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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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einzufangen und dann auch noch dazu zu bringen, einer getürmten Sorrow einen Gefallen zu tun, würde ein ganz besonderes Bestechungsgeschenk erfordern. Abscheulich, sinnlos, verrückt, aber dennoch – es steckte System dahinter. Es war eine Theorie, mit der man arbeiten konnte.
    Jetzt musste ich nur noch lange genug am Leben bleiben, um auch den Rest herauszufinden und der Sache ein Ende zu setzen. Finsteres Brüten würde da nichts nutzen – und der Gedanke, dass die abtrünnige Sorrow Jonte eigenhändig getötet hätte, sobald sie erfahren hätte, dass er seinen Jungs erlaubt hatte, sich an ihren Opfergaben zu vergehen, war zwar amüsant und wohltuend, aber half mir auch nicht weiter.
    Ich duckte mich unter dem Tor durch und lief die Einfahrt hinauf, meine Beine lechzten förmlich danach, einfach wegzurennen. Entscheide dich für eine Richtung, Kiss. Du brautfist einen Plan, mach um Himmels willen keine Dummheiten und renn wie ein Kaninchen einfach los. Dieses Biest ist schnell, es ist tödlich, andererseits hast du das Mal, die Peitsche, die Kanonen und deine Messer … die alle einen Scheißdreck nützen, wenn es dir erst mal zu nahe kommt. Alles, was dich jetzt noch retten kann, ist dein kluges Köpfchen.
    Das Stadtviertel hier war kein guter Platz, um in eine Falle zu tappen. Aber wenn ich den Weg über den alten Highway nahm und eine Weile rannte, würde ich schließlich am äußeren Rand des Barrio ankommen, wo das nachtschwarze Gewirr von Straßen und Gassen anfing. Ich kannte dieses Labyrinth, kannte einige gute Verstecke und Abkürzungen.
    Wer sich ins Barrio wagte, musste damit rechnen, nicht wieder lebend rauszukommen. Trotzdem – wenn es darum ging, getötet zu werden oder aber das Ding, das mir auf den Fersen war, zu töten, würde mein Selbsterhaltungstrieb die richtige Entscheidung fällen. Da war ich mir sicher.
    Das Vieh kam immer näher. Hatte nun schon unheimlich weit aufgeholt. Der Nachtwind trug die ersten Spuren seines Geruchs herbei, ein grauenhafter Gestank, der einem die Haare zu Berge stehen ließ. Gänsehaut überzog meinen Körper.
    Dieses Monstrum hat dich schon einmal fast umgebracht. Diesmal hast du noch nicht mal den Stab, und es ist so schnell. Zu beschissen schnell! Oh Gott, oh Gott.
    Ich befahl dem Hasenfuß in mir die Klappe zu halten, erreichte die Straße und legte einen Zahn zu, während mein Mantel hinter mir herwehte und ich den sauren Geschmack von Angst auf der Zunge schmeckte.

23
     
     
    Es macht mir nichts aus, wenn man auf mich schießt. Nicht, dass es mir gefallen würde, ganz bestimmt nicht, und ich lasse es auch nicht auf Biegen und Brechen drauf ankommen. Aber es macht mir nichts aus. Messer scheren mich auch reichlich wenig, das Gleiche gilt für Schlagringe. Ich nehme es noch nicht mal krumm, wenn mich jemand in eine Falle lockt und versucht, mich ins Jenseits zu befördern.
    Schließlich bin ich Jägerin, und das bringt der Job mit sich.
    Aber, bei Gott dem Allmächtigen, ich hasse es abgrundtief, gejagt zu werden. Ich verabscheue es , wie ein gehetztes Reh in Panik davonzulaufen und immerzu nach der besten Route Ausschau halten zu müssen, um dem sicheren Tod zu entgehen.
    Mit aller Entschlossenheit zapfte ich das kalte, pochende Mal an meinem Handgelenk an und erhöhte mein Tempo noch weiter. Aber obwohl ich einen Deal mit der Hölle geschlossen hatte und viel mehr leisten konnte als jeder normale Mensch, machte ich auf der Merced Street nahe dem Plaza Centro beinahe schlapp.
    Das Plaza Centro ist nicht wirklich ein Einkaufszentrum, sondern lediglich ein entkernter fünfstöckiger Bau, der eine Unzahl winziger Läden, Geschäfte, in denen Anhänger von Voodoo, Santeria und ähnlichen Kulten alles finden, was sie brauchen, und Bodegas beherbergt. In seiner Mitte ragt ein riesiger Brunnen auf, der zu jeder Tages- und Nachtzeit von Menschen umlagert wird. Das Gebäude nimmt einen ganzen Straßenblock ein und war ursprünglich einmal ein Bahnhof, bevor das Barrio sich über die Grenzen der alten Slums ausbreitete und ihn in seinen Besitz nahm.
    Nirgends sonst in der Stadt gibt es so viele Werwesen wie hier. Etwas, das derart stank und so offensichtlich auf ein Gemetzel aus war, würde hier sicherlich einiges Aufsehen erregen. Und auch wenn mir der Gedanke missfiel, den Wendigo durch eine so belebte Gegend zu lotsen und damit das Leben Unschuldiger zu gefährden, gefiel mir die Vorstellung, in einer einsamen Straße schutzlos den Tod zu finden, noch weniger.

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