Schattenherz
sie sich ganz bestimmt.«
Bessahan erstarrte reglos. Sein Herz pochte. Er hatte angenommen, er sei hinter drei Personen her. Jetzt sah es ganz so aus, als gäbe es noch eine vierte. Sein Lord bezahlte ihn für seine Morde nach Ohren. Er wollte das Ohr dieser vierten Frau.
Wenn sie nach ihnen suchte, würde es vermutlich nicht mehr lange dauern, bis sie ins Lager gestolpert käme. Selbst wer nicht die Nase eines Wolflords hatte, mußte dieses Feuer riechen.
Bessahan beschloß, sich zurückzuziehen und abzuwarten.
Doch während er sich windend auf dem Bauch nach hinten kroch, wieder zurück über den Rand der Erhebung, stieß er gegen etwas Festes.
Er sah sich um und hob den Kopf. Eine nackte Frau mit dunkler Haut blickte blöde lächelnd auf ihn herab. Das vierte Ohr.
»Hallo?« fragte er leise und hoffte, sie würde nicht vor Schreck losschreien.
»Hallo?« erwiderte sie flüsternd.
War sie vielleicht schwachsinnig? überlegte er kurz. Dann kniete sie sich hin und betrachtete ihn eingehend. Im trüben Licht, das von den Ästen über ihren Köpfen zurückgeworfen wurde, konnte er sie kaum erkennen. Langhaarig und wohlgeformt.
Er war zu lange ohne eine Frau gewesen. Er beschloß, sich mit ihr zu vergnügen, bevor er sie tötete. Rasch langte er nach oben, schlug ihr eine Hand über den Mund und versuchte sie herunterzuziehen.
Doch sie war stärker, als sie aussah. Statt auf ihn zu fallen, packte sie einfach seine Hand und schnupperte mit einem Ausdruck reiner Verzückung daran, als handelte es sich um einen Strauß Blumen.
»Blut«, sagte sie sehnsüchtig, den Geruch seiner Wunde witternd. Dann biß sie ihm ins Handgelenk, und er spürte einen explosionsartigen Schmerz. Mit einem einzigen Biß trennte sie Sehnen und Bänder glatt durch; Blut schoß aus einer Arterie und spritzte wie eine Fontäne in die Höhe.
Er wollte seine Hand zurückziehen, doch die Frau hatte ihn fest gepackt. Er hatte drei Gaben der Muskelkraft zu seinen Gunsten, also zog er kräftig und versuchte sich loszureißen.
Die Knochen in seinem Handgelenk brachen, als er es verdrehte, doch noch immer hielt sie ihn fest. Mit einem Schlag wurde ihm klar, daß das, was er für Fingernägel gehalten hatte, überhaupt keine Fingernägel waren – es waren Krallen oder Klauen! Das war keine gewöhnliche Frau!
Sie öffnete mit einem Ausdruck freudigen Erstaunens den Mund und sah zu, wie das Blut aus seiner Wunde spritzte.
Bessahan riß seinen Khivar, in der Absicht, ihr die Kehle durchzuschneiden, in einem tödlichen Streich nach oben. Die dünne Stahlklinge verhakte sich in ihrer Haut, und trotz seiner Gabe der Muskelkraft drang ihre Spitze kaum ein. Statt dessen brach die Klinge sauber ab, und die Frau hatte ihn ganz in ihrem Griff.
Sein Gesicht und seine Hände waren überall mit Blut verschmiert. Jetzt kniete die Frau nieder, als wollte sie ihm das Gesicht ablecken.
Er sträubte sich, doch die Frau drückte ihn zu Boden und leckte ihm mit rauher Zunge das Blut vom Gesicht. Er wehrte sich, als sie daranging, an seinem Kinn zu knabbern und zu nagen wie ein junges Kätzchen, das noch nicht gelernt hat, die Maus zu töten, die es fressen will. Er kämpfte, bis sich die Zähne der grünen Frau in seine Kehle schlugen.
Dann erlahmten seine Bemühungen, auch wenn seine Beine noch lange nach Erlöschen seines Bewußtseins um sich traten und zuckten wie die eines rennenden Mannes.
Es war bereits kurz vor Morgengrauen, als die grüne Frau im Lager eintraf. Roland hatte fest geschlafen, da spürte er plötzlich ihre Berührung, und sie legte sich neben ihn.
Averan lag wie ein Löffel an seinen Bauch geschmiegt, und die grüne Frau versuchte, sich hinter Rolands Rücken niederzulassen.
Sie zitterte vor Kälte. Das Feuer war erloschen und nur mehr ein Häufchen rauchender Asche. Während der letzten Stunde hatte sich Schnee unter den Regen gemischt.
Roland schlief unter einer Decke und seinem neuen Umhang aus Bärenfell. Er wachte halb auf, nahm den Mantel und deckte ihn schützend über ihre nackte Haut, dann drängte er sie mit ein paar geflüsterten Worten und Bewegungen, zu ihm und Averan unter die Decke zu kriechen.
Die grüne Frau, als sei sie nicht ganz sicher, was er wollte, gehorchte zögernd. Nachdem er sie zwischen sich und dem Kind liegen hatte, wo ihre beiden Körper sie wärmen würden, legte Roland sogar noch den Arm über sie.
Minuten später hatte sie zu zittern aufgehört und schmiegte sich behaglich an ihn.
Im langsam
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