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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Pistole steckte ich weg und legte die Hand auf das Schloss. Ein kurzer Energiestoß fuhr aus der Narbe, und schon quietschte das Metall und brach entzwei. Ich nahm das Vorhängeschloss ab und warf es fort, dann griff ich wieder nach meiner Waffe.
    Vorsicht ist besser als Nachsicht.
    Ich trat einen Schritt zurück. „Rauskommen“, rief ich und stellte mich auf Maschinengewehre, Zombies, Scurf oder sonstwas ein, was eine Jägerin an einem ohnehin beschissenen Tag beehren könnte.
    Auf alles war ich gefasst, nur nicht auf das, was sich mir darbot. Hinter der dicken, schweren Holztür erschallte noch mehr Wimmern. Das Weinen von Frauen. Trotzdem hielt ich die Kanonen weiter auf den Eingang gerichtet. Man durfte eine Situation niemals unterschätzen, und ich war hier ganz alleine. Hoffentlich hat Saul im Barrio Erfolg.
    Die Tür knarrte, offenbar machte sich jemand auf der anderen Seite daran zu schaffen.
    „Gottverflucht!“, brüllte ich. „Jetzt kommt verdammt noch mal da raus, oder meine Knarren und ich kommen rein!“
    Wieder dieses verängstigte Schluchzen, und dann drehte jemand mit Wucht am Türknauf. Die Dunkelheit dahinter wurde breiter, während die Tür aufschwang und meine Finger sich um den Abzug spannten.
    Auf einmal trat eine blinzelnde, nackte Frau hervor. In den Händen hielt sie ein langes Stück Holz, das als Waffe ungeheuer nutzlos aussah. Und für einen der längsten und außergewöhnlichsten Augenblicke meines Lebens (und das will was heißen) standen wir uns auf dem riesigen Fliesenboden gegenüber, über uns der sachte klimpernde Kronleuchter, für den Jonte ein Vermögen bezahlt haben musste.
    Sie hatte die dunklen Augen weit aufgerissen und kurzgeschnittenes Haar, außerdem konnte sie nicht älter als achtzehn sein. Obendrein war sie die Erste, die sich von ihrem Schock erholte, als ein zweites Mädchen – ebenso nackt und ebenso jung, oder sogar jünger – zwinkernd ins Licht trat.
    „Sind Sie eine von denen?“, wollte die Erste wissen. „Wenn Sie zu denen gehören, dann schwör ich Ihnen, ich bringe Sie um!“
    Ganz schön mutig von ihr, wenn man bedachte, wie ich auf sie wirken musste. Immerhin war ich bewaffnet, strotzte vor roher Gewalt, war blutverschmiert und bereit, jeden aus dem Weg zu räumen, der mir in die Quere kam.
    Was bitte hat das nun wieder zu bedeuten? Ich starrte die beiden an. „Was zum Teufel soll das?“ Was Besseres fiel mir nicht ein. Dann kam ich wieder einigermaßen zu mir. „Jonte hab ich eben ins Jenseits geschickt. Was um alles in der Welt habt ihr in seinem Keller verloren?“
    Jetzt schob sie die Schultern zurück und reckte das Kinn leicht vor. Hinter ihr waren noch immer Geräusche. Mehr Frauen? Nackte Frauen? „Meinen Sie etwa, wir haben uns zum Spaß da unten in der Dunkelheit einsperren lassen?“ Dabei hob sie ihren Holzknüppel, und plötzlich fiel mir ein, dass ich noch immer auf sie zielte.
    Langsam ließ ich die Waffen sinken. Und dann schwante mir auf einmal Übles. „Ist jemand von euch vielleicht schwanger?“
    „Was?“ Sie glotzte mich fassungslos an, was uns einen weiteren recht bizarren Moment bescherte. „Sind Sie high, verdammte Scheiße?! Wir hocken schon seit Wochen da unten!“
    Nun beschloss ich, dass es wohl ein günstiger Moment sei, meine Kanonen wegzustecken. „Vor einer Minute hab ich den Zuhälter getötet, dem diese Bude gehört“, sagte ich. „Lasst uns die Polizei rufen und euch Ladys was zum Anziehen suchen.“
    Sie blickte mich mit solchem Misstrauen an, dass es schon fast eine Beleidigung gewesen wäre, hätte ich nicht vermutet, dass ich soeben den Grund dafür gefunden hatte, weshalb der Rotschopf Jonte am Leben gelassen hatte. In drei Tagen wollte sie den Namenlosen beschwören, und die jungen Mädchen wurden hier im Haus des Zuhälters gefangen gehalten und gemästet wie Zuchthasen.
    Oh, Gott. Und was sie als Nächstes sagte, überzeugte mich davon, dass ich recht hatte. Sie blickte mich an, als wäre ich ihrem persönlichen Albtraum entsprungen.
    „Sie sind es“, wisperte die Kleine. „Sie sind die, die uns gekauft hat.“
    „Ich kaufe keine Menschen. Und genauso wenig verkaufe ich welche.“ Mein Ton war ein wenig schärfer als gewöhnlich, und der Lüster über unseren Köpfen fing an zu schwanken. Anscheinend war auch meine Miene ziemlich grausig, denn das Mädchen riss den Mund auf und ließ ihren Zahnstocher fallen, der geräuschvoll auf die Fliesen knallte.
    Zum Glück trug ich nicht mein Armband,

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