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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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einmal, zweimal, dreimal, seine Krallen rissen glühende Wunden, aber Baturix ließ die Dolchhand nicht los. Wie an einen Rettungsring klammerte er sich daran, während der Schatten sein Gesicht bearbeitete. Er konnte nichts mehr sehen, als Blut in seine Augen lief, und er kniff sie zusammen, um wenigstens sein Augenlicht vor den Klauen zu retten.
    Dann schoss ein grässlicher Schmerz durch seine Hand, als der Schatten in seine Finger biss. Baturix brüllte auf. Das dünne Handgelenkentwich seinem Griff, er fuchtelte blind mit der Linken vor seinem Gesicht, um sich zu verteidigen, und erwartete den Todesstoß.
    Er kam nicht. Stattdessen gab der Schatten plötzlich ein Geräusch von sich wie knarrendes Holz, gleichzeitig hörte Baturix das typische Surren einer Armbrustsehne nach dem Schuss.
    Das Gewicht des Schattens verschwand abrupt, die Schritte mehrerer Füße um ihn herum. »Auf die Flanke!«, rief jemand. Dann erklangen Schwerter.
    Baturix wischte sich mit dem Ärmel das Blut aus den Augen, versuchte, sich aufzurichten. Er sah den Schatten, dem ein Bolzen aus der Schulter ragte, sein eigenes Schwert in der Hand. Der Skote, Murdoch MacRoberts, trat ihm mit Salerix’ Druidenschwert entgegen. Zwei weitere Helvetier fächerten um den Schatten.
    Dieser bewegte sich nicht mehr annähernd so schnell wie noch vorhin. Der MacRoberts stach eine Finte, die ihn nach hinten trieb. Dem Schatten gelang es, den Hieb des einen Helvetiers abzuwehren, doch dann fällte ihn der mächtige Hieb des zweiten. Gemeinsam stachen sie auf den Schatten ein, zweimal, dreimal, doch tot war er erst, nachdem Murdoch ihm mit zweihändig geführtem Druidenschwert den Kopf von den Schultern getrennt hatte.
    Erschöpft kippte der Schotte hintenüber, sank schwer atmend in den Schnee. Die Waffe glitt ihm aus der Hand. Baturix sah sich um und erkannte, dass der Kampf zu Ende war. Der Helvetier, der den Schatten verletzt hatte, hob das Druidenschwert auf und begann damit, die auf dem Boden liegenden und teilweise noch stöhnenden Fomorer abzustechen.
    Man kann nie ganz sicher sein, dass sie tot sind, solange man sie nicht mit einer
Druidenwaffe
getötet hat!
Cintorix musste ihm das beigebracht haben, dachte Baturix und atmete auf. Erst dann fiel ihm ein, nach seiner Hand zu sehen.

VERONIKA
     
    Gnjilane, Kosovo
    Mittwoch, 25. November 1998
    Die Außenwelt
     
     
    Es war eine klirrend kalte Neumondnacht, die Temperatur lag bereits unter dem Gefrierpunkt. Ein paar vereinzelte Schneeflocken fielen lautlos vom Himmel. Es war eine dieser Nächte, an denen man nicht einmal die sprichwörtlichen Hunde vor die Tür jagte.
    Aber wir sind natürlich keine Hunde,
höhnte Veronikas innere Stimme.
Wir sind Fallschirmjäger. Und Fallschirmjäger kann man bei
jedem
Wetter nach draußen schicken …
    Veronika fror erbärmlich auf dem Beifahrersitz des Wolfs. Der Gefreite Kreis, den sie vorerst zu ihrem Chauffeur gemacht hatte, hatte zu Beginn der Fahrt eine wahre Schimpfkanonade über die defekte Heizung losgelassen und schwieg seitdem verbittert. Nur dem Dolmetscher schien die Kälte nichts auszumachen: Milanković lag, eingehüllt in eine Decke aus Schafsfell, auf der Rückbank und schnarchte laut.
    Der Soldat am Maschinengewehr des Dingos vor ihnen hatte den Kragen der Uniformjacke hochgeschlagen. Sein Atem war als regelmäßige weiße Dampfwolke zu sehen. Er fror wahrscheinlich noch mehr als Veronika.
    Die Patrouille bewegte sich im Westen Gnjilanes, in dem die meisten Dörfer von Kosovo-Albanern bewohnt waren. Veronika dachte schon seit der Abfahrt daran, dass auch Fatima hier irgendwo leben musste, und schämte sich dafür, nicht nachgefragt zu haben, in
welchem
der Dörfer sie wohnte …
    Sie hatten sich seit ihrer ersten Begegnung noch mehrere Male getroffen. Veronika war wirklich froh darüber, sie kennengelerntzu haben. Ihre Situationen waren, wie Fatima anfangs schon festgestellt hatte, tatsächlich sehr ähnlich. Veronika hatte die Vermutung, dass die Gespräche der konvertierten Muslimin ebenso guttaten wie ihr selbst.
    Sie erreichten das nächste Dorf. Um diese Tageszeit war kaum ein Unterschied zu dem vorigen zu bemerken oder dem davor. Nachts, wenn keine Leute zu sehen waren, konnte sie noch nicht einmal sagen, ob hier Albaner oder Serben lebten. Niedrige Hütten säumten die Straßen, die meisten mit einem hölzernen Anbau für Schafe oder Ziegen. Es gab nur ein paar größere Gebäude: die Wohnhäuser der wenigen Grundbesitzer; eine große

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