.
    Zudem war es weit verschwenderischer und prunkvoller als der Bergfried des Königs. Iome fand, daß es eher einem Palast in Tide glich. Durch die Fenster über dem Eingang fiel das Sonnenlicht an einem silbernen Kronleuchter vorbei auf das fein gearbeitete Fliesenmosaik des Fußbodens bis hin in einen großen Saal. Die Wände waren sämtlich aus poliertem Holz getäfelt. Auf hohen Ständern ruhten elegante Lampen.
    Der Diener geleitete Iomes Gefolge eine große Treppe hinauf.
    Iome fühlte sich entsetzlich befangen. Sie trug Stiefel und Reitkleider, dabei glaubte sie, in einem solch eleganten Haus eigentlich das leise Rascheln ihrer Röcke hören zu müssen.
    Dort, im zweiten Stock, führte der Diener Iome zu einer riesigen Eichentür, die mit einer kunstvollen Schnitzerei von Lady Opinshers Wappen verziert war.
    Iome versuchte die Tür zu öffnen, stellte jedoch fest, daß sie verschlossen war, also trommelte sie mit den bloßen Fäusten dagegen und rief: »Im Namen der Königin, macht auf.«
    Als daraufhin keine Reaktion erfolgte, klopfte Sir Donnor fester.
    Iome hörte leise Füße auf Stein scharren, doch noch immer öffnete die Dame nicht die Tür.
    Laut und vernehmlich sagte Iome zu Sir Donnor: »Holt eine Axt, dann werden wir die Tür einschlagen.«
    »Bitte, Euer Hoheit, tut das nicht«, flehte Lady Opinsher.
    Sir Donnor hielt inne, da die Freifrau ihre Tür entriegelte und einen Spaltbreit öffnete. Die Frau war nicht mehr jung, ihr Gesicht von Falten zerfurcht, aber sie besaß noch immer eine schlanke Figur. Da ihre Gabe der Anmut unangetastet war, stellte die Freifrau eine gutaussehende Dame dar, auch wenn sie während der letzten drei Jahre selten aus dem Haus gekommen war.
    »Was kann ich für Euch tun, Euer Hoheit?« fragte die Freifrau mit einem steifen Knicks.
    »Ihr habt die Warnung des Erdkönigs vernommen?« fragte

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