Schattenjagd
Also legt sie sich einen Plan zurecht und zieht nach Santa Luz. Dort sucht sie sich einen Mafioso, den sie mit Organen für den Schwarzmarkt beliefert, wovon sie sich eine große Scheibe abschneidet, um sich ihren Traum von der Weltherrschaft zu finanzieren. Die Organe lässt sie von einem ausgebildeten Arzt entnehmen -hier kommt unser Freund Kricekwesz ins Spiel. Alles, was sie selbst nicht nutzen kann, verfüttert sie an den Wendigo, der im Lieferwagen sitzt und seine Zeit mit Naschen verbringt, bis sie ihn braucht, um eine nervige Jägerin loszuwerden.“ Unglaublich zufrieden mit mir selbst, bestrich ich meinen Englischen Muffin mit ordentlich Butter. „Nur, warum bringt sie schwangere Nutten um die Ecke?“
„Nutten, die einmal schwanger waren“, korrigierte Perry pedantisch.
„Als sie getötet wurden, waren sie ja wohl noch schwanger.“ Ich blickte ihn an, wie er zusammengekauert auf dem Hocker saß, und verspürte eine gefährliche Sekunde lang Mitgefühl. Er sah hundeelend aus.
Aber auch eine betrübte Klapperschlange kann töten.
„Wie können wir uns da sicher sein? Immerhin waren sie vorher in einer Abtreibungsklinik.“ Er schenkte dem letzten Wort kein besonderes Gewicht, aber er betonte die letzte Silbe, sodass es leicht französisch klang.
Woher kommst du eigentlich, Terry? „Danke, dass du mein Haus wieder zusammengesetzt hast“, entfuhr es mir plötzlich. „Warum bist du mir eigentlich gefolgt?“
„Die Mieze ist nicht im Monde aufgetaucht, um dich abzuholen, da dachte ich, du könntest dir vielleicht selbst schaden, aufgewühlt, wie du warst.“
Wie wahnsinnig anständig von dir.
In diesem Moment schob Saul die Mappen noch ein wenig näher zu mir und berührte dabei meinen Ellbogen. Äußerst subtil, trotzdem war ich ihm dafür dankbar. „Embryonen-Gewebe?“, mutmaßte Saul. „Wenn man es an den richtigen Mann bringen kann, ist es sicher eine Menge wert.“
Und wieder musste ich gegen eine Welle der Übelkeit ankämpfen. Gottverflucht. Ich brauchte Nährstoffe, wenn ich auf den Beinen bleiben und wieder zu Kräften kommen wollte nach Einsatz des Stabs. „Oh, ist ja widerlich. Was für eine nette Vorstellung, so beim Frühstücken.“ Aber der Gedanke ist mir auch schon gekommen.
„Hast du etwa Probleme mit einem empfindlichen Magen, Kismet?“ Plötzlich war Perry die Fürsorglichkeit in Person. Sein schleimtriefender Tonfall weckte in mir die Erinnerung an die schreckliche, verzehrende Lust, die durch meine Nervenbahnen gerauscht war, als das Mal auf meinem Handgelenk unter seinem Einfluss schlagartig anschwoll und sich erhitzte.
Mit geschlossenen Augen kaute ich auf meinem Muffin herum. Schluckte. „Zuerst knüpfen wir uns Kricekwesz vor. Wenn er wieder nicht in seiner Praxis ist, werde ich den Laden so lange auf den Kopf stellen, bis ich irgendeinen Anhaltspunkt finde, egal was. Carp und Rosie sollen sich inzwischen auf den Organhandel der Stadt konzentrieren. Und ich will Melisande Belisa aufspüren. Sie weiß etwas, und wenn wir sie erst einmal in die Finger bekommen, werde ich sie zum Reden bringen.“ Dann schlug ich die Augen auf und sah Perry direkt an. „Hast du schon mal eine Sorrow unter Druck gesetzt?“
Bildete ich mir das nur ein oder huschte Verbitterung über sein Gesicht? „Sie mögen Höllenbrut nicht sonderlich. Aus gutem Grund.“ Er stellte seine Tasse auf den Tresen. „Wenn du damit einverstanden bist, in meiner Sichtweite zu bleiben, bis diese Angelegenheit ausgestanden ist, werde ich zustimmen, diese Sorrow ausfindig zu machen und sie wissen zu lassen, was Leiden wirklich bedeutet.“
„Ich dachte, auch deine Macht, mich zu schützen, hat Grenzen?“
„Das war, bevor man dich in deinem eigenen Haus angegriffen hat, Kiss.“ Er glitt von seinem Hocker, und sofort verkrampfte ich mich. Wie kam es nur, dass Tageslicht ihn so verdammt menschlich wirken-ließ? „Alles ist nun wieder offen, wie man so schön sagt. Ich will noch einige Löcher in der Wand ausbessern. Ruft mich, falls irgendwas Interessantes passiert.“
Als er sich davonmachte, seufzte ich unwillkürlich auf. Das gefällt mir nicht. Kein Stück.
Saul murmelte etwas, das nicht jugendfrei war. Stillschweigend stimmte ich ihm zu. „Mir gefällt das alles nicht“, sagte ich leise. „Wie durch Zufall taucht Perry gerade noch rechtzeitig auf, und das zwei Mal. Dieser Elizondo, den ich wegen der Sklavenring-Sache drankriegen wollte, flüchtet sich ausgerechnet ins Monde, nachdem
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