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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Jeremias hinzu. »Vor seinem Tod hat er den Schmerz eines Zwingeisens gespürt.«
    »Er hat seinen Stoffwechsel abgetreten«, krächzte ein anderer Bursche, als sei er krank und könne kaum sprechen. »Alle haben eine Gabe des Stoffwechsels abgetreten. Ich sah zwanzig Lords in einem Zimmer. Der Schein der Zwingeisen stand in der Luft wie glühendes Gewürm, und Männer schrien auf vor Schmerz, als diese sie berührten.«
    »Das stimmt, sie hatten einen Ring gebildet. Einen
    Schlangenring, um gegen Raj Ahten kämpfen zu können«, pflichtete ihm ein kluger Kopf bei.
    »Er wollte seinen Sohn verschonen«, sagte Jeremias, »jetzt erinnere ich mich. Prinz Orden war nach… irgendwohin aufgebrochen, um Verstärkung zu holen, und stand gerade im Begriff, eine Armee nach Longmot zu führen. König Orden wurde verwundet und konnte nicht weiterkämpfen, also warf er sein Leben fort, in der Hoffnung, den Schlangenring aufzubrechen und auf diese Weise seinen Sohn zu retten.«
    Daraufhin nickten viele der klugen Köpfe des Königs. Früher einmal waren Roland und ein paar Freunde als Kinder in eine alte Ruine geklettert, das Gutshaus eines Lords. In längst vergangenen Zeiten hatte dort ein Mosaik aus bunten Fliesen den Fußboden geziert. Roland und seine Freunde hatten einen ganzen Vormittag damit verbracht, die Fliesen zusammenzusetzen und zu erraten, wen das Bild darstellte. Es handelte sich um einen Wasserzauberer, der gemeinsam mit einigen Delphinen ein Ungetüm aus der Tiefe des Ozeans bekämpfte.
    Jetzt beobachtete er, wie die klugen Köpfe des Königs, jeder für sich, die Mosaikstücke aus Ordens Gedächtnis zur Hand nahmen und versuchten, sie zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen.
    Ein anderer Mann schüttelte verwirrt den Kopf. »Auf Longmot befindet sich ein gewaltiger Schatz. Sämtliche Könige des Nordens werden ihn in ihren Besitz bringen wollen.«
    »Pssst…«, zischten mehrere andere übereinstimmend.
    »Sprecht davon nicht in aller Öffentlichkeit!«
    »Orden hat für die Befreiung Heredons gekämpft!« schrie einer der klugen Köpfe des Königs den Burschen an, der von dem Schatz gesprochen hatte. »Er wollte keinen Schatz. Er hat für das Land und das Volk gekämpft, das er liebte!«
    Anschließend, während die klugen Köpfe nachdachten, war es eine ganze Weile nur noch völlig still. Kein einziger von ihnen konnte sich an alles erinnern, was Orden gewußt hatte.
    Ein Bruchstück hier, ein Brocken da. Ein Bild, ein Gedanke, ein einzelnes Wort. Die Einzelteile waren vorhanden, doch obwohl die klugen Köpfe des Königs ihr Bestes gaben, waren sie kaum in der Lage, die einzelnen Stücke zusammenzufügen.
    Denn einige fehlten – jene Erinnerungen, die Orden mit ins Grab genommen hatte.
    Ein König war gestorben.
    Roland dachte darüber nach, worin seine Pflicht bestand, und erkannte es schließlich. Sein König war in Heredon gestorben.
    »Was ist mit Prinz Orden?« rief Roland. »War irgend jemand hier Übereigner des Prinzen?« Roland hatte diesen Prinzen nie zu Gesicht bekommen und wußte nur deshalb von seiner Existenz, weil Sera Crier ihm von ihm erzählt hatte. König Orden hatte erst eine Woche, bevor Roland zum Übereigner geworden war, geheiratet.
    Roland wartete mehrere Herzschläge lang. Niemand
    antwortete. Keiner der Übereigner des Prinzen war wiederhergestellt worden.
    Roland ließ Sera Crier los und bahnte sich seinen Weg durch die Menschenmenge, mit dem Ziel, sich zu einem Boot durchzuschlagen. Er wollte so schnell wie möglich verschwinden. Die klugen Köpfe des Königs brauchten vielleicht noch Stunden, um ihre betrübliche Geschichte zu erzählen. In wenigen Augenblicken jedoch würden andere unter den Wiederhergestellten versuchen, in größter Hast aufs Festland zu ihren Lieben zu gelangen. Er wollte eher bei den Booten sein als die anderen.
    Sera packte ihn am Ärmel und hielt ihn zurück. »Wo wollt Ihr hin?« fragte sie. »Wann kommt Ihr zurück?«
    Er warf einen Blick nach hinten in die Menschenmenge und sah Seras bleiches, mitgenommenes Gesicht. Er war sich darüber im klaren, daß seine Antwort, ganz gleich, wie behutsam er sie vorbrachte, in ihren Ohren nicht freundlich klingen würde, daher erklärte er in aller Offenheit: »Ich weiß nicht, wohin ich gehe. Ich… ich will einfach fort von hier. Und ich komme auch nicht mehr zurück.«
    »Aber…«
    Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. »Du hast mir sehr geholfen, viele Jahre lang.« Roland wußte, die Menschen

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