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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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denjenigen, der sie herbeigerufen hatte.
    Aber niemand hielt das Gesicht vor das Lüftungsgitter, um nach Trey Ausschau zu halten. Niemand schien zu bemerken, dass er verschwunden war. Niemand rief: »Travis Jackson! Komm auf der Stelle aus deinem Versteck!«
    Trey gab einen großen, aber stummen Seufzer der Erleichterung von sich.
    Er war in Sicherheit.
    Er beglückwünschte sich selbst.
Mr Hendricks hat Recht
, dachte er.
Ich bin wirklich ein Genie
. Er war so stolz, als hätte er soeben im Handstreich die Bevölkerungspolizei bezwungen.
    Vielleicht schaffe ich es doch
, überlegte er. Je nachdem, wohin dieser Luftschacht führte, hatte er womöglich gerade einen Weg entdeckt, um Mark, Lee und die anderen zu retten.

18.   Kapitel
    T rey rutschte rückwärts durch den Luftschacht und zog die Uniform der Bevölkerungspolizei hinter sich her. Es war ein mühsames Unterfangen, denn er hatte nicht viel Platz, um sich zu bewegen, und er hatte eine Heidenangst davor, Lärm zu machen. Mehr als einmal kratzte ein Knopf seines Flanellhemdes über den metallenen Schachtboden und jedes Mal erstarrte er vor Angst, jemand könnte den Schacht aufreißen und ausrufen: »Aha! Also du bist es! Jetzt wissen wir Bescheid! Du bist nicht Travis Jackson! Und jetzt musst du sterben!«
    Nein, sie werden sich einfach sagen, dass es im Haus der Grants Mäuse gibt, tröstete er sich. Sie werden Gift auslegen und damit werde ich fertig.
    Trey wusste, dass er nicht sehr logisch dachte. Trotzdem schob er sich weiter, immer mit den Füßen voran. Das begann ihm langsam Sorgen zu machen. Er wünschte, er hätte Augen an den Zehen. Was war, wenn er nun mit den Füßen ein anderes Messinggitter aus der Verankerung stieß? Wenn er in einem anderen Zimmer herausrutschte? In einem Raum, der nicht so harmlos war wie die Toilette? Was war, wenn er in diesem Moment an einer Öffnung vorbeirutschte, die alle deutlich sehen konnten? Trey wandte immer wieder den Kopf und versuchte über die Schulter zu sehen, doch davon bekam er allmählich einen schmerzhaft steifen Hals und er konnteohnehin kaum über seine Füße hinaussehen. Außerdem schien vor ihm nichts als Dunkelheit zu sein.
    Er rutschte weiter.
    Nachdem er stundenlang mit den Füßen voran gekrochen war, wie es ihm schien, stieß er dort, wo er nichts als Luft erwartet hatte, gegen eine Metallwand. Hatte er die Orientierung verloren und bewegte sich schief vorwärts? Nein – die glatte, gerade Wand erstreckte sich fort und blockierte seinen Weg. War er in einer Sackgasse gelandet? Wie konnte ein Luftschacht einfach so aufhören? Er unterdrückte die Angst. Er streckte die Beine aus, tastete mit den Füßen, so gut es ging, vorsichtig in alle Richtungen und stellte fest, dass links und rechts, dort, wo er mit Metallwänden gerechnet hatte, keine waren. Und plötzlich begriff er: Er war an einer Kreuzung angekommen, dort, wo der Schacht, der zur Toilette führte, von irgendeinem Hauptschacht abzweigte. Auf diesem Weg würde er in das restliche Haus gelangen.
    »Links oder rechts? In welche Richtung soll ich?«, fragte er sich. Er versuchte sich den Verlauf der Luftschächte im Verhältnis zum Grundriss des Hauses vorzustellen. Er vermutete, dass der nach links abzweigende Schacht in Richtung Eingangstür verlief und damit vermutlich nutzlos war, doch das war mehr oder weniger geraten. Er bewegte seine Füße nach rechts und begann sich mit äußerster Vorsicht um die Ecke zu schieben. Dann hielt er abrupt inne.
    »Du Dummkopf«, murmelte er atemlos. »Du kannst doch jetzt vorwärts kriechen.«
    Er schob sich ein Stück zurück, bis seine Füße in den entgegengesetzten Schacht reichten, und kroch dann vorwärtsweiter, ertastete seinen Weg mit Händen und Fingern statt mit Füßen, die in Schuhen steckten. Vor sich konnte er zwar nach wie vor nichts erkennen, doch mit dieser Veränderung fühlte es sich deutlich besser an.
    Ich sollte Lee und die anderen zu einem Wettkriechen durch die Lüftungsschächte herausfordern, sobald wir wieder in der Schule sind
, dachte er.
Ich würde mit Sicherheit alle schlagen.
    Er genoss es fast, durch die Dunkelheit zu robben.
    Zum Held werden, indem man sich versteckt
, dachte er.
Damit kann ich umgehen. Ich sollte mein Motto ändern. Wie hieße es dann auf Lateinisch – ich glaube,
virtus
für »Heldentum« und
latente
für »verstecken«.
    In diesem Augenblick sah er das Licht.
    Zuerst war es nur ein grauer Schatten in der Ferne, eine geringfügige

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