Schattenjäger
sagte Zamara in seinem Geist. Aber er wusste – und damit wusste auch sie es –, dass jede Warnung dieser Art längst zu spät kam.
KAPITEL VIERZEHN
Sie gestanden Rosemary etwas Schlaf zu, und dann begann die ernsthafte Planung. Es wurden Karten gezeichnet, die meisten aus Zamaras Gedächtnis heraus, detailliert, perfekt und in präzisem Maßstab.
Trotz allem, was sie bereits miterlebt hatte, empfand Rosemary Bewunderung. Sie sah und hörte aufmerksam zu und beobachtete Jake am genauesten von allen. Sie wünschte, sie wüsste, wonach man in einem Protoss suchen musste, aber auch wenn sie eine geübte und scharfe Beobachterin der menschlichen Natur war, hatte sie doch nie gelernt, Aliens zu analysieren. Nur Terraner.
Jake hatte sich seit ihrer ersten Begegnung auf der Gray Tiger sehr verändert – und das nicht zum Schlechteren. Sie war zu dem Zeitpunkt nicht allzu beeindruckt von ihm gewesen, und auch danach lange nicht. Es hatte Rosemary etwas überrascht, als er den Code geknackt und einen Weg ins Herz des Tempels gefunden hatte, und ihr Respekt für ihn war um ein paar Grade gestiegen. Er hatte die Verschmelzung einer fremden Intelligenz mit seiner eigenen geradezu schockierend gut gemeistert. Sie glaubte nicht, dass sie selbst sich so zügig und reibungslos darauf eingestellt hätte.
Was Zamara an Bord des Schiffes mit Mark tat, hatte ihm jedoch nicht gefallen, und an dem Punkt hatte Rosemary erkannt, dass sie sowohl die Protoss in ihm respektierte und verstand als auch ihn, den Mann, der sie beherbergte.
Zamara hatte getan, was getan werden musste, und sie hatte nicht gezögert. Und als Zamara und Jake sich vereint hatten, um Randall so gekonnt auszuschalten… nun, sie war nicht gerade verärgert darüber gewesen, die beiden als Rückendeckung zu haben. Ihn. Zamara. Sie beide…
Verdammt, es war aber auch verwirrend.
Rosemary fröstelte unvermittelt, und der Schweiß brach ihr aus allen Poren. Ihr war kalt und ihre Haut klamm, trotz der schwülen Wärme des aiurschen Nachmittags. Jake/Zamara sprach in ernstem Ton mit Ladranix, dabei auf eine bestimmte Stelle der Karte deutend, die er in den Boden gekratzt hatte. Ladranix hockte vorne über gebeugt neben dem Terraner, und seine leuchtend blauen Augen folgten Jakes Finger.
Gott sei Dank – oder welcher zuhörenden Gottheit auch immer, vielleicht auch einfach nur ihrer eigenen Sturheit – hatte sie unmissverständlich klargemacht, dass sie nie ohne ihre ausdrückliche Einwilligung in ihren Gedanken lesen durften.
Sie brauchte wieder Prinzipien. Sie hatte versprochen, Jake binnen sechs Stunden zum Treffpunkt zu bringen. Aber das würde sie nicht tun. Als sie dieses Versprechen abgab, war sie körperlich am Ende gewesen, gefoltert von Schmerzen, die sie sich bis dahin nicht einmal hatte vorstellen können.
Aber sie hatte auch nicht gelogen. Sie hatte versprochen, Jake – und mit Zamara – an ihren geheimnisvollen Gönner auszuliefern, und es war ihr mit jedem Wort dieses Versprechens ernst gewesen. Und Alzadar hatte an den Wahrheitsgehalt geglaubt und ihr die Gnade des Sonnentropfens auf ihrer Haut erwiesen und sie gehen lassen.
Der Plan hatte vorgesehen, ihnen zu sagen, der Weg wäre frei. Jake, Ladranix und den anderen weiszumachen, dass sie ungehindert in die Höhlen vordringen konnten. »Du bist jetzt eine von uns, eine Schwester des Sonnentropfens, Rosemary Dahl«, hatte Alzadar ihr versichert, während er ihr die Salbe in die Handgelenke rieb und sie vor Erleichterung und Ekstase weinte. »Der Xava’tor ist gnädig. Er hat keinen Grund, jenen, die ihm helfen, zu schaden. Wer hätte geahnt, dass sich in der Zukunft abermals ein Terraner als hilfreich erweisen würde? Bring uns die Bewahrerin und ihre Verbündeten, und der Sonnentropfen wird dir zur freien Verfügung stehen.«
Aber trotz des herrlichen Gefühls, das noch immer über ihre Haut und durch ihr Blut kribbelte, waren die Worte, die Rosemary Dahl während ihrer »Rettung« über die Lippen kamen, keine, die sie freiwillig ausgesprochen hatte. Sie hatte die anderen davor gewarnt, die Höhlen zu betreten.
Jetzt verfluchte sie den Impuls, Jake und Zamara zu beschützen. Ethan hätte das nicht getan.
Der Gedanke an Ethan verfinsterte ihre Miene. Sie hatte ihn so lange bewundert und respektiert. Sein Mangel an Loyalität hatte sie amüsiert und erfreut, bis diese mangelnde Loyalität sich gegen sie gerichtet hatte wie ein Suchscheinwerfer gegen einen ausgebrochenen Sträfling.
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