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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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helfen kann, deinen sturen Arsch in einem Stück durch diese Sache zu bringen, ist mir alles andere wurscht.“ Saul verschränkte die Arme, und unter dem dünnen Baumwollstoff spannten sich seine Muskeln. „Die Angelegenheit ist schlimm, Kiss. Schlimmer, als du dir vorstellen kannst.“
    Jetzt machte mein Herz etwas Komisches – es klopfte so schnell, dass mir schwindelig wurde. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass Perry bei mir zu Hause herumlungerte. Und die Vorstellung, dass es da etwas so Gefährliches gab, dass es Saul nicht kümmerte, ob Perry unbeaufsichtigt im Warenlager umherrannte, war sogar noch grässlicher. „Warum? Was ist das für ein Ding?“
    „Komm mit, iss was, und ich sag’s dir. Dann kannst du entscheiden, was zu tun ist.“
    Am Ende gab ich nach. Saul hatte immer gute Gründe, egal, worum er mich bat. Und ich vertraute ihm. Aber verflucht noch mal – etwas so Übles, dass er Perry als Verstärkung wollte …
    Das reichte, um auch den hartgesottensten Jäger in Angst und Schrecken zu versetzen.

19
     
     
    Saul stellte mir einen Teller auf den Tisch. „Iss.“
    Ich beäugte ihn. Eier, Pfannkuchen, Speck, mehr Kaffee und ein englischer Muffin. Daneben stand ein weiterer Teller voll Eiern in Sauce Hollandaise und einem Pfirsich, der sorgfältig in dekorative Stücke geschnitten war. Nichts Ausgefallenes oder Gewagtes. Für Saul war dies das kulinarische Pendant zu einer höflich verweigerten Antwort auf eine Frage, die noch nicht einmal gestellt worden war.
    Perry kauerte auf einem Hocker am Ende des Küchentresens vor einer Tasse Kaffee. Sein grauer Anzug war faltenfrei und lupenrein. Das Sonnenlicht, das schräg durch die Fenster fiel, schien ihm nicht recht zu behagen, und insgeheim war ich froh darüber. Trotz alledem schimmerte sein Haar, und seine Augen leuchteten blau, und die Lagerhalle – auch wenn sie nach Höllenbrut stank – war repariert und tipptopp. Von dem Eis war nichts mehr zu sehen, die Glasscherben waren aufgefegt und neue Scheiben eingesetzt. Die Holzbalken hatte man wieder zusammengefügt, zerstörte Einrichtungsgegenstände waren entweder gekittet oder ersetzt worden. Das alles musste eine Menge Geld und Zauberei gekostet haben, und ich war mir bei Weitem nicht sicher, ob ich diese Ausgaben übernehmen wollte.
    Nachdem ich meinen Teller zur Genüge studiert hatte, blickte ich Perry finster an, der in seine Kaffeetasse kicherte. „Keine Sorge, Kiss. Saul und ich sind uns bereits über die Kosten einig geworden. Das hier hat keine Auswirkung auf unser Abkommen.“
    „Ach, tatsächlich?“ Ich verkniff mir nach Kräften, meine Erleichterung durchklingen zu lassen, außerdem kämpfte ich gegen leicht aufkommende Panik, weil er meine Gedanken erraten hatte. Also griff ich mir einen Streifen Speck und biss hinein. „Wie sieht’s jetzt aus? Willst du mich einweihen, Saul?“
    Saul lehnte an der anderen Seite des Tresens, und ich bemerkte, dass er Perry aus den Augenwinkeln heraus beobachtete. „Ich weiß jetzt, was genau unser haariger kleiner Freund ist“, sagte er, während er sich ein Glas Orangensaft einschenkte. „Willst du zuerst die schlechten oder lieber die schlechten Neuigkeiten?“
    „Egal, sag mir einfach irgendwas. Langsam verliere ich nämlich die Geduld.“ Ich legte mich tüchtig ins Zeug und schaufelte das Frühstück in mich hinein, nachdem ich festgestellt hatte, dass ich tatsächlich Hunger hatte und mein Magen auch bereit war, die Nahrung aufzunehmen. Halleluja!
    Perry kicherte schon wieder.
    Ohne ihm die geringste Beachtung zu schenken, fuhr Saul fort. „Es ist ein Wendigo.“
    Ich verschluckte mich an einem Stück Pfannkuchen. „Wawf? Dadf pfiff dobf nuf Mypffn!“
    „Es ist nicht nur ein Mythos. Ich wünschte bei Gott, dass dem so wäre.“ Saul hatte alle Farbe verloren. „Ich musste die Pfeilspitze extra zu einer Mondflüsterin im Barrio bringen, einer der alten. Sie war einem Wendigo schon einmal begegnet und erinnerte sich an den Geruch. Sie meint, das geflochtene Leder mit dem Pfeil müsse ein Hund’ai sein, Teil eines Fetischs, um einen Wendigo zu kontrollieren oder zu erschaffen. Allein beim Anblick unseres Fundstücks ist sie in Tränen ausgebrochen, und ihr Gefährte hätte mich am liebsten gelyncht dafür, dass ich sie so aufgeregt habe. Und schließlich landete ich in einer Bar mit einer Werspinne, die sogar schon mal auf Wendigo-Jagd war, oben in Kanada. Während sie mir davon erzählte, hat sie am ganzen Leib gezittert.“

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