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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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Boden und quiekte erbost angesichts der Eindringlinge. „Eins müssen wir jedenfalls tun“, erklärte Lizzie und schlug, ohne es zu wissen, den Ton ihrer Tante an.
    „Was?“, fragte Edward bekümmert. Offenbar vermochte er nicht zu glauben, was er erblickte. Anfangs hatte sich Lizzie über seine Weigerung, die Realität wahrzuhaben, geärgert.
    Nun tat er ihr leid, und es drängte sie, ihm zu versichern, es sei nicht so schlimm, wie es aussehe.
    „Wir sollten uns eine tüchtige Katze besorgen, die all diese Ratten verscheucht.“
    „Da kann uns Vic, der Schäfer, bestimmt helfen. Falls wir noch einen Schafhirten und Schafe haben. Was ist bloß mit Cottingdean geschehen? Ich begreife es nicht.“ Seine Schultern hingen nach vorn, er wirkte alt und müde und gleichzeitig fast kindlich.
    Instinktiv kniete sie neben dem Rollstuhl nieder und umfasste tröstend Edwards Hand. „So schlimm ist es gar nicht. Man muss nur sauber machen. Wenn die Johnsons zurückkommen, werden wir erfahren, was passiert ist …“
    Er lachte rau. „Denk doch nach, Lizzie! Die kommen nicht wieder. Hier hat schon lange niemand mehr gewohnt. Es ist mir völlig rätselhaft.“
    „Vielleicht sehen die anderen Räume besser aus“, versuchte sie ihn zu ermuntern. „Sehen wir uns doch mal um.“
    Eine halbe Stunde später starrten sich Lizzie und Edward wortlos an. Offenbar hatte jahrelang niemand einen Fuß in dieses Haus gesetzt. In allen Zimmern zeigten sich die Spuren von Verfallund feuchter Kälte und Schimmel. Kein Raum war bewohnbar. Selbst wenn man überall gründlich sauber gemacht hätte, wäre es unmöglich gewesen, hier zu wohnen, weil es fast keine Möbel gab.
    Lizzie kämpfte mit einem albernen Lachreiz, als sie an die Antiquitäten, das exquisite Porzellan, die Seiden- und Damaststoffe dachte, die sie sich vorgestellt hatte. Stattdessen traf sie nur Spinnweben und Schimmelpilze an, zerbrochene Fensterscheiben hinter Verdunkelungsvorhängen, ehemals teure Tapeten, die sich von den Wänden lösten, zerbröckelnde Zimmerdecken. Vom Mobiliar waren nur ein paar wackelige Tische und Stühle übrig geblieben, offenbar für die Soldaten bestimmt, die hier ursprünglich hätten stationiert werden sollen.
    Nur die Küche entsprach einigermaßen Lizzies Erwartungen, mit einem großen antiquierten Herd, einem zerkratzten Tisch, zwei Schaukelstühlen und einem Schrank voll schmutzigem Geschirr und Kupfer. In einer Ecke stand eine Spüle mit einem einzigen Wasserhahn. Versuchsweise drehte sie ihn auf, schnitt eine Grimasse angesichts des verschmutzten Beckens und beobachtete, wie das Wasser zu fließen begann. Sie hielt einen Finger unter den Strahl und sog daran. Die paar Tropfen schmeckten klar und frisch, die Kälte verriet, dass das Wasser aus einer unterirdischen Quelle stammte.
    Sie blickte sich um und beurteilte, ohne es zu merken, diese Küche nach den Maßstäben ihrer Tante. Der Herd, wo man das Wasser offenbar erhitzen musste, eignete sich zum Kochen und Backen. Vielleicht würde er genügen, um den großen Raum zu erwärmen. Irgendwo in einem der Nebengebäude musste sich Brennholz stapeln – falls überhaupt welches vorhanden war. Als sie ein leises Geräusch hörte, drehte sie sich um. Zusammengesunken saß Edward im Rollstuhl, das Gesicht in den Händen verborgen. Und der Laut, der die Stille des Hauses zerriss, war ein Schluchzen. Er weinte um seine verlorene Liebe, so wie sie tagelang den Verlust ihrer eigenen beklagt hatte, um die betrogenen Erinnerungen an sein Heim, die ihn in dieser ganzen Zeit aufrechterhalten hatten. Nun wurde er mit der brutalen Wirklichkeit konfrontiert.
    Hier konnten sie unmöglich bleiben. Aber welche Alternativen gab es? Sollte sie den Rollstuhl ins Dorf zurückschieben, zum Bahnhof, um auf einen Zug zu warten? Wohin? Nach Bath? Was würden sie dort tun?
    Edward besaß zwar Cottingdean, aber nur sehr wenig Geld. Das hatte er ihr bereits erklärt. Die Schafherde, einst der Grundstock des Familienreichtums, war noch zu Lebzeiten seiner Großmutter durch Epidemien dezimiert worden, und es hatte an den nötigen finanziellen Mitteln gefehlt, um die Tiere zu ersetzen. Dann war der Krieg ausgebrochen. Unkluge Investments des Großvaters hatten die Lage weiterhin verschlechtert.
    Nun lebte Edward von seiner Pension und den Einkünften aus einem kleinen Treuhandfonds. „Mein Gott, was habe ich dir angetan“, hörte sie ihn sagen. „Kit muss davon gewusst haben. Zum Teufel mit ihm!“ Sie sprach den

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