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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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liebe dich auch.“ In seinen Worten schwang Wut mit.
    „Nur ein Werkzeug“, wiederholte ich. Der Gedanke ließ mich vor Abscheu und Ekel schaudern, als ich mich daran erinnerte, wie ich wegen des Mals damals verhandelt hatte, wie sich diese Schuppenzunge auf mein Fleisch gedrückt hatte. Dahinter stand eine Unzahl anderer unangenehmer und abgrundtief grauenhafter Erinnerungen Schlange, die sich drohend auftürmten wie schwarze Wolken, die einen verheerenden Sturm ankündigten.
    „Ich weiß.“ Saul streifte mir das nasse Haar aus dem Gesicht, ich lehnte den Kopf gegen seine Finger und genoss die Berührung, die meine bösen Träume vertrieb. „Weiß ich doch. Es ist nur … Ich mache drei Kreuze im Kalender, wenn diese gottverdammte Höllenbrut ihren letzten Atemzug gemacht hat. Am liebsten würde ich ihm höchstpersönlich die Kehle durchbeißen.“
    Da bist du nicht der Einzige. „Ich liebe dich“, sagte ich noch einmal voller Verzweiflung, in der ein noch viel mächtigeres Flehen lag: Verlass mich nicht. Bitte verlass mich nicht.
    Nicht, dass er das tun würde. Werwesen binden sich auf Lebenszeit, so ist das und nicht anders. Und das schaffen sie wesentlich leichter und gelassener als Menschen.
    Nur war ich kein Werwesen. Ich war eine Anomalie.
    Die Anspannung in ihm ließ nach, Stück für Stück, und das tiefe Grollen stellte sich wieder ein. „Ich hab dich vom ersten Augenblick an geliebt, Kätzchen – über und über mit Schlick begossen und fluchend wie ein Rohrspatz. Himmel, was für ein Anblick!“
    Der Gedanke entlockte mir ein Lächeln und unterdrückte andere Bilder, die nicht halb so angenehm waren. Nun, nachdem diese Jagd beinahe zwei Jahre zurücklag, konnte ich darüber lachen. „Warum tauchen diese Biester auch immer ins Kanalsystem ab? Zum Kotzen ist das.“
    „Hm.“ Jetzt war er schläfrig, wurde schlaff und träge wie eine Katze im warmen Sonnenlicht.. Gott sei Dank war die Gefahr vorüber. „Schlaf jetzt.“
    „Werde ich“, flüsterte ich. „Bleib bei mir.“
    Denn ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde. Wie gewohnt ließ diese Vorstellung Panik in mir aufwallen, die an meiner durch Schwerstarbeit erworbenen Kontrolle über meinen Herzschlag nagte und jeden Muskel, entgegen aller postkoitalen Entspannung, versteifte.
    „Ich gehe nirgendwo hin, Kätzchen.“ Er umarmte mich fester, selbst dann noch, als er in den Schlaf hinüberdriftete. Sein Schnurren wurde zwar unruhig, blieb aber nach wie vor tröstend.
    Ich danke Gott für dich, Saul.
    Ich lauschte seinem Atmen. Es klang nach Sicherheit, nach guten Dingen, nach Geborgenheit, Vergnügen und Vertrauen. Nachdem ich mir genau das immer in langen, durchwachten Nächten ausgemalt hatte, hatte ich es nun endlich gefunden -und ich verspürte keinerlei Verlangen danach, jemals wieder einsam zu sein.
    Mein Handgelenk prickelte. Jedes Mal hatte ich den Eindruck, dass die Narbe sich tiefer ins Fleisch graben würde, um bis auf den Knochen vorzudringen. Und mittlerweile hatte ich aufgegeben, herauszufinden, ob es nur Phantomschmerzen waren – immerhin schien die Narbe nie wirklich tiefer zu liegen als zuvor. Auch das war Teil des Abkommens.
    Müsste ich mich entscheiden, würde ich mein Wort gegenüber der Höllenbrut und damit den Vertrag brechen und es drauf ankommen lassen. Verdammt, wenn ich es täte – möglicherweise verdammt, wenn ich es nicht täte … eigentlich konnte ich nur verlieren. Meine einzige Hoffnung war, möglichst viel der Zeit, die mir noch blieb, mit Saul zu verbringen.
    Reicht das?
    Es spielte keine Rolle, denn mehr würde ich nicht bekommen. Der blaue Fleck an meinem Hals wurde zu einer Grube wohltuender Wärme, als ich allmählich ins Traumland hinüberdämmerte. Doch dieses Mal hatte ich keine Träume.
    Der folgende Tag brachte schlechte Neuigkeiten, eine weitere Leiche und den ersten Durchbruch mit sich. Im munteren Treiben der letzten Nacht war mein Pager kaputt gegangen, und es würde ein oder zwei Tage dauern, einen neuen zu bekommen. Dafür riefen sie mich auf dem Festnetz an, und ich war in weniger als einer halben Stunde am Tatort.
    „Noch kennen wir ihren Namen nicht“, sagte Carp. Heute stand sein sandblondes Haar wieder verstrubbelt nach allen Seiten ab. „Himmel.“
    Der stillgelegte Parkplatz lag verlassen im dünnen Sonnenlicht des Winternachmittags, Gras bahnte sich seinen Weg durch den bröckligen alten Asphalt. Die Leiche – sofern genug davon übrig war, um es als solche bezeichnen

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