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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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immer schlechte Laune. „Alter, Geschlecht, Details, Vater. Ihr wisst ja, wies läuft.“
    Er schloss die hohe, schmale Tür und sperrte mit zitternden Händen ab. Der Geruch von Weihrauch, Kerzen, Männern, die zusammenlebten, und dem eigenartigen Muff Marke Katholisch stieg mir in die Nase. Mein Herzschlag beschleunigte sich, und Saul rempelte mich auf ein Neues an. Diesmal streichelte seine Hand über dem dicken Leder meines Mantels meine Hüfte. Die kurze Berührung war beruhigend, dennoch wich ich zurück, um dem langen schwarzen Gewand des Priesters nachzueilen. Seinem gefassten Gesichtsausdruck und der beiläufigen Geste, mit der er seinen Rosenkranz berührte, zum Trotz zog Guillermo eine Woge säuerlicher Angst hinter sich her. Genau genommen klammerte er sich regelrecht an die geweihte Kette, sobald er die Tür vollständig verriegelt hatte, und ließ sie zittrig durch die nervösen braunen Finger gleiten.
    „Vierundzwanzig, männlich. Das … es ist merkwürdig.“
    Männlich? Das war ein wenig merkwürdig. Statistisch betrachtet sind Frauen viel anfälliger für Besessenheit, das Verhältnis ist etwa siebzig zu dreißig. Die Katholiken schieben es auf die Erbsünde. Ich sehe den Grund darin, von Geburt an eingetrichtert zu bekommen, ein Opfer zu sein. Dazu kommt, dass das Vorkommnis an psychischer Begabung bei Frauen weit häufiger ist – ebenso oft gekoppelt mit unzureichender Schulung dieser Begabungen. Ein Verdienst unserer rational geprägten Gesellschaft! Wir würden uns wohl einfach darauf einigen müssen, dass wir geteilter Meinung waren, die Katholiken und ich. „Inwiefern merkwürdig?“ Ihr habt hier drin schon jede denkbare Form von Besessenheit gesehen, Vater. Was ist an dieser so besonders?
    Obwohl ich zugeben muss, dass Besessenheit tatsächlich bestimmten Mustern folgt, genau wie alles andere auch. Die meisten Opfer sind fanatisch religiös, aber unschuldig. Im Gegensatz zu Tradern, die den Vorteil eines Vertrags genießen, der sie davor bewahrt, „besetzt“ zu werden – egal wie schlecht sie auch die übrigen Bedingungen ausgehandelt haben mochten. Denn der Arkeus, der die Abmachung unterzeichnet, hat für gewöhnlich das Nachsehen, falls der Trader ins Kittchen wandert und exorziert wird. Es ist also völlig in ihrem dämonischen Interesse, in dieser Hinsicht einen guten Vertrag abzuschließen. Interessanterweise gehören die meisten Opfer von Besessenheit zur Mittel- oder Oberschicht – die Armen scheinen für diese Besatzer nicht interessant zu sein. Wenigstens in dieser Hinsicht waren es einmal nicht die Verlierer der Gesellschaft, die den Räubern zum Opfer fielen.
    Die Schritte des Priesters hallten durch den Raum, meine tappten leise hinterher, und Sauls machten keinen Laut. „Diesmal ist es anders“, beharrte Guillermo. „Es ist … einfach anders.“
    Allmählich hasse ich diesen Satz. Ich bemühte mich, mein Temperament zu zügeln. Endlich erreichten wir das Ende des Ganges, und anstatt nach rechts in Richtung Keller abzubiegen, ging der Kirchenmann nach links und führte uns zu einer kleineren Hauskapelle. Ich konnte sehen, dass der Eingang mit einem dicken Balken verbarrikadiert war, an dem ein Rosenkranz baumelte, der von dem wie auch immer gearteten elektrischen Strom dahinter in Aufruhr versetzt wurde.
    Oh-oh. Schlechte Neuigkeiten. Warum haben sie das Opfer nicht runter in die Exorzismuskammer gebracht? „Gui? Wollt Ihr mir vielleicht auf die Sprünge helfen? Warum sind wir nicht auf dem Weg in die Kammer?“
    „Bei dem Opfer handelt es sich … um einen der Schüler, Jillian. Es ist Oscar.“
    Jetzt raste mein Herz einen weiteren Tick schneller. Ich kannte Oscar nicht, aber der verklärt-schockierte Ton in Vater Guillermos Stimme machte mir Sorgen. „Ein besessener Seminarschüler?“
    „Zur Abendandacht fehlte er. Vater Rosas hat ihn dann hier drin gefunden.“
    Der große dicke Rosas also, der immer gut aufgelegt war. Ich begutachtete die hohen, spitz zulaufenden Türen der kleinen Kapelle. Der Balken ruhte in eisernen Halterungen, die seit dem großen Dämonenausbruch von 1929 nicht mehr benutzt worden waren. Das war ja nun wirklich mal ein übles Jahr für die Jäger dieser Welt gewesen, „Wo ist Vater Rosas jetzt?“
    „Vater Ignatius hat ihn ins Krankenhaus gebracht. Er hatte einen Herzanfall. Als ich die Kapelle betrat, sah ich Oscar, wie er … schwebte. Und etwas in einer fremden Sprache brabbelte. Als ich den Namen des Herrn nannte, schrie er vor

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