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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Augenblick war sie so wütend, daß sie ihm am liebsten einen Pfeil in den Rücken gejagt hätte.
    Die Frau aus Fleeds riß sie aus diesen Gedanken. »Macht wegen dem kein trauriges Gesicht. Die Sorte kenne ich. Er wird überall herumerzählen, für ein Abendessen habe er mit Euch machen können, was er wollte, dann sei er gestolpert und mit dem Kopf auf einen Stein geschlagen.«
    »Wir sollten einen Arzt holen gehen«, sagte Myrrima. »Ich bin nicht sicher, ob er es bis zurück ins Lager schafft.«
    Die Pferdefrau widersprach: »Das gibt bloß Streit. Wenn Ihr Eure Ehre wiederherstellen wollt, dann jagt ihm einen Pfeil in den Rücken – jetzt!«
    »Nein«, erwiderte Myrrima.
    »Dann laßt ihn gehen.«
    Myrrima runzelte die Stirn. Sie hielt sich nicht für ein Muster an Tugend, trotzdem hätte sie nie gedacht, daß sie einen Verwundeten sich selbst überlassen würde.
    Ich sollte verdammt wütend auf diesen gemeinen Lumpen sein und ihm keine Träne nachweinen, dachte sie. Myrrima festigte ihren Entschluß. Sollte sie tatsächlich in den Krieg ziehen, würde sie dort Schlimmeres zu sehen bekommen als einen Mann, der mit einer Beule am Schädel herumwankte.
    »Danke«, sagte Myrrima zu der Reiterfrau. »Ich kann mich glücklich schätzen, daß Ihr zufällig des Wegs gekommen seid.«
    »Oh, ich bin nicht zufällig vorbeigekommen«, meinte die Frau aus Fleeds. »Ich befand mich hinter den Ausläufern jenes Hügels dort, als der Erdkönig mir mitteilte, hier brauche jemand Hilfe.«
    »Oh«, machte Myrrima überrascht.
    Die Pferdefrau musterte Myrrima unverhohlen. »Ihr seid ein hübsches Ding. Welche Gaben besitzt Ihr?«
    »Zwei der Anmut, eine der Geisteskraft«, antwortete Myrrima.
    »Was seid Ihr? Hochgeboren oder eine reiche Hure? Auch wenn ich zwischen beiden keinen großen Unterschied
    erkennen kann.«
    »Hochgeboren…«, antwortete Myrrima und hielt inne, denn es war gelogen, »gewissermaßen. Ich heiße Myrrima. Mein Gemahl gehört der Königsgarde an.«
    »Laßt Euch von ihm das Bogenschießen beibringen«, riet ihr die Frau, die aus ihrer Abscheu vor den Nordländern und deren einfältiger Art keinen Hehl machte. Sie machte kehrt, als wolle sie den Hang hinauf unter die Bäume gehen.
    »Wartet!« bat Myrrima sie.
    Die Frau drehte sich um.
    »Mit wem habe ich das Vergnügen?« Myrrima fand, ihr Benehmen klang viel zu geziert, zu vornehm für eine so ungebildete Frau.
    »Erin, Erin vom Clan der Connal.«
    Sie war eine Prinzessin, die Tochter der Erhabenen Königin Herrin der Roten.
    »Tut mir leid, wegen Eures Vaters«, sagte Myrrima, da ihr nichts anderes einfiel. Vor mehreren Tagen war in Heredon die Nachricht eingetroffen, Raj Ahten habe den Erhabenen König Connal gefangengenommen und bei lebendigem Leib an Frowth-Riesen verfuttert.
    Lady Connal nickte bloß, ihre grünen Augen funkelten. Sie hätte eine abfällige Bemerkung über ihren Vater machen, seine Tapferkeit im Krieg herabwürdigen können. Derartige Herabsetzungen galten in ihrem Land als Bescheidenheit. Sie hätte durch irgend etwas ihre Liebe zu ihm andeuten können.
    Die Liebe eines Kindes für seinen Vater galt ebenfalls als achtbare Empfindung. Sie tat weder das eine noch das andere.
    »Viele Krieger sind gestorben«, war alles, was sie antwortete.
    »Männer sowohl als Frauen. Die Toten sind es, die sich glücklich schätzen können. Es gibt Schlimmeres als den Tod.«
    Sie bückte sich und hob Myrrimas Bogen und Köcher auf, legte einen Pfeil auf, zog den Schaft ganz zurück und ließ los.
    Der Pfeil schlug in der Mitte der Zielscheibe auf dem Heuschober ein.
    Sie gibt an, erkannte Myrrima. Sie will, daß ich sie respektiere.
    Dreißigtausend Krieger aus Fleeds waren gezwungen
    worden, sich in Raj Ahtens Armee zu verdingen. Der Wolflord besaß so viele Gaben der Anmut und der Stimmgewalt, daß nur wenige seinen Überredungskünsten widerstehen konnten.
    Plötzlich verstand Myrrima Erin Connal. Sie war stolz auf ihren Vater, stolz, daß er tot war und man ihn nicht zum Frontwechsel hatte veranlassen können.
    Noch einen winzigen Augenblick zuvor hätte Myrrima
    Angst gehabt, diese Edelfrau um eine Gefälligkeit zu bitten.
    Doch als sie Erins Verlegenheit gewahrte, erkannte sie auch das Menschliche dieser Frau. Wir sind gar nicht so
    unterschiedlich, stellte sie fest.
    »Prinzessin Connal, könnt Ihr mich nicht unterrichten?«
    fragte sie.
    »Wenn Ihr imstande seid zu lernen«, erwiderte Connal.
    »Aber zuerst werdet Ihr lernen müssen, mich

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