Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
Vom Netzwerk:
gepresst und die Arme um die Schienbeine geschlungen.
    Seit dem Frühling. Gott allein weiß, wie viele dort drinnen liegen. Eine chaldäische Hure und ein Wendigo. Direkt unter meiner Nase.
    Direkt vor meinen verfluchten Augen. Eine tolle Jägerin bin ich …
    Neben mir saß Saul, so dicht, dass ich seine Körperwärme spüren konnte. Aber er berührte mich nicht. Er wusste zu gut, dass man mich jetzt besser in Ruhe ließ, und bot mir seinen stummen Beistand, während ich das Schlimmste durchmachte, was ein Jäger je erleiden konnte.
    Schuldgefühle.
    Herrgott noch mal. Wie hatte ich so etwas nur übersehen können? Und dann war da noch der ebenso unerfreuliche Gedanke: In meiner Stadt! Ausgerechnet in meiner Stadt. Warum?!
    Die Bilder hatten sich in die Schwärze hinter meinen Augenlidern eingegraben. Eine ganze Parade von Gräueln, eine Miniatur-Hölle und Perrys sanfte Stimme der bösen Verführung, weich wie Samt und so, ach so vergnügt.
    Gott ist nicht hier. Du solltest das am besten wissen.
    Über dem kalten Asphalt erhob sich die Dunkelheit, als die Sonne hinter dem Rand der Welt verschwand. „Wie geht es ihr?“, erklang Rosies Stimme, behutsam und respektvoll.
    „Sie sagt nichts.“ Sauls ausdruckslose Antwort klang schwermütig. „Sie nimmt es sich ganz schön zu Herzen.“
    „Ich hab Kaffee organisiert.“ Es war zwar kaum zu glauben, aber Rosie schien in diesem Moment tatsächlich schüchtern. „Jill? Magst du einen Kaffee?“
    Hoch mit dir, Jill. Das war Michails Stimme, voller harsch betonter Silben, als sei er müde und verwundet. Hoch mit dir und erfüll deine Pflicht! Du bist Jägerin. Das ist dein Job.
    Ich hob den Kopf. Langsam. Die Sonne war schon fast fort, und die Nacht brach herein.
    Rosie war kreidebleich vor Entsetzen, wodurch die Sommersprossen in ihrem Gesicht noch greller wirkten als sonst. Ihr Haar hatte sie sich straff zurückgebunden, aber trotzdem sah sie erschöpft aus. Carp lehnte an einem der Streifenwagen und redete gerade mit einem Gerichtsmediziner. Erschlagen ließ er die Schultern hängen. Er wirkte ein wenig grün um die Nase, und seine Haare waren völlig zerzaust, als hätte er sie sich mehr als einmal gerauft.
    „Danke.“ Die Worte klangen angeknackst und meine Stimme genauso dreckig und unbenutzt wie eine leere Abstellkammer. Ich griff nach der Kaffeepampe im Styroporbecher, den Rosie mir hinhielt. Die einst weißen Schnürsenkel ihrer Turnschuhe waren schmutzig, und dieses eine kleine Detail ließ mir auf einmal die Tränen in die Augen steigen. „Es tut mir leid, Rosie.“
    „Was tut dir leid?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wenigstens haben wir diese Leute jetzt gefunden. Immerhin haben wir so noch eine Chance, sie zu identifizieren. Hoffentlich, heißt das.“ Dann verzog sie den Mund. „Du siehst höllisch beschissen aus.“
    Nein, noch nicht. Aber das wird sich bestimmt bald ändern. Ich nippte an dem verbrannten Kaffee. „Danke.“
    „Kommst du klar?“
    Nein. Nicht mal annähernd. Nie im Leben. „Sicher.“
    Jetzt beugte sich Saul rüber und puffte mich mit der Schulter an. Der Kaffee in seinem Becher machte einen kleinen Satz, und die ölige Oberfläche geriet in Wallung.
    „Was sollen wir als Nächstes tun, Carp und ich? Unsere Ermittlungen mit Badger und Sullivan in Sachen Organhandel haben gerade richtig an Fahrt gewonnen“, sagte Rosie.
    Endlich kam ich wieder zu mir, wie ein schwerer Seufzer glitt ich zurück in meinen Körper. Unter dem Geräusch von quietschendem Leder setzte ich mich auf und hörte, wie sich eine Autotür leise schloss. Noch jemand fing an, schwer durchzuatmen. Ich nahm einen weiteren Schluck von dem Zeug, das sich als Kaffee ausgab. „Du und Carp könnt euch weiter um den Tatort kümmern und außerdem nach möglichen weiteren Ausschau halten, und sonst gar nichts. Ich will nicht, dass ihr in dieser Sache weiterbohrt, sie ist einfach zu gefährlich. Ich will keinen von euch verlieren.“
    Wahrscheinlich hätte ich es als Kompliment verstehen sollen, dass sie nicht widersprach. „Und was wirst du machen?“ Sie klang immer weniger wie eine erfahrene Polizistin und immer mehr wie ein Teenager, den ein paar Gruselgeschichten am Lagerfeuer in Angst und Schrecken versetzen. Das zeigte nur, wie klar sie bei Verstand war.
    „Die Sorrow-Schlampe suchen gehen, die für all das hier verantwortlich ist“, antwortete ich leise. „Ich werde sie und ihre Truppe lustiger Helferchen ausschalten. Sie töten und sie in stinkenden

Weitere Kostenlose Bücher