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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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gelassene Geliebte. So lange, bis Saul und die Jagd auf ein entartetes Werwesen in meine Stadt geschneit waren und Perrys kleine Spielchen, mit denen er mir noch den letzten Rest meiner Seele rauben wollte, mir ohne jeden Zweifel bewiesen hatten, dass mich keine Schuld traf.
    Nicht ich hatte meinen Lehrer ermordet. Das war sie gewesen.
    „Jill? Jill?“ Es war Saul. Er packte mich an den Schultern und zog mich wieder ins Zimmer. „Was zum Teufel geht hier vor?“
    „Das war sie“, sagte ich mit klangloser Stimme. „Sie. Die dumme Schlampe. Sie war das.“ Im Hintergrund war das gleichmäßige Piepsen des Herzmonitors zu hören, Vater Rosas hatte sich nicht einmal gerührt. Er musste völlig weggetreten sein.
    „Himmel, war das wirklich eine Sorrow?“ Draußen vom Gang drangen Schritte und Geschrei zu uns, während Saul an mir rüttelte. „Jill? Hier drin stinkt es. Julian!“
    „Ist ja gut.“ Ich schüttelte den Kopf, zitterte am ganzen Leib, und meine Stimme lag nur knapp unter dem, was ich „gruselig“ nennen würde: ein leiser Singsang, jedes Wort wog schwer. „Mir gehts gut. Sie ist es. Das Miststück höchstpersönlich. Ich werde sie Stück für Stück auseinandernehmen, Faser um Faser …“
    „Komm schon.“ Er legte den Arm um mich und zerrte mich in Richtung Tür, vage nahm ich aus dem Augenwinkel seinen Wer-Tarnzauber wahr, der die Umrisse der Dinge leicht verschwimmen ließ. „Herr im Himmel, du warst gerade mal eine Minute lang hier drin. Kann ich dich keine zehn Sekunden aus den Augen lassen, ohne dass du eine Schießerei anfängst? Wir sind hier immerhin in einem Krankenhaus.“
    Willst du darauf allen Ernstes eine Antwort, Saul? Starr vor Schock ließ ich mich von ihm mitschleifen. Sie war das. Das Dreckstück. Wirklich sie.
    „Zum Teufel mit toten Huren“, hörte ich mich selbst sagen. „Ich werde mir eine Sorrow schießen.“
    Im selben Moment fuhr meine linke Hand hoch, die ich mir gerne über den Mund gelegt hätte, wenn nicht noch immer eine schwerkalibrige Pistole darin gelegen hätte. „Oh Gott“, würgte ich. „Ich glaub, ich muss kotzen.“
    „Behalt es noch einige Sekunden drin“, kam die pragmatische Antwort, während Saul mit einer Hand die Tür aufhielt und mich raus auf den Flur schleppte. Gekonnt das Chaos aus Sicherheitskräften und herbeieilenden Krankenschwestern vermeidend, brachte er mich durch den Gang und durch einen Notausgang ins Freie. Was für ein Höllenspaß! Einen kurzen Augenblick lang hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen der armen Herzpatienten und Pater Rosas. Obwohl er wahrscheinlich nicht einmal etwas mitbekommen hatte. Bestimmt hatte sie ihn betäubt, Gifte und Chemikalien sind das liebste Handelsgut der Sorrow. Und Guillermo bedeutete ihr so viel wie nichts. Jetzt und hier ging es Belisa nur um mich.
    In einer Gasse angekommen, entledigte ich mich nicht nur meines Frühstücks, sondern auch jedes Gedankens ans Mittagessen. Saul hielt mir die Haare zurück, während ich abwechselnd würgte und fluchte, noch immer das Geräusch von Michails Leben in den Ohren, das sich gluckernd durch seine Kehle verabschiedete, vermischt mit ihrem klirrenden Lachen.
    Unterm Strich hatte ich mich bei diesem unverhofften Wiedersehen wacker gehalten.

15
     
     
    „Langsam geht mir das gehörig auf die Nerven.“ Ich starrte auf das kleine Backsteingebäude. Schon wieder war das Büro – das von Kricekwesz – in der Quincoa geschlossen, dabei war es diesmal gerade erst drei Uhr nachmittags. „Hat dieser komische Arzt eigentlich überhaupt so was wie eine Sprechstunde?“
    Saul steckte sich eine Charvil an. „Willst du reingehen und dich ein bisschen umsehen?“
    Mein Magen machte einen kleinen Hüpfer. Ich begutachtete die Front des Hauses: keine Fenster, um möglichen Geschossen vorzubeugen. Klinik für Familienplanung stand in goldener Schrift an der Tür, in der ein Guckloch und eine Sprechanlage prangten. Auf einem Schild darunter stand Geschlossen, und auf die weiß getünchten Steine hatte jemand Keine Paketannahme! geschrieben. Hier draußen gab es keine Protestmärsche, und ich nahm an, dass das gut so war. Ein Arzt, der Abtreibungen durchführte, musste auf der Hut sein. Wenn vor seinem Haus noch keine Horde Jesusfreaks herumlungerte, bedeutete das, dass er es sich mit den religiösen Fanatikern noch nicht verschissen hatte.
    Noch nicht.
    In aller Ruhe nahm ich das Dach ins Visier, die Überwachungskameras, die Eisentür. „Ricky hat nichts davon

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