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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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anders.

24
     
     
    Ich war noch nie so froh gewesen, wieder in meinen eigenen vier Wänden zu sein. Im ganzen Lagerhaus knackte und hallte es, als ich mich auf die Couch fallen ließ, während ich ein wachsames Auge auf Belisa hatte, die sich mir gegenüber in einen Sessel setzte. Ihr gesundes Auge schenkte mir einen bösen Blick, während sie sich auf das andere einen Beutel mit Eis drückte – zumindest solange sie ihr neugieriges Begutachten meiner Einrichtung unterbrach.
    Zweifellos war sie auf der Suche nach kleinen Informationshäppchen über mich, um mich später besser manipulieren zu können.
    Direkt hinter ihr stand Perry. Wie immer wirkte er wie aus dem Ei gepellt, die ersten beiden Knöpfe seines weißen Hemds hatte er aufgeknöpft, und seine Schuhe erstrahlten in makellosem Glanz. Auf seine nichtssagende Art wirkte er höchst selbstzufrieden.
    Belisa bewegte sich mit äußerster Vorsicht, ihr blaues Seidenkleid war verknittert und ihre Schuhe verdreckt. Wahrscheinlich hatten die beiden sich einen höllisch harten Kampf geliefert, aber dafür, dass sie sich mit Perry angelegt hatte, sah sie auffallend unbeschadet aus. Ob es daran lag, dass ich ihm eingebläut hatte, er solle sie unbedingt am Leben lassen?
    Unwahrscheinlich.
    Saul ging auf direktem Weg in die Küche, und ich hörte, wie er den Schrank öffnete und Gläser herausnahm. „Wenn jemand Whiskey will, soll er sich jetzt melden“, sagte er einigermaßen gelassen.
    „Gott, ja!“ Oh, Saul. Du Geschenk des Himmels. Ich legte den Kopf an die Rückenlehne des Sofas, nach und nach hatte ich tatsächlich den Eindruck, wieder durchschnaufen zu können. Unter mir quietschte Leder, ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, den Mantel auszuziehen.
    „Wenn er was taugt, nehme ich auch einen“, schaltete sich Perry ein, während er mich ansah. Unter ihrem Lederband schwitzte die Narbe vor widerlicher Hitze, kleine Flammen züngelten meinen Arm entlang. Verlangen strömte wie Rauch in meine Nervenbahnen, als würde Perry mich berühren und mit den Fingern über das Innere meiner Ellenbeuge streicheln.
    Ich hielt seinem Blick stand, aber gleichzeitig bemühte ich mich um Selbstbeherrschung. Nachdem ich mich so verausgabt hatte, war ich angreifbar. Und jedes Mal, wenn menschliche Tiere knapp dem Tod entkommen, ist es ein Leichtes, sie mit Sex zu ködern. „Belisa?“ Mein Tonfall war völlig neutral.
    Sie erschrak, riss sich aber sofort zusammen. „Ja, bitte.“
    Perry stützte sich auf ihre Rückenlehne. „Was höre ich da?“ Er stellte die Frage betont sanft, und ich sah, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich.
    Sie war schreckensbleich und eingeschüchtert, und ich konnte es ihr nicht verdenken.
    „Ja, bitte, Herrin.“ Auch aus ihrer Stimme war jede Farbe verschwunden. Zitternd zog sie die Schultern ein.
    Herrin. So nannten die Sorrow ihre Königinnen, die ihnen im Rang überlegen waren. Was hatte Perry ihr angetan? Urplötzlich wurde mir ungeheuer übel. Er hatte sie gefunden und hergebracht, und allem Anschein nach hatte sie sich nicht wenig gewehrt. Und jetzt ließ er sie seine Übermacht spüren. Und nicht nur sie, auch mir rieb er unter die Nase, dass ich ihm für seine Dienste etwas schuldig war.
    Himmel. Aber du wusstest ja, mit wem du dich einlässt, als du ihm dieses Geschäft vorgeschlagen hast, Jill. Also tu jetzt nicht so. „Eine Runde für alle, also.“ Und damit versank ich in den Sofakissen.
    Die beiden Autos voll nackter Frauen hatten es bis in die Polizeistation geschafft. Montaigne hatte mir auf den AB gesprochen und mir abwechselnd gedankt und dann wieder geflucht. Ich würde mich später darum kümmern.
    Im Moment hatte ich andere Probleme. Ein paar abgehackte Sätze im Impala, während Perry uns in seiner Limousine folgte, hatten genügt, um mir klarzumachen, was passiert war: Saul war ins Barrio gegangen, um ein bisschen herumzustöbern, war aber auf keinen grünen Zweig gekommen, bis Perry mit Melisande Belisa im Schlepptau aufkreuzte – und einem dünnen Metallkasten. Darin war der Feuerspeer gewesen, der im Priesterseminar zur Heiligen Gnade unter dem Altar der Hauptkapelle versteckt gewesen war. Zum Glück hatte Vater Guillermo von diesem ältesten Geheimnis des Seminars gewusst. Perry hatte Stein und Bein darauf geschworen, dass der Inhalt des Kastens den Wendigo töten würde.
    Der Haken bei der Sache? Nun, Perry hatte bis dahin noch keinen Blick in das Kästchen geworfen. Doch beide, er und Saul, hatten es gespürt, als

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