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Schatteninsel

Schatteninsel

Titel: Schatteninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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ist …«
    Dass er zusammengebrochen ist, als herauskam, welchen Blödsinn er in seinem Buch geschrieben hat. Meine liebe Ina, ich war dabei.
    »… der, dass Markus einer wichtigen Familie angehört. Sein richtiger Vater stammt von dieser Insel.«
    Ach, der schwarzäugige Mann auf dem Foto? Ina, ich weiß Bescheid, geh mir nicht auf die Nerven, sag mir einfach, wann Miro und ich wegfahren können.
    »Ich habe das alles in Markus’ Papieren gelesen, als ich herkam, um ihn zu pflegen«, fuhr Ina fort. »Da gibt es Fotos und alles Mögliche. Als Markus einen Monat alt war, hat Lisa mit ihm die Insel verlassen. Sie war ein böser, egoistischer Mensch. Du begreifst nicht, wie schwer sie gesündigt hat, indem sie Markus seine wahre Herkunft verschwieg. Wie viel Kummer sie diesen Menschen bereitet hat.«
    Diesen Menschen? Nun erinnerte sich Jenni, dass sie mehrere Personen im Zimmer gesehen hatte. Sie blickte auf. Miro saß auf einem Stuhl zwischen zwei Männern. Als sie seinen verängstigten Blick sah, versuchteJenni wieder zu sprechen, hörte aber nur ein Pfeifen in ihrer Kehle. Die Gesichter der Männer neben Miro waren irgendwie merkwürdig. Jenni versuchte genauer hinzuschauen, doch ihr Blickfeld verschwamm. Die Gesichter erinnerten an die Figuren in den Zeichentrickfilmen, die Miro morgens manchmal sehen durfte, obwohl er danach immer stundenlang unruhig war. Vielleicht waren es Masken aus Pappmaché. Etwas Ähnliches hatte sie gesehen, bevor die Windschutzscheibe zerschlagen wurde. Ganz sicher war sie sich allerdings nicht, denn ihr Gehirn funktionierte nicht einwandfrei.
    »Als Markus dann den Unfall hatte, haben die wahren Gläubigen ihren Propheten wieder verloren. Markus hatte die Sprache verloren, er konnte nicht predigen.«
    Markus wäre ein guter Prediger, er hat schon als Junge diese Geschichten von Strandwächtern erfunden, die eine Meerjungfrau …
    »Aber dann hat er schließlich erzählt, dass er einen Sohn hat.«
    Aber das geht dich nichts an, Ina, denn der Sohn ist meiner. Du kannst für diese Krummnasen die Maria Magdalena sein, aber mein Kind gehört …
    »Miro würde es hier so gut haben. Das weißt du selbst. Niemand würde ihn hänseln oder abweisen. Er könnte Privatunterricht bekommen. Er würde immer versorgt sein, auch dann, wenn du zu alt bist, dich um ihn zu kümmern. Denk doch mal nach.«
    Jenni dachte nach.
    Die Anstrengung war zu groß, deshalb schloss sie die Augen und ließ das Licht, Inas Stimme und alles los. Sank langsam nach unten, bis sie im Schlamm lag, wo sie an nichts zu denken brauchte.Als Jenni das nächste Mal erwachte, hörte sie Miros Geträller.
    Sie öffnete vorsichtig die Augen und drehte den Kopf. Das Licht brannte.
    »Schau mal, Mutti.«
    Es fiel Jenni schwer, doch sie sah ihn an.
    »Ich bin wie Vati«, sagte der Junge und spielte mit seiner schwarzen Krawatte. Sie war viel zu lang, man hätte sie neu binden müssen. »Ich darf predigen.«
    Jenni streckte die Hand aus und streichelte Miros Schulter, obwohl die Bewegung eine Schmerzwelle auslöste, die sich über den Arm in die Wirbelsäule und den Hinterkopf ausbreitete.
    Toll , wollte sie sagen, doch sie konnte es nicht.
    Jemand stand an der Tür. Ständige Bewachung.
    Jenni versuchte Miros Jacke zu fassen, aber ihre Finger waren kraftlos.
    »Ich erzähl dir später, wie es war«, sagte Miro und ging.
    Die Tür schloss sich. Jenni sank wieder auf den Grund.
    Jemand stützte Jennis Kopf und flößte ihr eine bittere Flüssigkeit ein. Sie hustete, drehte den Kopf abwehrend hin und her und streckte die Zunge heraus. Inas sanfte Stimme behauptete, alles geschehe nur zu ihrem Besten. Schließlich kapitulierte Jenni und schluckte das Getränk. Ihr Kopf wurde auf das Kissen gelegt.
    Ina ging und zog die Tür hinter sich zu. Aber es war noch jemand im Zimmer. Jenni blickte sich um.
    Aaron saß auf einem Stuhl und tippte auf seinem Handy. Als hätte er nicht gemerkt, dass Jenni wach war. Seine Stirn war gefurcht, der Blick auf das Display geheftet.
    Jenni hustete noch einmal. Ein unwillkürliches, erbärmlich schlappes Hüsteln.
    Aaron blickte auf und steckte das Handy in die Brusttasche. Eine vertraute Bewegung, hundertmal, tausendmal gesehen. Diesmal war sie jedoch langsamer, vorsichtiger. Aaron beugte sich vor und faltete die Hände. Sie zitterten. Ein winziges Zittern, aber Jenni sah es.
    »Wie geht es dir?«
    Jenni piepste kläglich. Hoffentlich machte das Geräusch Aaron klar, dass es ihr nicht besonders gut

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