Schattenjagd
sicher geht mir das tierisch auf die Nerven.“
„Mir auch.“ Dabei war mein Ton etwas schärfer als sonst. Ich konnte es nicht leiden, im Dunkeln zu tappen, und ich ließ sie im Stich. „Ich tue, was ich kann.“
„Das wissen wir“, beruhigte mich Rosie. „Ehrlich, Jill.“ Und es stimmte. Ich arbeitete nun schon lange genug mit ihnen zusammen, sodass sie das wirklich wussten, und dafür war ich dankbar.
Nun trat Saul zu uns. Aus seiner hochgehaltenen Hand baumelte etwas: drei lange verflochtene Lederriemen, in die man Federn und Fell gebunden hatte. Aufwendige Knoten waren in einem Muster angefertigt, das mir irgendwie bekannt vorkam. Am unteren Ende war ein nachtschwarzer Pfeil angebracht.
Eine Pfeilspitze aus Obsidian, mit Sorgfalt bearbeitet und wahrscheinlich echt. Saul zog eine finstere Miene. „Hab da was gefunden. Es riecht grässlich. Wahrscheinlich hat es was mit unserem Mordfall zu tun.“
Ich wühlte bereits in meinen Taschen auf der Suche nach einem verschließbaren Tütchen. Als ich erfolgreich eines herauszog, öffnete ich es. „Na also“, hauchte ich. „Komm zu Mama.“
Saul ließ das Fundstück in den Beutel fallen und wischte sich die Finger an seiner Hose ab. Das Ding war ungewöhnlich schwer und sah heimtückisch aus. Außerdem stank es tatsächlich. Der Hauch eines vertrauten Miefs stieg mir in die Nase.
„Das gefallt mir nicht.“ Saul richtete sich auf, während er noch immer mit den Fingern über seine Hose rieb. „Dieses Ding ist böse, Jill.“
„Das sind die meisten.“ Ich war zu erleichtert darüber, endlich einen brauchbaren Hinweis gefunden zu haben, um mir allzu sehr den Kopf zu zerbrechen. „Hast du so was schon mal gesehen?“
Er schüttelte den Kopf und blickte ernst drein. Ich stopfte den Beutel mit dem Beweismaterial in eine andere Tasche und sah mir die Leiche an. Nachdem Saul sie bereits umrundet hatte, trat ich vorsichtig näher. Er hatte mich partout nicht in die Nähe der Toten lassen wollen, bevor er sich nicht selbst überzeugt hatte, dass es sicher war. Nun blieb er zurück, während ich darauf zuschritt, aber ich konnte spüren, dass er mich nicht aus den Augen ließ.
Nein, Saul war nicht besonders vergnügt. Aber ich wollte gar nicht wissen, ob es an Perry oder dem Fall lag.
Nachdem ich die Bestie selbst gesehen hatte, war mir klar, dass die Klauenabdrücke auf der Leiche von ihr stammten. Das Fleisch war durchzogen von unsauberen Rillen, aus den Oberschenkeln fehlten ganze Stücke und die Brüste waren fort – durch die durchweichten Muskeln waren nur noch Überbleibsel voller leuchtend weißer Knochensplitter zu sehen.
Ich lugte in die Öffnung, durch die man die Eingeweide entfernt hatte, und zog die Augen zu Schlitzen zusammen. Moment mal. Einen Moment!
Ich betrachtete den Rest des Tatorts und fand absolut gar nichts. Aber als ich dem Team der Spurensicherung zunickte und zurück zu Saul lief, hämmerte mein Herz wie verrückt. „Da ist noch etwas“, sagte ich.
Rosie und Carp hielten gespannt den Atem an, wie Bluthunde, die sich gegen die Leine stemmten. Ich holte tief Luft, während mir ein eiskalter Finger über den Rücken fuhr. Ich hatte das Gefühl, als würde das erste Puzzleteilchen an den rechten Platz rücken. „Es gibt Krallenabdrücke, aber auch andere Spuren. Das Ding, das ich letzte Nacht gesehen habe, hatte solche Klauen.“ Und ich deutete ihre Form kurz in der Luft an. „Die anderen Abdrücke, die in der Bauchhöhle und um die Augen des Opfers zu sehen sind … sie sind schon beinahe zu sauber und fast vollständig von den Krallen überdeckt worden. Aber sie stammen von etwas Scharfem. Wie einem Skalpell.“
„Ein Skal …“ Rosie verstummte und zog nachdenklich den Mund nach unten.
„Skalpell.“ Carp kratzte sich das Kinn. „Na ja. Okay. Und jetzt?“
„Ich bin davon ausgegangen, dass das Ungetüm gefressen hat, was es herausgerissen hat. Und das ist auch denkbar. Aber vielleicht hat es einen Komplizen und hält sich nur an das, was dann noch übrig ist.“ Ich legte die Arme um mich und versuchte, das Frösteln zu vertreiben, während mir der Griff meiner Pistole in die linke Seite drückte.
Carp fuhr fort, sich zu kratzen. „Oder aber es verwischt Spuren.“
„Gut möglich.“ Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen, und ich zeigte meine Beißerchen. „Kopf hoch, Jungs und Mädels. Scheint, als hätten wir endlich einen Treffer gelandet.“
„Ach ja?“ Rosie klang nicht sonderlich
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