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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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im Satz.
    »Mutter?«, fragte Luke.
    Sie antwortete mit einem Schnarchen. Sie war im Sitzen eingeschlafen.
    Luke betrachtete sie. Er sah die Falten der Erschöpfung, die vorher nicht da gewesen waren, und bemerkte, dass sie nun schon genauso viele graue Haare hatte wie braune.
    »Mutter?«, sagte er wieder und schüttelte sie sanft am Arm.
    Sie schreckte auf. »... aber ich hab das Hühnchen trotz... Oh. Tut mir leid, Luke. Ich wollte dich doch noch zudecken, nicht wahr?«
    Sie schüttelte sein Kissen auf und strich die Decke glatt.
    Luke setzte sich auf. »Ist schon gut, Mutter. Ich bin sowieso zu alt dafür.« Er schluckte schwer. »Ich wette, Matthew oder Mark hast du auch nicht mehr ins Bett gebracht, als sie zwölf waren.«
    »Nein«, antwortete sie leise.
    »Dann brauche ich es auch nicht mehr.«
    »Okay«, erwiderte sie.
    Sie küsste ihn trotzdem auf die Stirn und machte dann das Licht aus. Luke drehte sich mit dem Gesicht zur Wand, bis sie gegangen war.
    – 18 –
    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Kapitel 8
    An einem kühlen, verregneten Morgen wenige Wochen später verließ Lukes Familie so fluchtartig das Haus, dass sie kaum Zeit hatte, sich zu verabschieden. Nach dem Frühstück schössen alle zur Tür hinaus, Matthew und Mark meckerten über ihre eingepackten Pausenbrote, Vater rief über die Schulter: »Ich fahre hoch nach Chytlesville zu der Auktion. Bin erst zum Abendessen wieder da.« Mutter kam noch einmal zurück und gab Luke eine Tüte Kräcker, drei Birnen und ein paar Pfannkuchen vom Vorabend. »Damit du keinen Hunger kriegst«, murmelte sie und gab ihm einen flüchtigen KUSS auf den Kopf. Dann war auch sie verschwunden.
    Luke spähte durch den Türspalt, betrachtete das Durcheinander aus schmutzigen Pfannen und krümelbedeckten Tellern, die in der Küche zurückgeblieben waren. Er wusste, dass er nicht zum Fenster hinübersehen durfte, aber er tat es trotzdem. Sein Herz machte einen seltsamen Hüpfer, als er sah, dass das Fenster zugezogen war. Jemand musste gestern Abend das Rouleau heruntergelassen haben, damit es in der Küche wärmer wurde, und hatte am Morgen vergessen es wieder hochzuziehen. Luke wagte sich noch ein Stück vor - ja, auch das andere Fenster war verdeckt. Zum ersten Mal seit sechs Monaten konnte er die Küche betreten ohne Angst davor haben zu müssen, dass er gesehen würde. Er konnte auf dem großen Linoleumfußboden herumrennen, springen, hüpfen - ja sogar tanzen. Er konnte die Küche aufräumen und Mutter überraschen. Er konnte alles tun.
    Er streckte den rechten Fuß aus, vorsichtig, traute sich nicht recht ihn ganz zu belasten. Der Boden knarrte.
    Luke erstarrte. Nichts geschah, aber er zog sich trotzdem zurück. Er ging die Treppe hinauf, schlich durch den Flur im ersten Stock, um die Fenster zu umgehen, und kletterte dann die Treppe zum Dachboden hinauf. Er fand sich selbst so widerlich, dass er einen schlechten Geschmack im Mund verspürte.
    Ich bin ein Feigling, eine Memme. Ich habe es verdient, für alle Zeiten auf dem Dachboden eingesperrt zu werden, schoss es ihm durch den Kopf. Nein, nein, verteidigte er sich selbst, ich bin vorsichtig. Ich mache einen Plan.
    Er kletterte auf den Hocker oben auf der Truhe, von dem aus er aus der hinteren Ventilatoröffnung hinaussehen konnte. Die Häuser hinter ihrem Haus waren nun alle bezogen. Er kannte sämtliche Familien und hatte sich für die meisten einen Namen ausgedacht. Bei der Auto-Familie standen vier teure Automobile in der Auffahrt. In der Gold-Familie hatten alle sonnengelbe Haare. Die Spatzenhirn-Familie hatte entlang des Gartenzauns dreißig Vogelhäuschen aufgereiht, obwohl das vor dem Frühjahr völlig zwecklos war, wie Luke ihnen gern erklärt hätte. Das Haus, das er am besten sehen konnte, unmittelbar hinter ihrem eigenen Garten, gehörte der Sport-Familie. Zwei halbwüchsige Jungen wohnten dort und auf der Terrasse stapelten sich Fußbälle, Baseball- und Tennisschläger, Basketbälle, Hockeyschläger und andere Sportgeräte, deren Verwendung Luke nur ahnen konnte.
    Heute interessierte er sich nicht für Sportarten. Er wollte die Familien abfahren sehen.
    Er hatte schon früher bemerkt, dass gegen neun Uhr morgens sämtliche Häuser verlassen waren. Die Kinder waren fort in der Schule und die Erwachsenen bei der Arbeit. Drei oder vier Frauen schienen nicht zu arbeiten, aber auch sie fuhren morgens fort und kamen erst spät Nachmittags mit Einkaufstaschen zurück. Er musste heute nur darauf

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